Falsche Opfer: Kriminalroman
Art und Weise, den Kreis zu erweitern, ohne etwas zu riskieren. Alle, die eine bestimmte Site besucht haben – die wir noch nicht kennen – werden mit Kinderpornobildern in Form von E-Mails bombardiert.«
»Ohne ihre E-Mail-Adresse hinterlassen zu haben?«
»Meines Erachtens ja. Man hat offenbar eine Methode gefunden, E-Mail-Adressen schnell zu identifizieren. Eine Methode, die für uns von großem Nutzen wäre. Weil ein sehr großer Teil derer, die eine anonyme E-Mail-Adresse haben möchten, via hotmail geht, glaube ich, dass das der Schlüssel ist. Man identifiziert im Schnellverfahren die Nummer des Anrufers, checkt sie ab gegen die hotmail Besucher und findet eine Mail-Adresse. Wahrscheinlich geht es in ein paar Millisekunden. Ich bilde mir ein, dass es ein neues Ver fahren ist.«
»Das bedeutet jedenfalls, die Gefahr einer Warnung nicht besteht? Wenn wir Wireus freilassen oder ihn mit einem Anwalt sprechen lassen, wird er das Netzwerk nicht warnen?« »Nein, weil es kein Netzwerk gibt, zu dem er Kontakt auf- nehmen könnte. Natürlich kann man sich theoretisch vorstellen, dass er generelle Warnungen über die Kinderporno-Sites im Internet verschickt, doch das halte ich für unwahrscheinlich. Der bleibt in seinem Kleiderschrank. Aber ihn laufen zu lassen ist wohl nicht angebracht?« »Nein«, sagte Hellberg und lehnte sich zurück. »Nein, natürlich nicht. Das Kinderpornomaterial reicht. Und wir beschlagnahmen seinen Computer. Kannst du den mitnehmen zu dir nach Hause und daran arbeiten?«
»Ja. Wenn das denn nötig ist.«
»Ich muss darauf bestehen, dass es nötig ist, ja. Noch was?« » Wireus hatte ein Einmachglas mit unentwickelten Filmen. Und einen Film in der Kamera. Ist es okay, wenn ich die mit nach Hause nehme und sie entwickle? Kann ich mir im Lager eine Dunkelkammerausrüstung holen?«
»Kauf eine«, sagte Ragnar Hellberg. »Und gib mir die Quittung.«
»Keine Spuren?« sagte Sara Svenhagen und betrachtete ihren Chef.
»Keine Spuren«, nickte er.
23
S onntag Nachmittag. Zeit, das blutige Mittsommerfest zusammenzufassen. Ungewöhnlich viel Alkohol im Spiel. Ungewöhnlich viele Vergewaltigungen. Ungewöhnlich viele Körperverletzungen. Ungewöhnlich viel Mittsommer.
Aber das war nicht ihre Sache.
Paul Hjelm hoffte, dass das gestrige Treffen sich nicht wiederholen würde. Es war eine peinliche Angelegenheit. Zum einen war die halbe Gruppe abwesend, Söderstedt und Norlander in Kumla, Nyberg damit befasst, die Reste seiner laufenden Kinderpornofälle zusammenzukratzen. Zum andern war der Ablauf wenig heroisch. Hultin kam durch seine einst so mystische Seitentür herein, knallte ein paar Papiere auf den Tisch, setzte sich und blickte in die Runde. Keiner in dieser wenig imponierenden Versammlung – Hjelm, Holm, Chavez – wollte anfangen. Alle würden trotzdem das gleiche sagen: dass nichts passiert war. Nicht einmal Hultin wollte dies offen sagen. Also gingen sie einfach wieder auseinander, ein wenig verdutzt.
Heute sahen die Voraussetzungen etwas besser aus. Alle waren anwesend, und das Mundwerk schien sich ein wenig gelockert zu haben. Es wurde nämlich geplaudert in der Kampfleitzentrale, ein dumpfes Murmeln.
Jan-Olov Hultin betrachtete sie durch seine Eulenbrille und ließ das Geplauder verstummen, indem er sagte: »Ich muss ein Geständnis ablegen.«
Eine ungewöhnliche Eröffnung. Er fuhr fort: »Ich habe Rajko Nedic gewarnt.«
Sie sahen sich an.
Chavez rümpfte die Nase, im übrigen unterblieben die Aufschreie.
»Ich hielt es für das Beste, ihn an die Kandare zu nehmen. Außerdem wollte ich mich ganz einfach vorstellen. Ich habe ihn in seiner Villa in Danderyd aufgesucht. Er feierte nicht Mittsommer. Dagegen machte er sich in einem Garten zu schaffen, der aussah wie der Garten Eden.«
»Kein Wunder«, sagte Söderstedt, »Eden liegt in Schweden.«
»Schweden liegt jenseits von Eden«, sprang Hjelm ihm literarisch zur Seite.
»Was hat er denn gesagt?« fragte Chavez.
»Nichts eigentlich«, sagte Hultin. »Er hat sich über die Akelei als Beweis für die Existenz Gottes ausgelassen. Und alles abgestritten.«
»Welch Wunder«, nuschelte Nyberg.
»Dann, meine Damen und Herren«, sagte Hultin. »Zeit, die Erfolge des Wochenendes zu präsentieren. Jemand, der sich bemüßigt fühlt?«
»Ich habe über etwas nachgedacht«, sagte Chavez. »Äkesson sagte draußen auf dem Schlachtplatz in Sickla etwas, was diese Blutspuren bei dem Kofferabdruck angeht. Es zeigte sich, dass es
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