Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falsch

Falsch

Titel: Falsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
Vom Netzwerk:
»Ich verstehe.«
    »Gar nichts verstehen Sie!« Der Major schloss erschöpft die Augen. Seine Wunde am Oberarm begann zu pochen. Die Spritze, die ihm der Ambulanzarzt verpasst hatte, verlor nach und nach ihre Wirkung. »Und ich muss gestehen, ich auch immer weniger. Hier stimmt etwas ganz und gar nicht.«
    »Sprechen Sie weiter, Major«, ermunterte ihn sein Gesprächspartner. »Was stimmt nicht? Ich möchte Sie aber erinnern, dass dies keine sichere Leitung ist.«
    »Ich bin kein Anfänger, Sir, dazu bin ich zu alt«, bellte Llewellyn zurück. »Und außerdem – scheiß auf die sichere Leitung! Dieser verdammte Auftrag begann unter ganz anderen Vorzeichen. Ich darf Sie daran erinnern, dass gewisse Regierungsstellen jeden Einzelnen von uns aus der Reserve geholt haben. Oder aus dem Ruhestand, wie immer Sie das bezeichnen wollen. Warum, darüber hat man sich elegant ausgeschwiegen, niemand hat mit uns wirklich gesprochen, obwohl viel gesagt wurde. Auf die richtigen Fragen unsererseits kamen immer die falschen Antworten. Wir sollten drei Tauben daran hindern aufzufliegen und diesen Hoffmann rausbringen. Klang leicht, war schwer. Aber man hat vor allem darauf vertraut, dass wir, wie in den alten Tagen, einfach gehorchten.«
    Llewellyn machte eine Pause. »Aber vielleicht haben ja Sie nun die richtige Antwort. Warum wir?«
    Sein Gesprächspartner räusperte sich erneut. »Ich bin leider nicht befugt, darüber Auskunft zu geben.«
    »Und genau das kann ich mir nicht vorstellen. Wenn nicht Sie, wer dann? Und das mit der Befugnis, habe ich das nicht schon irgendwo gehört?«, fragte der Major spöttisch. »Wer ist dieser Schmidt, und wie heißt er wirklich?«
    »Er ist der Sprecher eines Konsortiums, und was seinen wahren Namen betrifft …«
    »Siehe oben«, unterbrach ihn Llewellyn zynisch. »Warum macht unsere Regierung gemeinsame Sache mit dieser Bande? Der arrogante, sonnenbebrillte Arsch im Anzug …«
    »Major! Dies sind Verbündete Englands aus einem mitteleuropäischen Land!« Der Verweis und der strafende Unterton waren nicht zu überhören.
    »Armes England«, gab Llewellyn unbeeindruckt zurück. »Mit dicken Schnellbooten protzen und unverhohlene Drohungen ausstoßen, das ist keine Kunst. Ich habe drei meiner besten Männer verloren, zwei sind verwundet und für Wochen außer Gefecht, und einer ringt mit dem Tod. Das sind die Tatsachen, und ich werde sie den Familien mitteilen müssen. Was soll ich auf Nachfragen sagen? Bisher habe ich dafür keine Erklärung, außer einem dubiosen Auftrag meiner Regierung, verschlungenen Ausreden und einer alten Fotografie.«
    »Fotografie? Was für eine Fotografie?«, fragte sein Gesprächspartner bass erstaunt.
    »Habe ich vergessen, das zu erwähnen? Ein altes Schwarzweißporträt aus der armseligen Hütte dieses Hoffmann«, gab der Major zurück, faltete das Bild auf und strich es mit einer Hand glatt. »Junger Mann, keine dreißig, Waffen- SS , Leibstandarte Adolf Hitler. Mehrere Einschüsse in dem Papier, so, als wäre auf das Foto geschossen worden. Ausgeblichen, jede Menge Stockflecken, daher sicher ein Original. Im Übrigen der einzige Schmuck in der primitiven Behausung im Dschungel. Eine kaum noch leserliche Widmung rechts unten in Deutsch: ›Meinem geliebten Vater, zur stolzen Erinnerung.‹ Dann eine hingekritzelte Unterschrift, die so ziemlich alles heißen kann.«
    »Warum haben Sie uns nicht bereits früher von diesem Foto berichtet?« Der Mann am anderen Ende der Leitung klang alarmiert.
    »Vor Beginn unseres Gesprächs habe ich das Bild eingescannt und per E-Mail an Ihr Büro geschickt«, erwiderte Llewellyn ungerührt. »Dieser Herr Schmidt konnte mir keine Antwort geben, als ich ihn fragte, wer der Mann sei und ob er ihn bereits irgendwann gesehen habe.«
    »Schmidt hat das Bild gesehen?«, fragte sein Gesprächspartner nach. Er schien darüber keineswegs erfreut zu sein. Vielleicht war es mit der Partnerschaft doch nicht so weit her, dachte Llewellyn befriedigt.
    »Warten Sie einen Moment, ich lasse in meinem elektronischen Postkasten nachsehen.« Es dauerte keine dreißig Sekunden, und die Stimme war wieder da. »Major, händigen Sie das Original des Bildes unverzüglich dem Honorarkonsul aus. Keine Kopie, kein Scan, keine Skizze. Das Foto wird mit der nächsten Diplomatenpost nach London geschickt. Sie haben dieses Gesicht niemals gesehen.«
    »So, so, habe ich nicht?« Der Major ließ seine Worte einwirken. »Ich glaube kaum, dass ich mich noch daran

Weitere Kostenlose Bücher