Falsche Opfer: Kriminalroman
denken. Kerstin Holm lachte sich ins Fäustchen.
»Das ist wohl auch eine Art Technik«, sagte Hultin schließlich.
»Was die beiden subtilen Bomben betrifft«, sagte Norlander und ließ seinen Blick einen Moment auf Kerstin Holms selbigen verweilen. »In einem von Svenhagens Protokollen habe ich endlich ein wenig Information darüber gefunden. Es handelt sich um eine hochexplosive und hochkonzentrierte Flüssigkeit, Typ Nitroglyzerin, aber effektiver und leichter zu handhaben. Sie wird ausschließlich durch Elektrizität gezündet, nicht durch Hitze, nicht durch Stöße, nur durch diesen kleinen Mikroauslöser, der einen kurzen, starken Stromstoß durch die Flüssigkeit schickt und sie zur Explosion bringt. Funktioniert ausgezeichnet mit Fernbedienung, wie wir gesehen haben. Es ist ein Sprengstoff, der in Schweden bisher nicht angewendet worden ist, aber es gibt gewisse Hinweise auf ähnliche Sprengstoffe in den USA. Sie haben bisher jedoch noch keinen Namen für das Zeug gefunden.«
»Möglicherweise können wir annehmen, dass Niklas Lindbergs Lager noch nicht geleert ist«, sagte Chavez. »Wollt ihr übrigens ein bisschen mehr über Lindberg hören? Ich widme ihm im Augenblick mein Leben. Habe in allen denkbaren Registern gesucht und eine ganze Reihe seiner früheren Freunde und Kollegen telefonisch interviewt und sogar eine Spritztour nach Trollhättan gemacht, um mit seinen Eltern und seiner geschiedenen Frau zu sprechen. Er war kurze Zeit dort verheiratet, als er noch in Trollhättan wohnte, obwohl er meistens bei Manövern und im UN-Dienst auf Zypern war.
Etwa zur gleichen Zeit, als die Ehe in die Brüche ging, verließ er die Armee und wurde Fremdenlegionär. Man kann das anscheinend immer noch werden. Seine Exfrau heißt immer noch Lindberg, was vielleicht den Schluss zulässt, dass es sich nicht um eine Scheidung im Hass handelte. So hat es sich auch nicht angehört. Sie hatte es satt, dass er ständig weg war, sie hatte Liebhaber, er Geliebte unter den Krankenschwestern auf Zypern. Allgemein beliebt bei Frauen. Aber fangen wir von vorn an: Niklas Lindberg wurde im Januar 1965 geboren und machte am naturwissenschaftlichen Zweig des Gymnasiums in Trollhättan 1983 sein Abitur mit sehr guten Noten, trat 1985 seinen Wehrdienst als Gebirgsjäger an, bekam Bestnoten, begann die Offiziersausbildung im Herbst 1986, war 1988 Kadett in Boden, war 1990 und 1992 als Offizier auf Zypern, stieg durch die Dienstgrade aufwärts und war bei seinem Absprung 1994 gerade Major bei den Gebirgsjägern in Arvidsjaur geworden. Major mit neunundzwanzig, ist das nicht ziemlich gut?«
»Doch«, sagte Hultin. »Das ist ziemlich gut.« »Ein paar Kumpels aus der Zeit am Gymnasium sprechen von einem immer zum Feiern aufgelegten jungen Burschen, bei dem alles glatt lief«, fuhr Chavez fort. »Oberwassertyp. Mit Goldkrone, kann man vielleicht sagen. Frauen en masse. Das mit den Gebirgsjägern verstanden seine Kumpels hauptsächlich so, dass er unbedingt auch bei der Musterung gut abschneiden wollte. Er musste immer gute Noten bekommen. Seine Kumpels haben das nicht ernst genommen. Er hatte überhaupt nichts Militärisches an sich. Er scheint seinen Militärdienst nicht mit der Absicht angetreten zu haben, eine Offiziersausbildung zu machen. Und seine Jugend scheint auf eine angenehme Weise kleinstädtisch-kleinbürgerlich gewesen zu sein. Die Eltern machen einen angenehmen Eindruck. Ein prima Paar, kann man wohl sagen. Studienrat und Arbeitstherapeutin. Keine rassistischen Tendenzen, und das spüre ich intuitiv, könnt ihr mir glauben. Sie erzählten von einem kleinen Blondschopf, der immer auf den Füßen landete, immer fröhlich war, sich immer der Schwächeren annahm. Die Kindheitsfotos lassen nichts anderes erkennen. Die Eltern waren wirklich maßlos traurig über seine Entwicklung zum Gewaltverbrecher. Eine tiefe und echte Trauer. Er wohnte noch eine Zeitlang in Trollhättan, nachdem er Offizier geworden war, heiratete eine Flamme aus seiner Kindheit und scheint so ein makelloses Bürschchen gewesen zu sein. Smart, hübsch, nett. Dann war da also eine Krise im Zusammenhang mit der Scheidung vor fünf Jahren. Im Frühjahr 1994. Ein kritischer Punkt. Ich habe mit zwei seiner Vorgesetzten in Arvidsjaur gesprochen, und keiner verstand, warum er aufgehört hat. Es gab keinerlei Klagen, von keiner Seite. Er sagte einfach Stopp und trat sofort in die Fremdenlegion ein. Zwei Wochen nach seinem Absprung. Es muss also gut vorbereitet
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