Falsche Opfer: Kriminalroman
Johnsson stand nicht mehr still. Langsam begann er sich zu drehen. Schließlich rotierte er durchs Zimmer. Und das Zimmer begann zusammenzuklappen wie ein Buch.
Nyberg fiel vornüber auf den schlecht platzierten Plastiktisch. Er lag auf der Backe, und das Zimmer klappte weiter zusammen, immer weiter, bis nur noch ein kleines Quadrat in der großen Schwärze übrig war.
»Tut mir leid, Gunnar«, sagte Ludvig Johnssons Stimme von weit her. »Ich muss jetzt allein Ordnung schaffen. Es gibt keine andere Wahl.«
Dann sagte es plopp, und das kleine Quadrat war fort.
Agne ›Kulan‹ Kullberg sah zwar ein wenig erschöpft aus, doch sein Blick war glasklar. Noch einmal würde er sich nicht übertölpeln lassen. Er hatte ihre Tricks jetzt durchschaut. Er hatte nur eine einzige Strategie: die Schnauze halten. Nicht ein einziges Mal den Mund aufmachen.
Es war fast vierundzwanzig Stunden geglückt. Es war elf Uhr, und Paul Hjelm fühlte die Hoffnungslosigkeit steigen.
Es waren noch drei Stunden bis zur Eröffnung der World Police and Fire Games in Stockholms Stadion.
Es waren merkwürdige vierundzwanzig Stunden gewesen. Keiner hatte geschlafen. Söderstedt und Norlander hatten Petrovics Eltern ausfindig gemacht. Sie lebten in Deutschland, und über diese fanden sie einen Bruder, der mit dem Gesetz aneinandergeraten war. Sie beschafften einen falschen Ausweisungsbeschluss für den Bruder nach Serbien und zogen damit zu Petrovic nach Tumba. Lars Viksjö sah aus, als schlafe er seit einem halben Jahr in seinen Kleidern.
»Wir haben nachgewiesen, dass dein Bruder Serbe ist und nach Belgrad zurückgeschickt werden sollte«, sagte Hjelm.
Petrovic starrte sie an, sein Blick pendelte von Hjelm zu Chavez, von Chavez zu Hjelm.
Dann lachte er schallend. »Mein Bruder ist ein Dorftrottel«, sagte er.
Tj a, das war ein Reinfall. Und Petrovic sagte nichts mehr. Er war unerhört standhaft. Sie kehrten zum Untersuchungsgefängnis und dem noch standhafter schweigenden ›Kulan‹ zurück. Es kam ihnen allmählich gespenstisch vor.
Sara Svenhagen teilte aus Trollhättan mit, sie habe Lindbergs Eltern und seiner Exfrau drei frühere Adressen in Stockholm aus der Nase gezogen. Hultin und Norlander sprachen mit Menschen, die nichts begriffen und nie etwas von einem Niklas Lindberg gehört hatten und direkt unangenehm wurden. Obwohl weder Hultin noch Norlander sich in der Regel lange zierten, wenn es nötig wurde, handfestere Methoden anzuwenden, brachten die handfesteren Methoden sie nicht weit. Die unangenehmen Menschen wussten tatsächlich nichts.
Söderstedt kam auf eine neue, vage Möglichkeit, was Petrovic betraf. Er fand eine Internet-Seite einer internationalen faschistischen Organisation, die überraschend offiziell erschien. Wenn man nun damit drohte zu verbreiten, dass Petrovic bei der Polizei gesungen hatte? Hjelm und Chavez übermittelten Petrovic die Drohung. Er sah tatsächlich etwas betroffen aus. Aber es reichte nicht. Sie fuhren schweres Geschütz auf. Doch vergeblich. Er hielt dicht.
Zahllose Polizisten durchsuchten das Stadion und seine nähere Umgebung. Lindberg würde wohl nicht wagen, selbst im Stadion zu sein, wenn er die Bombe zündete. Dennoch musste er vermutlich so sitzen, dass er etwas sah. Also nahm man sich alle Häuser auf Östermalm vor, von denen aus man ins Stadion sehen konnte. Es gab nicht wenige davon, und das Klinkenputzen war in vollem Gange. Bisher hatte es ein paar Hinweise erbracht, aber keinen wirklich heißen Tipp. Die Leute schienen ihre Nachbarn nicht richtig zu mögen.
Die Nacht verging. Hjelm und Chavez erhöhten den Druck auf ›Kulan‹. Es war aussichtslos. Er würde nicht reden.
Sie diskutierten ernsthaft, illegalere Methoden einzusetzen. Eine Zeitlang war Folter im Gespräch. Es war zutiefst bedrückend. Sie merkten es erst hinterher. Als löse die Demokratie sich plötzlich in Luft auf. Als ob plötzlich die schwedische Fahne explodiere.
Schließlich war es elf Uhr. Sie saßen nur noch da und starrten sich an. Auf der einen Seite ›Kulan‹. Auf der anderen Hjelm und Chavez.
Patt.
»Es sind noch drei Stunden«, sagte Hjelm schleppend. »Wenn es in Stockholms Stadion zu einem Attentat kommt, wirst du nie mehr das Tageslicht sehen, es sei denn durch Gitter. Das wird eine lange Fortbildung.«
›Kulan‹ blinzelte sie an.
»Bist du wirklich bereit, dein ganzes Leben wegen dieses lächerlichen Attentats zu ruinieren?« sagte Chavez ebenso schleppend. »Ist es das wirklich wert,
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