Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falsche Väter - Kriminalroman

Falsche Väter - Kriminalroman

Titel: Falsche Väter - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann-Josef Schüren
Vom Netzwerk:
selbst hier gewesen sein. Waren Sie heute Nacht zu
Hause?«
    »Ich war bei meiner Schwester«, sagte Frau Schelling. »Wenn mein
Mann nicht da ist, fühle ich mich hier nachts nicht besonders wohl. Mir wird
dann immer kalt.«
    »Wo wohnt Ihre Schwester?«
    »Um die Ecke. Sie sagt mir jedes Mal, ich solle mich von Thomas
trennen. Sie sagt das einfach so. Immer wieder. Dabei ist Thomas doch so ein
liebenswerter Mensch!« Frau Schelling war den Tränen nahe.
    Van de Loo ging auf die Urne zu. Es war ein Gefühl, als würde er
über einen Friedhof schreiten. Es war geradezu unheimlich still. Kein Vogel war
zu hören. Die Sonne schien schräg in den Garten. Die Hecke auf der rechten
Seite warf einen dunklen Schatten. Kein Lüftchen war zu spüren. Die Kiesel
knirschten laut unter seinen Sohlen. Ihm war, als würde er verbotenerweise eine
höhere Ordnung verletzen. Er sah sich um. Frau Schelling stand in der offenen
Glastür. Sie blickte mit großen Augen in den Garten, als würde sie ihn zum
ersten Mal sehen. Van de Loo packte das dunkle Gefäß mit beiden Händen. Er
hatte noch nie eine Urne in der Hand gehabt und wunderte sich, wie leicht sie war.
Als er damit zum Haus zurückging, bemerkte er, dass sie nicht leer war.
    »Was ist da drin?«, fragte er.
    »Ich weiß es nicht«, stammelte Frau Schelling.
    Van de Loo schüttete den Inhalt Frau Schelling vor die Füße. Es
waren Scherben. Tonscherben in unterschiedlichen Farben.
    »Was ist das?«, fragte er.
    Frau Schelling war kreideweiß im Gesicht und starrte auf den
Scherbenhaufen am Boden. Sie brachte kein Wort heraus.
    »Was das ist, will ich wissen!«
    »Es könnten Teegefäße sein«, sagte sie endlich. Sie sprach so leise,
dass sie kaum zu verstehen war. »Aber warum? Was bedeutet das alles? Wer hat
sie denn kaputt gemacht?«
    »Fragen Sie nicht so blöd!« Van de Loos Stimme überschlug sich. »Das
war Ihr Mann! Er will alles kaputt machen!« Van de Loo stellte die Urne ab. »Ihr
Mann, verstehen Sie! Er will, dass die ganze Welt so kalt wird wie Ihr Haus und
aussieht wie dieser verdammte Garten!«
    »Aber warum denn?«
    Van de Loo gab keine Antwort. Er hatte etwas gesehen. Es lag unter
den Scherben, und er schob sie mit der Schuhspitze zur Seite. Es war ein Foto,
in der Mitte durchgerissen. Van de Loo hob die Teile auf und hielt sie
zusammen. Ein Polaroidbild. Obwohl die Farben verblasst waren, erkannte van de
Loo die Männer auf dem Bild sofort. Theo Grossmann trug einen Strohhut und zielte
mit einem Gewehr auf den Betrachter. Die anderen scharten sich um ihn. Alle
lachten. Johannes Winkens hatte seine Arme freundschaftlich um Hubert
Moelderings und Thomas Schelling gelegt.
    Van de Loo ging ins Haus zurück. Mit einem Schlag wurde ihm klar,
warum Schelling seine Urne im Garten aufgestellt hatte. Sie sollte ein Zeichen
sein, ein letzter Hinweis. Es war genau wie bei den drei Toten. Nur dass sich
diesmal der Hinweis auf den Täter selbst bezog. Van de Loo schob das Bild in
seine Jackentasche und schnappte sich den Rahmen.
    »Was machen Sie da?«, fragte Frau Schelling. Ihre Stimme klang
hysterisch.
    »Ich nehme das Bild und den Rahmen mit«, sagte van Loo. »Ich weiß,
wo das hingehört, und bringe es jetzt an seinen angestammten Platz zurück!«
    Er rannte durch das Haus zum Auto. Er war sich vollkommen sicher, wo
er Thomas Schelling finden würde. Alles war inszeniert. Der Kreis würde sich
schließen. Und ich Idiot habe ihm auch noch verraten, wo Sonja sich aufhält!,
dachte van de Loo grimmig.
    Als er im Auto saß, summte sein Handy. Das Display zeigte Annas
Namen.
    »Anna«, sagte van de Loo. »Was ist los?«
    »Ich bin das«, sagte eine Stimme.
    Van de Loo brauchte ein paar Momente, bis er begriff, mit wem er
sprach.
    »Tante Gertrud«, sagte er erschrocken.
    »Anna ist weg.«
    »Wie, weg?«
    »Verschwunden«, sagte Tante Gertrud. Sie war nur schwer zu
verstehen. »Man hat sie abgeholt. Genau wie damals bei Sarah.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Ihr Schlüssel liegt hier. Und ihr Telefon. Ihre Jacke hängt über
der Stuhllehne, aber sie ist nicht da. Ich habe überall nachgesehen.«
    »Vielleicht ist sie draußen«, sagte van de Loo.
    »Nein, nein. Sie ist weg. Ein Mann war hier. Der hat sie
mitgenommen. Ich kann jetzt nicht mehr sprechen, sonst ist es zu spät. Ich muss
sie suchen gehen!«
    Van de Loo hörte, wie Tante Gertrud das Handy auf der Tischplatte
ablegte. Er hörte ihre Schritte und das charakteristische Quietschen der
Küchentür.
    »Tante

Weitere Kostenlose Bücher