Falscher Ort, falsche Zeit
doch das veränderte sich drastisch, wenn man sie konkret auf die reale Welt anwenden wollte.
Der Mörder war ein gefährlicher Mann, möglicherweise ein bezahlter Killer, der mit Seinesgleichen verbündet war. So tief zu graben, bis ich seinen Namen in Erfahrung gebracht hatte, könnte diejenigen auf den Plan rufen, die diese Frage zum Verstummen bringen wollten.
Aber die Zeit verstrich, und irgendjemand, vielleicht sogar Alphonse Rinaldo selbst, beschattete meine Klientin. Also nahm ich den A -Train bis zur High Street und ging von dort zur Montague Street in Brooklyn Heights.
Es war fast sechs, als ich ankam, aber ich war mir ziemlich sicher, dass er zu Hause sein würde.
Randolph Peels Büro lag direkt über einer Bäckerei und gegenüber einer Bank, die sowohl neu als auch (laut New York Times ) vom Konkurs bedroht war. Ich ging die Treppe hinauf, klopfte an seine Tür und genoss den Duft von frisch gebackenem Brot und süßem Gebäck.
Ein Summer ertönte, und ich betrat die Höhle des Exbullen.
Es war ein seltsamer Raum: Er war höher als lang und breit und wirkte, als wäre er von einem Erdbeben oder einer Explosion auf die Seite gekippt worden. Die Regale hingen schief und waren mit Unterlagen und Büchern vollgestopft, die keinerlei Ordnung erkennen ließen. Aktenmappen und Zeitschriften stapelten sich neben Bänden, die sich in die eine oder andere Richtung neigten, und Geräten wie einem Bügeleisen, diversen Tackern, einer Espressomaschine und einer .38er, die völlig planlos inmitten des Durcheinanders lag.
Auch Peels Eichenholzschreibtisch sah postapokalyptisch aus. Er stand nicht einmal eben und war mit Zeitungen, leeren Bierflaschen, einem halb gegessenen Sandwich auf einem Pappteller und Stapeln von Papieren übersät, die allein in dem Glauben an einen glücklichen Zufallsfund dort verstreut schienen.
Das Gebäude gegenüber brachte den Raum auch nicht wieder ins Lot. Wenn man durch die schmutzigen Fensterscheiben guckte, sah es vielmehr so aus, als wäre die ganze Welt auf die Seite gekippt worden, um zum Büro des privaten Ermittlers Randolph Proteus Peel zu passen.
» LT «, sagte der schlampige Exbulle. »Wie schmeckt das Leben in der Gosse?«
Randy war groß, und die Haut seines schweinsartigen Gesichts war zu gleichen Teilen rosa und grau. Er war unrasiert, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und spielte mit einem Bleistift in seiner linken Hand.
Das Schweinchen war beidhändig, wie ich wusste.
»Ich nipp nur noch ab und zu mal dran«, sagte ich zu Ehren von Ron Sharkey.
»Davon hab ich schon gehört«, sagte er. »Irgendwas von wegen du wärst jetzt bekehrt oder so.«
Ich setzte mich auf das Betbänkchen aus abgewetztem rotem Samt, das er als Besucherstuhl nutzte. Vor dem Fenster flog ein Nachtvogel vorbei. Auf der Straße hupte ein Auto.
»Wie ich sehe, hast du aufgeräumt«, sagte ich.
»Fick dich.«
»Ich dachte, dafür wäre deine Mutter zuständig.«
Er richtete sich gerade auf.
»Verdammt noch mal, was willst du, McGill?«
Viele Leute mochten Randy trotz seiner schlampigen Art und seiner unehrenhaften Entlassung. Die meisten weißen Polizisten luden ihn immer noch zu ihren Grillfesten und zur Kommunion ihrer Kinder ein. Mit freundlicher Unterstützung dieser Freunde hatte er eine Lizenz als Privatdetektiv ergattert und angefangen, mit Informationen zu handeln.
Wenn man das System umgehen und jenseits der offiziellen Kanäle an Informationen herankommen wollte, ging man zu Randy. Hatte er genug Zeit, konnte er einem auch die Kopie einer Notiz vom Schreibtisch des Polizeichefs besorgen.
Ich legte siebenhundert Dollar gefaltet zwischen das hart gewordene Sandwich und einen Kalender mit dem Titel Muschi der Woche . Randy nahm das Geld und blätterte das Bündel mit dem Daumen durch.
»Vor ein paar Tagen wurde eine junge Frau namens Wanda Soa in ihrer Wohnung erschossen«, sagte ich, bevor er fertig gezählt hatte. »Der mutmaßliche Täter wurde ebenfalls tot neben ihr gefunden. Ich hätte gern das Foto, das der Gerichtsmediziner von seinem Gesicht gemacht hat.«
»Komm morgen wieder, dann hab ich es.«
»Ich leg noch achthundert drauf, wenn du es in der nächsten Viertelstunde besorgst.«
Wenn ich eins mit Sicherheit über Randy wusste, dann, dass er es hasste, gehetzt zu werden. Zu meinem Glück brauchte er das Geld häufig noch dringender, als er Arbeit hasste. Er nahm den Hörer seines schwarzen Telefons und wählte eine Nummer.
»Hey«, sagte er mit
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