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Falsche Opfer: Kriminalroman

Falsche Opfer: Kriminalroman

Titel: Falsche Opfer: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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stark haftendes Klebeband.
    Die Augen waren geschlossen.
    Hultin riss den Klebestreifen ab.
    ›Kulan‹ erwachte. Er starrte sie aus schreckgeweiteten Augen an. »Tötet mich nicht«, sagte er kaum hörbar.
    Hjelm sah ihm in die Augen. Der Blick war verändert. »Er steht unter Drogen«, sagte er.
    »Herrgott«, sagte Chavez.
    »Ludvig scheint das persönlich genommen zu haben«, sagte Hultin. »Okay. Hallo, Agne. Wir wollen dich nicht töten. Keine Bange. Sag uns nur, was du Johnsson gesagt hast. Dann retten wir Lindberg.«
    »Ihr hattet recht«, sagte ›Kulan‹ und starrte merkwürdig auf Hjelm und Chavez. »Ich war in der Schule ein Streber. Scheiß-Agne. Die ganze Schulzeit hindurch hieß ich Scheiß-Agne. Der Saftsack Scheiß-Agne. Ich heiß nicht Agne, ihr Drecksäcke.«
    »Was hast du Ludvig Johnsson gesagt?« sagte Hjelm. »Nun komm schon, ›Kulan‹!«
    »Ich hab ihm gesagt, dass nie Mädchen vorbeiparadiert sind und meinen haarlosen Pimmel angeguckt haben. Nie. Aber ich weiß, dass sie mich mit Handtüchern gefesselt haben und meinen Schwanz gepeitscht haben, bis er blau war. Guckt mal, wie blau er ist.«
    »Es war Ludvig Johnsson, der ihn blau gemacht hat, ›Kulan‹«, sagte Chavez. »Jetzt nennt dich keiner mehr Agne.«
    »Nein«, keuchte ›Kulan‹. »Nein. Ich heiße ›Kulan‹, die härteste Kugel, die euch treffen kann.«
    »›Kulan‹!« schrie Hjelm. »Komm zu dir. Wo ist Nicke?«
    »Valhallavägen 88 natürlich. Was glaubt ihr denn, ihr Arschlöcher?«
    Einfach so.
    Sie stürzten davon. Liefen durchs Präsidium.
    »Wie viel Uhr?« sagte Hultin.
    »Fünf nach«, sagte Chavez.
    »Die Nationale Einsatztruppe«, sagte Hjelm. »Wo sind sie?«
    »Im Stadion«, sagte Hultin und wählte eine Nummer. »Hallo? Einsatztruppe? Wir haben eine Adresse. Valhallavägen 88.
    Wahrscheinlich unterm Dach. Er darf auf gar keinen Fall den Auslöseknopf drücken. Alles andere ist unwesentlich.« »Wir fahren hin«, sagte Hjelm.
    Er saß auf dem Balkon. In seiner Hand ruhte der kreditkartengroße Minitaschenrechner mit seinem einen roten Knopf. Er streichelte mit dem Daumen die Kante. Alle Macht in einem Punkt gesammelt. So sollte es sein. Es war eine Vereinfachung. Der Mensch konnte nicht mit der Demokratie umgehen. Das Zeitalter der Demokratie war das blutigste in der Geschichte der Menschheit. Das sagte alles. Eine einfache und saubere Lebensführung. Mehr wollte er nicht. Und das verlangte ein paar Opfer.
    Er blickte hinab auf Stockholms Stadion. Perfekter Überblick. Sie verfügten wirklich über Mittel. Er war beeindruckt, und das geschah nicht so häufig. Nicht seit dem Februar sechsundachtzig.
    Die Eröffnungsfeier begann. Es war sonnig und schön, aber drüben hinter Gärdet hingen schwere Regenwolken. Bald würde das Wetter umschlagen.
    Das würde es tatsächlich.
    Zuerst Musik – sie kam ihm sonderbar verzerrt vor. Dann sollte der Einmarsch beginnen. Wahrscheinlich würde Schweden an der Spitze gehen. Die Fahne sollte implodieren. Es ging jetzt schon so lange so. Die Läuse zerfraßen die Fahne. Das Stolzeste, was es gab.
    Er spürte einen Stich an der Hand. Wie ein Krampf. Als er hinsah, klammerte sich eine Wespe an seinen Daumen. Er legte den Zündmechanismus auf den Tisch und knipste die Wespe mit dem Mittelfinger tot. Der Schmerz breitete sich in der Hand aus.
    Wie absurd, dachte er und hörte es klicken.
    Das Entsicherungsklicken.
    Er wandte den Blick in die Wohnung.
    In der Tür stand ein Mann im Jogginganzug und mit Glatze. Er richtete eine Pistole auf ihn. »Ich stehe hier seit einer Viertelstunde und warte darauf, dass du es weglegen würdest«, sagte Ludvig Johnsson.
    »Eine Wespe hat mich gestochen«, sagte Niklas Lindberg.
    »Die Polizei, gerettet von einer Wespe. Was für eine Ironie.«
    »Nicht wahr?«
    »Eine einzige Bewegung zu dem Ding, und ich schieße. Komm langsam her.«
    Niklas Lindberg saß vollkommen still. Seine Pistole steckte im Hosenbund. Er würde sie nicht erreichen. Aber den Auslöseknopf? Doch, es musste sein – ein Opfer. Postume Anerkennung.
    Er machte einen Versuch. Seine Hand zuckte vor.
    Ludvig Johnsson leerte das ganze Magazin in ihn. Die Hand kam bis zur Tischkante, aber nicht weiter. Sie glitt herab und erschlaffte.
    Johnsson stand still und atmete schwer.
    Hanna, Micke, Stefan – mein Geschenk an euch.
    Er trat auf den Balkon und nahm vorsichtig, vorsichtig die kleine schwarze Platte mit dem roten Knopf auf.
    Da flog die Tür auf. Die Nationale Einsatztruppe

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