Falsche Froesche
Sie und präsentiert voll Stolz sein Tagwerk. Die Bilder sorgsam gestaffelt, Möbel in der Raummitte, die Vorhänge verpackt. Sockelleisten, Steckdosen und Lichtschalterrahmen sind abmontiert. Daher der Stromschlag, danke. Zehn Stunden hat er durchgearbeitet, sämtliche Dübellöcher verspachtelt und den Boden, bitte sehen Sie sich um, mit Plastikplanen komplett abgedeckt, morgen früh kann’s losgehen.
Angesichts der professionellen Vorbereitung beruhigen Sie sich. Ihr Feind, der vermeintliche Staubsauger, wird Ihnen als Langhalsschleifer vorgestellt. Ein tolles Gerät, um Decken und Wände vor dem Streichen zu ebnen, danach ist alles glatt wie ein Kinderpopo, die Farbe hält ewig. Normalerweise eine fürchterliche Drecksarbeit, aber, hoho, der an den elektrischen Schleifer angeschlossene Sauger frisst den Staub in der Sekunde, da er entsteht. Direkt von der Wand. Hundert Prozent.
Sonntagabend, Schliff und Grundierung sind vollbracht, wird der Anstrich auf nächstes Wochenende vertagt. DasMauerwerk erwies sich als unerwartet durstig, weshalb eine Doppelgrundierung erfolgte und die Trocknungsphase länger ausfällt. Sie nutzen die Woche, um Unerledigtes aufzuarbeiten und Überstunden anzuhäufen. Im Büro fühlen Sie sich wohler als in Ihrem Plastikplanendschungel.
Sieben Tage später hat der Spuk ein Ende. Malfarben, Pinsel und Spachteln werden eingesammelt, Abdeckfolien entsorgt, die Vorhänge drapiert. Hut ab und Halleluja. Verzückt bestaunen Sie das prächtige Ergebnis. Schon beginnt die Erinnerung an das bisschen Dreck und Chaos und Stromschlag zu verblassen. Als Sie nach Abgesang der fälligen Lobeshymne anregen, Bilder aufzuhängen und die Möbel an ihre Plätze zu schieben, orten Sie leichten Widerstand. Was soll das? Verlässt ihn in der Zielgeraden der Elan? Im Gegenteil, er schneidet das Thema Parkettboden an.
Das ramponierte Holz steht in brutalem Kontrast zu den frischen Wänden. So störend die Mängel, schauen Sie sich diese Kratzer, Kerben, die Stumpfheit an, schon vor dem Streichen waren, jetzt wirkt der Boden schäbig. Er schreit nach Schleifen und Versiegeln. Die Räume kann man sich, Variante eins, in Etappen vorknöpfen. Das Schlafzimmer leer räumen, dann, sobald der Lack ausgehärtet ist, Bett, Nachttisch, Kommode sowie die Möbel aus dem angrenzenden Wohnzimmer hinüberschieben. Und so weiter. Eine langwierige Methode, weshalb er für Variante zwei plädiert. Stühle, Bilder, Pflanzentöpfe, alles Kleine plus das zerlegte Bett finden in Küche, Bad und Garderobe Platz, Sperriges wie Esstisch oder Schränke können ins Treppenhaus ausgelagert werden. So, in einem Guss, ginge die Arbeit flott vonstatten. Falls Sie keinProblem damit haben, vier, maximal fünf Nächte auf einer Matratze in der Küche zu schlafen.
Während er Nägel in die Wände schlägt, überlegen Sie fieberhaft, ob man anschließend Bilder aufhängen und Möbel rückführen oder Meisters Projekt durchziehen soll. Was wiegt tipptopp glänzend restauriertes Sternenparkett gegen ein paar ungemütliche Nächte. Die Nachbarn, mit denen Sie dank feuchtfröhlicher Grillpartys im Gemeinschaftsgarten befreundet sind, werden das kurzfristige Treppenhauschaos tolerieren. Und ein bisschen Schmutz ist, wie Sie wissen, schnell vergessen.
Beflügelt von Ihrem Okay, nimmt er die knifflige Montage der Küchen-Bilderhaken in Angriff. Gegen die harte Mauer über der Sitzecke, wo Sie gerahmte Fotos arrangieren wollen, haben Nägel keine Chance. Hier hilft nur bohren und dübeln. Bei Loch Nummer drei schießt ein Funke aus der Wand, gefolgt von Brutzeln, die Lichter erlöschen und es verstummt die Bohrmaschine. Bestürzt analysiert der Fachmann, er habe wohl eine Stromleitung erwischt. Während er seinen elektrotechnisch versierten Freund anruft, checken Sie die Kühl-Gefrier-Kombi. Tote Hose. Morgen Abend, teilt er triumphierend mit, werde sein Elektrokumpel den Schaden beheben. Toll, bis dahin schwimmt Ihnen der Tiefkühlspinat entgegen. Sie rufen den Gebrechen-Notdienst. Nach drei Stunden und einem Minus von 270 Euro ist das Stromkabel repariert.
Wie niedlich erscheint die Panne angesichts des ersten Parkettbodenschliffs, dem, so haben Sie entsetzt vernommen, vier weitere folgen werden. Er opfert eine Woche Urlaub. Na und. Sie opfern Ihre Gesundheit. Statt allabendlich, so war’s versprochen, die garantiert saubere Wohnungvorzufinden, schlägt Ihnen staubiger Nebel entgegen. Mittendrin, angetan mit Taucherbrille, Gehörschutz und
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