Falsches Spiel: Roman (German Edition)
aufgelaufen ist. Unserem Eindruck nach hätte er dem Spiel den entscheidenden Dreh geben können. Aber es ist …«
Es gelingt mir nicht, den Sinn der Worte zu erfassen. Ich muss daran denken, was für einen Dreh das Raubein dem Spiel geben wollte, und plötzlich schießen mir ohne Vorwarnung Tränen in die Augen. Die ganze Spannung der letzten Tage, das Bedauern über das, was ich war, und der Kummer, entdecken zu müssen, was mein Sohn ist, kondensieren in diesem Moment, gegen den ich mich nur schwer zur Wehr setzen kann, schwerer als gegen jeden Gegner im Ring. Ich schlucke hinunter, was mich von irgendwoher ereilt hat, tupfe mir mit einer Serviette die Augen ab und konzentriere mich wieder auf den Bildschirm.
Unsere Jungs greifen gerade an. Der Kommentator ist ganz aus dem Häuschen.
» Lange Flanke von Carbone ins gegnerische Feld. Giallonardo im Zweikampf mit Makita. Beide springen hoch, um den Ball zu köpfen. Giallonardo gewinnt und spielt den Ball zu Ventura rüber, aber …«
Eine leichte Unsicherheit in der Stimme des Kommentators.
» Giallonardo ist gestürzt und bleibt am Boden liegen. Sein Gesicht ist schmerzverzerrt, und er hält sich den rechten Knöchel. Im Zweikampf gab es keinerlei Probleme, weshalb ich davon ausgehe, dass er nach seinem Sprung unglücklich gelandet ist und sein Knöchel das gesamte Körpergewicht abfangen musste. Der Schiedsrichter hat das Spiel unterbrochen …«
Ich sehe, wie Schenetti und sein Stellvertreter, gefolgt von Villa, zu dem am Boden liegenden Spieler eilen. Sie knien nieder, verrichten die einschlägigen Hilfsmaßnahmen und versuchen, die Schwere der Verletzung abzuschätzen. Minuten später ist Giallonardo wieder auf den Beinen, sieht aber immer noch leidend aus. Allerdings nickt er auch. Der Zustand des Mannes, den ich eingewechselt habe, scheint passabel. Seine Einstellung ebenfalls. Das Nicken bedeutet, dass er weiterspielen will, vorerst zumindest. Dies ist das Spiel ihres Lebens, und das lässt sich niemand entgehen, ohne es nicht wenigstens versucht zu haben.
Leider gibt es etwas, das mir die ganze Zeit schon zusetzt, ein leichter Missmut, vermischt mit einer gewissen Sorge wegen dieser Geste, mit der Martinazzoli vorhin zum zukünftigen Presseraum hochgezeigt hat, dorthin, wo Di Risios Leiche liegt. Ich erhebe mich aus meinem Sessel und begebe mich zu dem Raum, wo der Mister hätte sein sollen, wo wir ihn aber vergeblich gesucht haben. Dort angekommen, gehe ich sofort weiter ins Bad. Den Schlüssel zur Verbindungstür habe ich noch in der Tasche. Ich schließe auf, steige die drei Stufen hoch und gehe zu der Tür, die von außen ins Magazin führt. Von der anderen Seite höre ich gedämpfte Stimmen und ein metallisches Geräusch, als würde jemand mit einem Gegenstand im Schloss herumfummeln.
»Herrgott, nun mach schon.«
»Einen Moment noch. Einen kleinen Moment, dann …«
Das Gespräch reißt ab, als ich den Schlüssel ins Schloss stecke, ihn herumdrehe und mit einem leisen Quietschen die Tür aufziehe. Vor mir kniet ein Typ um die dreißig in einem schwarzen AC / DC -Shirt. Der rechte Arm ist mit Tätowierungen übersät. In der Hand hält er ein paar Eisendrähte, wie sie Einbrecher benutzen. Verblüfft schaut er hoch und vergisst vor lauter Überraschung, die Hände zu senken, als hielte er ein nicht existentes Lenkrad in der Hand. Hinter ihm steht ein Typ, der etwa zehn Jahre älter sein dürfte. Er steht vorgebeugt, die Hände auf die Knie gestützt, um zu verfolgen, wie sich sein Kumpel mit dem Schloss abmüht.
Jetzt richtet er sich auf, und ich erkenne ihn. Es ist Mariano Costamagna, der Chef der Ultras. Ein Stück Scheiße, meines Erachtens der Hauptverdächtige für den Einbruch in unser Magazin. Ich hätte nicht gedacht, dass sich der Präsident mit einem wie ihm und seiner Clique abgibt. Die Art und Weise, wie Mariano mich mustert, irritiert mich. Nicht weil er so gefährlich wirkt, sondern weil er eine solche Überheblichkeit an den Tag legt. Das könnte sich noch als Fehler erweisen.
Er macht eine vielsagende Geste.
»Geh wieder rein, Opa, und verpiss dich.«
Da sind sie aber an den Falschen geraten, und das auch noch am falschen Tag. Ich öffne die Tür vollständig und trete einen Schritt zurück. Auf diese Weise zwinge ich sie dazu, einzeln hereinzukommen, falls sie mich angreifen wollen.
Ich versuche, eine Sicherheit zu demonstrieren, die ich gar nicht habe.
»Verpisst ihr euch besser, dann könnt ihr heute Abend vielleicht
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