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Falsche Nähe

Falsche Nähe

Titel: Falsche Nähe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Kui
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nur gerecht, sagt sie sich. Sie hat nicht um diesen Ausflug gebeten und irgendwie ist sie auf eine besonders unangenehme Art aufgeregt.
    Doch das ändert sich schnell. Beim Wildpark angekommen, weckt schon der Parkplatz, die Reihen markiert mit bunten Tierbildern, wehmütige Erinnerungen, und sie wird kleinlaut. Genau wie früher halten sie in dem Abschnitt mit Luchsmotiv. Ihrer beider Lieblingsraubkatze. Noa stellt insgeheim fest, wie sehr sie sich auf das Wiedersehen mit den eleganten Tieren freut, und sie nimmt sich vor, albern oder nicht, beste Grüße von Pancake auszurichten. Als sie aussteigen, ist es trocken, und man kann mit viel gutem Willen hinter dichten Wolken die Anwesenheit der Sonne erahnen.
    Vor dem Eingang werden sie bereits erwartet. An einem schmalen Bachlauf laden Bänke zum Verweilen ein, auf einer davon sitzt Arne, in eine zeltartige Barbourjacke gehüllt, neben ihm kauert ein schlaksiger Junge mit undurchdringlicher Miene, der damit beschäftigt ist, etwas in sein Handy zu tippen. Dicke, hellrote Locken. Cargo-Hosen. Noa stutzt. Irgendwo hat sie den Kerl schon mal gesehen.
    Als Arne seinen Spruch aufsagt, fällt der Groschen: Der Skater von neulich, dessen Board fast einen Abflug ins Wasser gemacht hätte. Der die Unverschämtheit besaß, sie dafür verantwortlich zu machen.
    »Auch hier?«, fragt er.
    »Knie wieder heil?«, entgegnet Noa, und als er nicht antwortet, fügt sie spöttisch hinzu: »Du kommst also aus Harburg .«
    Wie sich zeigt, ist er im Großen und Ganzen in Ordnung, jedenfalls benimmt er sich nicht mehr so machomäßig wie bei ihrer Zufallsbegegnung. Anstatt ihr direkt ins Gesicht zu sehen, versteckt er sich meistens hinter seinen Haaren. Er sagt, er komme öfter zum Skaten in die Hafencity. Dort zu wohnen sei cool. Audrey sei cool. Noa, die sich über die Komplimente freut, behält ihre Meinung über Harburg und Arne für sich.
    Sie drehen eine große Runde. Die Luchse haben gerade gefressen und dösen mit schweren Lidern ein, während bei den Wölfen im Gehege Kämpfe um die Rudelführung ausgefochten werden. Vom Aussichtsturm aus kann man erkennen, dass über dem Alten Land tatsächlich die Sonne scheint. Die bewaldete Hügellandschaft der Harburger Berge bleibt jedoch unter Wolken gefangen, was der insgesamt heiteren Stimmung allerdings keinen Abbruch tut.
    Audrey und Arne halten die ganze Zeit Händchen. Noa und Moritz teilen sich am Aussichtsturm eine Bratwurst und vergleichen die Inhalte ihrer Mediatheken auf den Handys. Es gibt einige Übereinstimmungen, manche seiner Alben kennt sie gar nicht. Beim Reinhören klingt das meiste nicht schlecht. Was Spiele angeht, kommen sie hingegen nicht zusammen. Lediglich das noch unveröffentlichte Geschicklichkeitsspiel, das Tom ihr spendiert hat, findet Gnade vor Moritz’ Augen.
    »Und, wie findest du Arnes Sohn«, will Audrey wissen, sobald sie wieder im Auto sitzen. Sie wirkt durch und durch zufrieden, fast stolz, als hätte sie Moritz eigenhändig als Spielkameraden für sie ausgesucht.
    »Ganz nett.«
    »Ganz nett? Ihr habt euch doch super verstanden.«
    »Er ist ganz nett«, beharrt Noa. »Nett im Sinne von ausbaufähig.«
    »Ausbaufähig klingt schon besser. Denn ihr werdet euch in nächster Zeit sicherlich oft bei uns zu Hause über den Weg laufen.«
    »Wieso, weil er Skater ist?«
    Audrey schüttelt langsam den Kopf. »Nein«, sagt sie heiser. »Arne und ich haben beschlossen zusammenzuziehen.«
    Du kennst mich nicht. Ich bin einer von denen, die von Anfang an niemandem auffallen. Den Nachbarn nicht, den Lehrern nicht, nicht mal den eigenen Eltern. Ich glaube, ich habe sogar eine ganze Weile gebraucht, bis ich mich selbst bemerkt habe. Begriffen, wie ich ticke: Mit welcher Freude ich andere beobachte, all jene, die mich nicht sehen. Dass ich diesen Hass in mir trage, grenzenlos und kalt, der sich wahllos gegen alles und jeden richten kann, bis auf diesen einen Menschen, für den ich bestimmt bin, den ich mehr liebe als mich selbst. Liebe ist ein Geschenk. Man muss sie beschützen, ihr Opfer bringen, damit sie wachsen kann.
    Deshalb habe ich mir dieses Schwert besorgt, ein Katana. Es stammt zwar nicht aus der Waffenschmiede des Herrn Makoto Nakamura, aber die Klinge ist scharf und erfüllt ihren Zweck. Ich habe es probiert. Es tut mir leid, dass ich mich nicht hundertprozentig ans Protokoll habe halten können, aber fünfzehntausend Euro für ein Schwert sind leider nicht drin. Ich bin ja nicht die Bestsellerautorin. Die

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