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Falscher Ort, falsche Zeit

Falscher Ort, falsche Zeit

Titel: Falscher Ort, falsche Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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-Gläser hoch und schenkte mir ein rares Lächeln.
    »Haben Sie mit ihr gesprochen?«, fragte er.
    »Was?«
    »Zephyra«, sagte er, als wäre er der Papst und ich ein Priester, der das lateinische Vaterunser vergessen hatte.
    »Nein, Mann«, sagte ich. »Ich bin an einem Fall. Ich habe gearbeitet.«
    »Sie konnten sie nicht mal anrufen?«
    »Zephyra Ximenez ist kein Callgirl«, sagte ich. »Jedenfalls nicht in diesen Dingen. Ich dachte, wenn ich die nächsten paar Tage überlebe, könnte ich mich mit ihr im Naked Ear verabreden. Aber nachdem ich jetzt gesehen habe, dass deine Füße tatsächlich funktionieren, könnten wir uns vielleicht alle drei dort treffen.«
    Der Gesichtsausdruck des vergrübelten jungen Mannes war klassisch. Er verwandelte sich im Handumdrehen von dem eines monadischen Partikels in den eines Achtjährigen.
    »Hm …«, sagte er.
    »Ich nehme mal an, das heißt Ja. Können wir dann zum Geschäftlichen kommen?«
     
    Selbst zurück in seinem Loch war Tiny zunächst nicht ganz bei der Sache. Ich musste mich ständig wiederholen, als ich ihm vom Leontine Building und dem Mann namens Shell erzählte.
    Um ihn für größere Herausforderungen fit zu machen, ließ ich ihn das Autokennzeichen überprüfen, das ich von Lonnie, dem rothaarigen Exknacki, bekommen hatte, aber das führte nur zu einem Mietwagen, den ein gewisser Bob Brown gebucht hatte.
    »Und Sie wollen wissen, wer dieser Shell ist?«, fragte Tiny, nachdem wir beide wieder voll auf den eigentlichen Zweck meines Besuches konzentriert waren.
    »Wenn mir das hilft herauszufinden, für wen er arbeitet«, sagte ich. »Ich muss wissen, wer hinter der ganzen Sache steckt.«
    Nach einer Weile fand Tiny zu seiner üblichen Genialität zurück und heftete seine Knopfaugen wieder auf die Fährte von Oscar Shell.
    Es ergaben sich sofort Probleme, als klar wurde, dass niemand dieses Namens für ein Unternehmen im Leontine Building arbeitete. Kein Oscar Shell hatte dort je Büroräume gemietet. Genauer gesagt gab es im Großraum New York überhaupt keinen Oscar Shell, auf den Angies Beschreibung gepasst hätte.
    »So funktioniert das nicht«, sagte Tiny nach einer Stunde auf der Spur des Dunkelmanns. »Wie wär’s, wenn wir einen anderen Weg probieren?«
    »Das Gebäude?«, fragte ich.
    Von da an lief das fette Genie auf Hochtouren.
    Als Besitzer des Leontine Building waren T .  D . Donnie und Söhne eingetragen, die tatsächlich jedoch nichteinmal ein Prozent des Gebäudes besaßen und ihr Geld mit dessen Verwaltung verdienten. Das taten sie im Auftrag von Graski Incorporated mit Sitz in Chicago. Graski war jedoch bereits 1955 in Konkurs gegangen, während das Recht an dem Namen an eine gewissen Hedda Martins aus Miami übergegangen war. Hedda war vor drei Jahren gestorben, und ein Anwalt aus Florida hatte die Erben darüber unterrichtet, dass Hedda eine kleine Beteiligung an einem Unternehmen namens Real Innovations mit Sitz in San Francisco besessen hatte. Zum Besitz von Real Innovations gehörte wiederum auch das Leontine Building.
    Hier hätte die Spur enden können, wäre da nicht einer von Heddas verflixten Erben gewesen – ein Mann namens Thom Soams. Soams reichte in New York, Illinois, Florida und Kalifornien Klage ein, um das ihm seiner Ansicht nach zustehende Erbteil zu beanspruchen. Nach zweieinhalbjährigen juristischen Auseinandersetzungen mit einer neuen Firma, Mallory Investments, kam es zu einem Vergleich, und Soams kassierte die Summe von 22 307,31 Dollar.
    Mallory Investments war eine Tochter der Regents Bank in New York, einer Privatbank, die sich mit allem Drum und Dran im Besitz einer ehemaligen Dame der New Yorker Gesellschaft befand, die seltsamerweise Sandra Sanderson III . hieß.
    Es war nicht direkt ein rauchender Colt, aber ich hatte zumindest ein Unternehmen und vielleicht sogar einen Namen.
    Die Zeitungsartikel, die wir über Sanderson fanden, zeichneten sie als zupackende Tyrannin ihrer Multimilliarden-Dollar-Firma. Sie kämpfte lange und hart gegen jeden, der sich ihr in den Weg stellte. Die Skyline von New York verdankte der Regents Bank eine Menge, und die trieb ihre Zinsen mit der Stoppuhr in der Hand und einem Stall voller Anwälte ein.
    Sandras Sohn Desmond war Anfang 2008 an einer seltenen Herzkrankheit gestorben. Nach seinem Tod hatte Sandra sich fast vollständig zurückgezogen, was merkwürdig war, weil Mutter und Sohn seit Jahren zerstritten gewesen waren.
    Die Struktur dieser Geschichte weckte literarische

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