Falsches Spiel mit Hannah
Ranch.â
âUnd wenn ich verliere?â, wisperte Hannah.
âDann verlierst du ebenâ, meinte Hannes. âAber du hast es wenigstens versucht.â
Es war schlimmer, viel schlimmer als bei der Vorausscheidung.
Damals war Hannah nervös gewesen. Jetzt war sie panisch. Ihre Hände waren nass vor SchweiÃ, ihr Puls raste, ihre Knie zitterten.
Wenn Hannes nicht gewesen wäre, wäre sie vermutlich längst in Ohnmacht gefallen. Aber er wich nicht von ihrer Seite. Er fütterte sie mit Traubenzucker und Vitamindrinks, er hielt ihre Hand, er versicherte ihr wieder und wieder, wie super sie war.
Hannah hätte ihm so gerne geglaubt, aber sie schaffte es nicht. Jetzt schaute sie zum sechsten Mal in einer Viertelstunde auf die Uhr. âNoch vierzig Minuten. Wie soll ich das bloà überstehen?â
âDa drüben ist Uweâ, sagte Hannes.
Uwe. Hannahs Herzschlag wurde noch schneller. Wenn das so weiterging, würde sie gleich durchdrehen wie ein überhitzter Motor. Und aus den Ohren rauchen.
Uwe lehnte lässig an dem Gitter, das die Zuschauertribüne vom Reitplatz trennte. Er hatte Hannah nicht gesehen, weil er genau in die andere Richtung blickte. Am Haupteingang der Halle standen Heike und Myriam. Myriam trug ihr dunkles Haar offen. Glänzend fiel es auf ihr leuchtend grünes Westernhemd. Ihr Gesicht, ihre Haltung, ihr ganzes Wesen strahlten Selbstvertrauen aus. Ob Heike ihr das Outfit ausgesucht und geschenkt hatte, so wie Hannah bei der Vorausscheidung das rote Hemd von Uwe bekommen hatte? Auf jeden Fall sah Myriam einfach super aus.
âKommâ, sagte Hannes und zog Hannah am Ãrmel in Richtung Seitenausgang. âDie müssen dich noch nicht sehen. Und ein bisschen frische Luft wird dir guttun.â
Hannah nickte schwach.
Sobald sie die stickige, überfüllte Halle verlassen hatten, ging es ihr tatsächlich besser.
âUwe weià doch längst, dass ich antreteâ, meinte Hannah. âMein Name steht schlieÃlich auf der Teilnehmerliste. Und das, nachdem er mich gestern persönlich abgemeldet hat.â
âVielleicht hält er das für einen Irrtum. Er rechnet bestimmt nicht damit, dass Sue dich wieder angemeldet hat.â
âWenn es nur schon vorbei wäreâ, murmelte Hannah.
Sie setzten sich unter einen Baum auf die Wiese. Hannah zupfte Gänseblümchen und ordnete die weiÃgelben Blüten zu einer Schlangenlinie. Wie es Myriam jetzt wohl ging? Ob sie ebenfalls aufgeregt war, zumindest ein bisschen? Vorhin in der Halle hatte sie absolut cool ausgesehen. Myriam war ja auch vor Klassenarbeiten niemals nervös. âIch weià eben, was ich kannâ, sagte sie immer.
Und ich weià nur, was ich nicht kann, dachte Hannah.
âSollen wir das Pattern noch mal durchgehen?â, fragte sie laut.
âNicht nötig.â Hannes schüttelte den Kopf. âEs ist da drin.â Er klopfte mit dem Zeigefinger gegen ihre Stirn. Das stimmte.
Sie hatte das Pattern am Vortag nur kurz angeschaut und direkt abgespeichert. Das verdankte sie Uwe. In seinen ersten Reitstunden hatte er sie so viele Patterns einstudieren und auswendig lernen lassen, dass es jetzt nur noch eine Frage von Minuten war, bis sie sich eine Ãbungsabfolge eingeprägt hatte. Aber trotzdem.
âIch hab solche Angstâ, flüsterte Hannah.
Hannes lächelte. âIch hab früher vor meinen Turnieren immer so ein Spiel gemacht. Hab ich mir damals selbst ausgedacht. Es ist ziemlich albern, aber bei mir hat es funktioniert.â
âUnd wie ging dieses Spiel?â
âIch hab meine linke Hand geballt, so.â Er schloss seine Linke zur Faust. âUnd dann die Augen zugemacht. Und dabei hab ich mir etwas Wunderschönes vorgestellt.â
âUnd was war das?â, wollte Hannah wissen.
Hannes schüttelte den Kopf. âDas verrat ich nicht. Ist eh egal, weil für jeden Menschen andere Dinge schön sind.â
âOkay. Und dann?â
âWenn ich dann beim Turnier Angst bekam oder nervös wurde, hab ich die Faust wieder geballt. Und dann kam dieses Gefühl zurück.â Er grinste. âKlingt total bescheuert, was?â
âKann man so sagen.â
Er zuckte mit den Schultern. âMir hatâs jedenfalls geholfen.â
Hannah zögerte. âIch kannâs ja mal ausprobieren.â
Sie lieà Hannes nicht los, während sie ihre linke Hand zur Faust
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