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Falsche Nähe

Falsche Nähe

Titel: Falsche Nähe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Kui
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Stützstrümpfe i hrer Großmutter, liegt das Gegenargument auf der Ha nd, zu billig, um es auszusprechen: Wenn Arne wirklich so beständig ist, warum lebt er dann in Scheidung? Würde seine Exfrau dasselbe über ihn sagen? Oder Moritz? Noa weiß nicht recht, wie sie zu ihrer konservativen Einstellung gekommen ist, sie ist nicht mal sicher, ob ihre Gedanken wirklich ihre Ansichten widerspiegeln oder ob ihr nur jedes Mittel recht ist, Audreys Freund in Misskredit zu bringen. Aber eines steht fest: Bei all ihren eigenen Begehrlichkeiten, ihrer Eifersucht, der Angst, Audrey könne sich auf lange Sicht von ihr abwenden – ihre Motive, Arne zu misstrauen, sind nicht ausschließlich selbstsüchtiger Natur. Hätte sie sich jemand anderen ausgesucht, einen richtig tollen Typen, wäre vielleicht alles anders gekommen. Egoistisch und verwöhnt, wie sie zugeg ebenermaßen ist, hätte Noa ihrer Schwester von Herzen etwas Besseres gewünscht als eine Stützstrumpf-Liebe.
    Obgleich es im Haus einen Fahrstuhl gibt und er kaum ein Dutzend Umzugskartons zu schleppen hat – die meisten seiner Sachen bleiben in der Eppendorfer Eigentumswohnung, die möbliert untervermietet werden soll –, ist Arne völlig außer Atem, und sein dunkelblaues Hemd klebt schweißnass an seinem Rücken.
    »Was hast du denn da bloß drin?«, fragt Noa spöttisch. »Zement?«
    »CDs, Schallplatten. Aber hauptsächlich Bücher. Gute Bücher.«
    »Und die müssen unbedingt bei uns rumstehen und einstauben?«
    »Das wäre wunderbar.«
    Da sowohl der Bücherschrank im Wohnzimmer als auch das Palisanderregal in Audreys Arbeitszimmer ausgelastet sind, kommt es, wie es kommen musste: Audrey geht ihren eigenen Fundus durch und sortiert großzügig aus, damit Arnes auf edel getrimmte Werkausgaben von Marcel Proust, Goethe und Immanuel Kant zu Ehren kommen können. Er besitzt neben diversen Romanen auch etliche wertvolle Bildbände, großformatige Landschaftsaufnahmen, Schwarz-Weiß-Fotos von architektonisch bedeutsamen Gebäuden oder Alltagsszenen aus Metropolen wie Paris und Lissabon, lauter schöne Menschen, so unbefangen, als hätten sie keinen Schimmer, dass sie fotografiert werden. Ein Buch über die Seefahrt von der Antike bis zur Gegenwart, ebenfalls reich bebildert, weckt Noas Interesse, aber bei jedem idiotischen, amerikanischen Thriller, der im Karton landet, dazu verdammt, zunächst im Keller und später vermutlich im Altpapier zu enden, hat sie das Gefühl, einen untragbaren Verlust zu erleiden. Audreys Ergebenheit. Arnes freundliche Dominanz.
    Auch Pancake, wie die meisten Tiere kein Freund von Neuerungen, beäugt die Aktion mit unverhohlenem Unmut. Gestern hat Audrey bereits ihren Schrank ausgemistet. Zufällig erhielt Noa unterdessen Besuch von Miriam, die etliche Klamotten abstaubte und daraufhin – klarer Fall von Bestechung – beim Abschied erklärte, Arnes Einzug würde ihnen allen ganz sicher gut tun.
    Vor dem Schlafengehen nahm Audrey Noa in die Arme und versprach ihr, dass für sie alles beim Alten bleiben würde. Sie meinte es gut, aber wie soll das funktionieren? Rein gar nicht, wie sich schon jetzt zeigt.
    »Trägst du bitte den Sessel da rüber ins Wohnzimmer?«, fragt Audrey und hakt sich bei Arne unter, während sie auf das hässliche Chesterfield-Monstrum aus dunkelbraunem Leder deutet.
    Noa ist konsterniert. »Wieso soll der rüber?«
    »Weil hier ein Schlafsofa rein soll und beides auf keinen Fall passt.«
    »Falls ihr zwei mal Zoff habt und getrennte Betten braucht, oder wie?«
    »Nein, für Moritz«, sagt Arne. »Als ich damals aus unserem Haus auszog, habe ich meinem Sohn in der neuen Wohnung ein eigenes Zimmer versprochen. Das kann ich ihm hier leider nicht bieten, aber er soll wenigstens nicht auf einer Luftmatratze zwischen Tür und Angel nächtigen müssen.«
    »Wieso pennt er überhaupt hier? Er hat doch schon ein Zuhause.«
    »Ja, aber jedes zweite Wochenende verbringt er bei mir. Meine Frau und ich hatten bei unserer Trennung eine feste Besuchsregelung vereinbart. Jetzt, wo er achtzehn ist, kann er ja im Prinzip kommen und gehen, wann er will, aber es hat sich eben so eingebürgert.«
    »Das heißt, wir hausen hier künftig nicht nur zu dritt, sondern zu viert? Na, super. War ja auch zu schön, um wahr zu sein, so viel Platz für uns beide ganz allein. Wir wollten doch das Wohnzimmer auf keinen Fall zurümpeln, schon vergessen, Audrey? Weißt du noch, wie froh wir über die riesige Fläche waren? Wie ein Ballettsaal haben

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