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Falsches Blut

Falsches Blut

Titel: Falsches Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Culver
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gefärbt, um Erlösung und um die Frage, ob der endlose Blutstrom jemals ein Ende finden würde. Hinter mir war es still. Ich notierte Azraels Kennzeichen, dann zog ich meine Waffe. Und zum zweiten Mal an diesem Tag schlug ich ein Wagenfenster ein. Möglicherweise hatte der Typ vom Nachmittag das nicht verdient– bei Azrael hatte ich diese Zweifel allerdings nicht.
    Als ich zu meinem Wagen zurückkehrte, spürte ich die Wirkung der Drinks ganz deutlich. Ich hatte definitiv einen sitzen. Einen Moment lang überlegte ich, ein Taxi zu rufen, doch bis der Fahrer den langen Weg von Indianapolis hierher zurückgelegt hätte, wäre ich längst wieder nüchtern. Außerdem würde mich der Spaß mindestens fünfzig Mäuse kosten. Ich war ein bisschen angesäuselt, na und? Und schließlich setzte sich doch jeder in diesem Zustand noch hinters Steuer. Auf dem Weg ins Büro beobachtete ich jeden Morgen Frauen, die sich beim Fahren schminkten, oder Männer mit dem Rasierapparat in der Hand. Einmal hatte ich sogar einen Typen beim Zeitunglesen beobachtet, was zugegebenermaßen vielleicht doch ein wenig zu weit ging. Mir ging es bestens. Und was ich tat, war nicht schlimmer, als beim Autofahren zu telefonieren, redete ich mir ein.
    Ich fuhr vom Parkplatz und schlug den Weg zur Interstate ein. Um ein Haar hätte ich es geschafft, doch etwa eine Meile vor der Auffahrt flackerten plötzlich rot-blaue Lichter hinter mir auf. Schlagartig fühlte ich mich stocknüchtern. Ich bog auf den Parkplatz eines Einkaufszentrums und hielt an. Abgesehen von einem schmierigen Diner hatten sämtliche Geschäfte längst geschlossen. Der Officer bog hinter mir auf den Parkplatz. Es handelte sich um einen Bezirkssheriff, was bedeutete, dass sich die Schnittmenge an Kollegen, die wir beide kannten, in Grenzen hielte. Ich setzte mich gerade hin und hoffte, dass mein Gesicht nicht so erhitzt war, wie es sich anfühlte.
    Der Officer schaltete zwar die Warnlichter aus, machte jedoch keine Anstalten, aus dem Wagen zu steigen. Vermutlich überprüfte er mein Kennzeichen, um sicherzugehen, dass mein Auto nicht gestohlen war– Standardvorgehen. Ich schloss die Augen und wartete eine gefühlte Ewigkeit, bis er endlich ausstieg. Er war mittleren Alters und übergewichtig. Auf den Ärmeln seiner khakigrün-braunen Uniform war das Rangabzeichen eines Sergeants aufgenäht. Ich ließ das Fenster herunter.
    » Na « , sagte er und lehnte sich gegen den Wagen. » Was führt denn das IMPD hierher? «
    » Ich arbeite an einem Fall « , antwortete ich, » und bin gerade auf dem Heimweg. «
    » Und wie viel haben Sie heute Abend getrunken? «
    Höchstwahrscheinlich war Lügen sinnlos. Er würde mich sowieso kontrollieren, völlig egal, was ich sagte.
    » Ein paar Drinks. «
    » Ein paar im Sinne von zwei oder drei…? «
    » Ich zähle nicht mit, Sergeant. «
    Er ließ den Blick über den leeren Parkplatz schweifen. » Könnte ich bitte Ihren Führerschein haben? «
    Ich reichte ihn durchs Fenster. Er zog sich für ein paar Minuten in seinen Wagen zurück. Bei seiner Rückkehr hatte er einen Promillemesser in der Hand. Ich blies hinein. Das Ding maß 1 Promille, was zwar über der erlaubten Marke lag, aber zum Glück nicht dramatisch. Zehn Jahre früher hätte ich mit diesem Wert noch nicht einmal als betrunken gegolten. Der Sergeant nahm mir die Wagenschlüssel ab und kehrte mit ihnen und dem Messgerät zu seinem Streifenwagen zurück, wo er die nächsten zehn Minuten saß– wahrscheinlich um Verstärkung zu rufen, die mich in die nächste Ausnüchterungszelle bringen sollte. Die Aussicht auf das Gespräch mit Hannah am nächsten Morgen war nicht allzu reizvoll.
    Nach einer Weile kehrte der Sergeant mit meinem Führerschein und meinen Schlüsseln zurück und musterte mich einen Moment lang, dann schüttelte er den Kopf. » Ich habe meinen Schwager angerufen. Er arbeitet im Raubdezernat des IMPD « , sagte er, » und meinte, Sie seien ein guter Polizist. Außerdem hat er mir erzählt, Ihre Nichte sei erst kürzlich gestorben. «
    Ich fragte mich, worauf er hinauswollte. » Ja, vor ein paar Tagen. «
    Der Sergeant sah sich noch einmal um, ehe er eine Visitenkarte aus der Tasche zog und etwas auf die Rückseite kritzelte. » Das ist meine Handynummer « , sagte er. » Ich leite eine Gruppe der Anonymen Alkoholiker. Wir sind ausschließlich Polizisten und waren alle früher in derselben Situation wie Sie. Sollten Sie mal jemanden zum Reden brauchen, rufen Sie mich einfach

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