Falsches Spiel: Roman (German Edition)
noch mit euren eigenen Zähnen essen.«
Der Erste, der Jüngere, richtet sich auf und tritt einen Schritt vor. Dann überschreitet er die Schwelle. Er landet einen derart dilettantischen Fausthieb, dass er vielleicht im Jugendclub Eindruck damit schinden könnte. Im Boxring würde er zu Boden gehen, ohne auch nur den Countdown noch mitzubekommen.
Die Chance zu einem zweiten Schlag bekommt er nicht.
Ich weiche aus und jage meine Linke in seine Leber und einen Haken gegen sein Kinn. Er prallt zurück, als wäre er an einem Gummi zurückgeschnellt. Mariano muss beiseites pringen, damit er nicht auf ihm landet.
Nun bin ich es, der eine gewisse Überheblichkeit an den Tag legt. Ich gehe in Verteidigungsstellung und tänzele, wie ich es in meinem Leben hunderte von Stunden getan habe. Von denen ich jetzt jede einzelne segne.
»Was ist, kommst du?«
Mariano wirkt unentschlossen. Die Beiläufigkeit, mit der ich seinen Kumpel abgefertigt habe, und die beiden präzisen, professionellen Schläge haben ihn beeindruckt. Er tritt einen Schritt zurück und will etwas sagen.
Ich komme ihm zuvor.
»Wenn du mir jetzt erklären willst, dass du dich aus Rücksicht auf mein Alter zurückziehst, komm ich raus und bring dich um.«
Der miese kleine Gauner hält inne und sagt kein Wort. Dann packt er seinen Kumpel, dem das Blut aus dem Mund fließt, zieht ihn hoch und stützt ihn. Gemeinsam verschwinden sie hinter der grünen Baustellenplane, die diese Szene vor neugierigen Blicken geschützt hat.
Ich schließe die Tür und lehne mich gegen das verzinkte Metall. Mein Herz pocht wie wild, aber es ist schon ein Wahnsinnsgefühl, wenn das Adrenalin durch die Adern rast.
In diesem Moment erklingt in meiner Tasche das Geräusch, das anzeigt, dass auf dem Handy des Mister eine SMS eingetroffen ist. Als ich es aufklappe, stelle ich fest, dass er tatsächlich zwei Nachrichten hat. Eine ist von Gentile.
Giallonardo packt es nicht. Wen soll ich einwechseln?
Die zweite ist vom Netzbetreiber, der mich darauf aufmerksam macht, dass mein Guthaben erschöpft ist.
Vierzehn
»Verdammte Scheiße.«
Der Fluch entfährt mir unwillkürlich, aber mir ist vollkommen bewusst, dass die Sache nach eingehender Analyse nicht anders ausschauen wird. Nie wäre ich auf die Idee gekommen, dass der Mister mit einer Prepaid-Karte herumlaufen könnte. Man musste doch davon ausgehen, dass er wie alle Leute, die das Handy mit einer gewissen Regelmäßigkeit benutzen, einen Vertrag hat. Manche Dinge sind doch nur etwas für arme Schlucker wie mich, die eher nach Cappuccino als nach Cocktail aussehen. Vielleicht hat er vor kurzem schon eine Nachricht bekommen, die auf ein baldiges Auslaufen des Guthabens hinwies, und es nicht weiter beachtet. Wahrscheinlich wollte er warten, bis die Karte ganz leer ist.
Aber das sind alles nur Mutmaßungen, und jetzt bin ich geliefert. Ich kann mich nicht mit Gentile in Verbindung setzen, und wenn ich ihm nicht sage, wen er für Giallonardo einwechseln soll, dann ist die logische Wahl Roberto.
Halt dich da raus, Papa …
Stattdessen ist er es, der draußen geblieben ist. Und so soll es auch bleiben.
Es gibt nur eine Person, die mir jetzt helfen kann.
Ich nehme mein eigenes Handy und suche Rosas Nummer. Um diese Zeit müsste sie ihre Schicht bei Rué beendet haben. Mein Name erscheint auf ihrem Display, und so erkennt sie mich, noch bevor sie meine Stimme hört.
»Hallo, Silvano.«
»Hallo, Rosa. Ich muss dich um einen Gefallen bitten.«
In meiner Stimme liegt eine Dringlichkeit, die sie aufmerken lässt.
»Alles in Ordnung?«
Ich habe keine Zeit für Erklärungen. Hätte ich sie, wäre Rosa allerdings die einzige Person, der ich alles erzählen würde.
»Ja, alles in Ordnung. Wo bist du?«
»Zu Hause. Ich verfolge das Spiel am Radio. Im Restaurant gibt es ja kein …«
Ich falle ihr ins Wort. Später werde ich mich für meine schlechten Manieren entschuldigen.
»Du musst mir eine Handykarte aufladen.«
»Deine?«
»Nein, eine andere. Schreib dir die Nummer auf.«
Die Antwort erfolgt prompt, Zeichen dafür, dass sie Papier und Stift griffbereit herumliegen hat.
»Schieß los.«
Langsam diktiere ich ihr die Nummer des Mister, damit sich keine Fehler einschleichen.
»Es ist sehr wichtig. Mach so schnell du kannst. Tut mir leid, dass ich dich rausscheuche, aber …«
Dieses Mal ist sie es, die mir ins Wort fällt.
»Dazu muss ich nicht raus. Das mach ich am Computer.«
»Kannst du das denn?«
»Hat mir mein
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