Falsche Opfer: Kriminalroman
Christer Gullbrandsen, Dan Andersson und – echt — Ricky Martin. Andererseits gehörte ja ein junger Aufsteiger wie der Gebrauchtwagenverkäufer Eskil Carlstedt zur Räuberbande. Es allzu fest mit dem Kumlabunker zu verknüpfen ist wohl ein Fehler. Ebenso fragt sich, wie zutreffend es ist, die Sache mit Nazis überhaupt zu verknüpfen. Nun gut. Wir haben mit mehreren der noch einsitzenden Mitglieder der Nazi-Clique gesprochen. Für die gilt Viggos lakonischer Kommentar uneingeschränkt: Alle halten die Schnauze. Unsere exjugoslawischen Freunde halten noch mehr die Schnauze. Keiner sagt etwas. Tun so, als könnten sie überhaupt kein Schwedisch. Dagegen lauschten sie sehr intensiv unserem Bericht über die Folterung von Lordan Vukotic. Und Göran Andersson hatte nichts mehr zu sagen. Dagegen erzählte er eine ganze Menge Interessantes über Fra Angelicos Spiel mit blauen Farbnuancen.«
»Weiter«, sagte Hultin.
»Ich habe mit Eskil Carlstedts Arbeitskollegen beim Fordhändler Kindwalls im Hammarbyhafen gesprochen«, sagte Kerstin Holm. »Außerdem mit seiner alten Mutter in Bromma. Dabei ergab sich das Bild eines Mannes mit ziemlich extremen Ansichten in Rassenfragen. Also die Nazi-Verbindung können wir in diesem Fall beibehalten. Auch Gewalttätigkeit ist mit im Bild. Die Kollegen erzählten von einer ziemlich erschreckenden Paintball-Runde, der Einleitung zu einem Betriebsfest, als zwei von ihnen im Schutz der Dunkelheit von Carlstedt verprügelt wurden. Er ist völlig ausgerastet. Ganz allgemein war er bei seinen Kollegen nicht besonders beliebt. Ein Eigenbrötler, sagten mehrere, unmöglich, an ihn ranzukommen. Dagegen war er ein besserer Autoverkäufer als alle anderen. Total souverän. Als Sven Joakim Bergwall Carlstedt dazu brachte, im Kvarnen sitzen zu bleiben, verließ er sich auf dessen Autoverkäuferschnauze. Und jetzt sind sie beide tot. Das ganze Vertrauen vergeblich. Außerdem haben wir versucht, die Zeugen aus dem Kvarnen noch einmal zu befragen, und zwar um eine genauere Beschreibung des angeblichen Polizisten zu bekommen, der mit der Gang 1 zusammensaß. Die Information über seine Existenz kam ja so spät, dass wir keine Möglichkeit hatten, vorher danach zu fragen. Die meisten Zeugen waren über Mittsommer aus der Stadt geflohen, und diejenigen, die dageblieben waren, hatten nichts Vernünftiges zu sagen. Wir haben also keinerlei Personenbeschreibung des ›Polizisten‹. Das gleiche gilt im großen und ganzen für Gang 2. Alle erinnern sich deutlich an Carlstedt, den breiten Mann mit dem rasierten Kopf und dem Schnauzbart. Als wir ihnen ein Foto von Bergwall zeigten, meinten einige, ihn zu kennen. Jemand redete von einem Mann mit einem lila Gesicht. Der Mann mit dem Ohrstöpsel war weder Carlstedt noch Bergwall. Man kann das so interpretieren, dass der Techniker der Gang noch bei guter Gesundheit ist.«
»Apropos Techniker, so haben unsere eigenen sich Eskil Carlstedts Festplatte vorgenommen«, übernahm Hjelm und schaute in ein weiteres kriminaltechnisches Protokoll. »Das Problem war, sie war leer. Also wirklich leer. Was bedeutet, dass sie neu war. Der Computer war nicht neu, aber die Festplatte war neu. Allem Anschein nach unseretwegen ausgetauscht. Was wieder ein bisschen stärker für eine gewisse Professionalität spricht. Noch in der Nacht, bevor Carlstedt kam und sich von uns vernehmen ließ, derselben Nacht, in der sie die Vernehmung vorbereiteten, dürfte die Festplatte ausgetauscht worden sein. Sie sahen voraus, dass wir zu Besuch kommen würden. Den ganzen Computer zu verschrotten war ihnen zu riskant. Irgend jemand findet immer einen verschrotteten Computer. Also tauschte man die Festplatte aus, um keine Spuren zu hinterlassen. Was heißt, dass es auf der Festplatte Spuren gab, mit gewisser Wahrscheinlichkeit rassistischen Charakters. Wir haben jetzt eine ausgetauschte Festplatte, eine ausgefeilte Abhörvorrichtung im Kvarnen und zwei äußerst subtile Bomben. Technologische Kompetenz dürfte vorhanden sein.«
»Kann man heutzutage noch Verbrechen begehen, ohne über technologische Kompetenz zu verfügen?« fragte der technologisch orientierte Chavez.
»Fleischmesser und Penisse sind immer noch populäre Verbrechenswerkzeuge«, sagte die weniger technologisch orientierte Kerstin Holm. »Besonders letztere haben viele Jahrtausende ausgezeichnet als Verbrechenswerkzeug funktioniert.«
Eine Weile war es still. Alle schienen an ihren Penis als potentielles Verbrechenswerkzeug zu
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