Falsches Spiel: Roman (German Edition)
verliebt.«
Di Risios Reaktion kam wie aus der Pistole geschossen.
»Alter?«
»Zehn Jahre jünger als ich.«
Schnell stellte ich ein paar Berechnungen an. Der Co-Trainer war um die vierzig, also dürfte die Frau um die dreißig sein. Was der Mister dann sagte, musste einer Art Telepathie entspringen.
»Okay, solange es nicht die übliche Zwanzigjährige ist, die über Leichen geht, um einen Zipfel vom Ruhm zu erhaschen.«
»Nein, glaub mir. Von denen bin ich schon vielen begegnet, die erkenne ich auf den ersten Blick.«
Gentile machte eine Pause, als ließe er im Geiste verschiedene Typen von Frauen vorbeiziehen. Dann fuhr er fort, und seine Stimme klang fast erleichtert. Typisch für einen Mann, der emotional involviert ist.
»Adriana ist zweiunddreißig. Sie ist Anwältin und hat nichts mit unserem Ambiente zu tun.«
»Mach keinen Blödsinn, Armando.«
»Auf gar keinen Fall. Nur dass …«
Der abgebrochene Satz war verräterisch. Es war einer von jenen Sätzen, die geeignet sind, in wenigen Sekunden ganze Stunden zum Leben zu erwecken.
Der Mister drängte ihn.
»Nur dass?«
»Nur dass ich mich, wenn ich mit ihr zusammen bin, wie im Paradies fühle, und dass …«
Di Risio unterbrach ihn.
»Hör zu, jetzt muss ich dich um etwas bitten.«
»Worum denn?«
»Dass du mit niemandem darüber sprichst. Und lass es dir ja nicht in den Sinn kommen, deiner Frau alles zu beichten, um dein Gewissen zu erleichtern. Bereite ihr keinen Kummer, das hat sie nicht verdient. Genieß die Sache noch eine Weile, aber sei vorsichtig. Seit wann kennst du sie?«
»Seit drei Monaten.«
»Aha. Drei Monate sind nicht genug, um herauszufinden, ob …«
Wozu drei Monate nicht reichen, habe ich nicht mehr erfahren, auch wenn ich es mir vorstellen konnte. Nachdem ich schnell hinausgegangen war, schloss ich möglichst geräuschlos die Tür. Das war nicht die Art von Dingen, die mich interessierten. So etwas fiel in den Bereich der Privatsphäre, und jeder Mensch hat ein Recht darauf sich zu kratzen, wenn es ihn juckt.
In meiner SMS hatte ich mich auf A. bezogen, da Gentile verstehen würde, wen ich meine, und sein vertrauliches Geständnis wiedererkennen würde. Ich konnte mir vorstellen, mit was für einem Seufzer der Erleichterung das Grüppchen die Bestätigung aufnehmen würde, dass sich am anderen Ende tatsächlich der befand, der er zu sein behauptete.
Dann kam sofort eine neue SMS . Dieses Mal von Martinazzoli.
Was zum Teufel soll das heißen, Änderung der Aufstellung?
Das hatte ich erwartet. Ich musste Zeit gewinnen. Meine Antwort sollte mir ein wenig Luft verschaffen, während sie sich zweifellos über den Grund für die Änderung und meine konkreten Entscheidungen den Kopf zerbrechen würden.
Warten Sie ab. Und vertrauen Sie mir.
Dann trat ich in den Gang und passierte die Gruppe, die zu sehr in ihre Diskussionen vertieft war, um mich zu bemerken. Sie mussten Entscheidungen treffen und auf Anweisungen warten, und über jedem schwebte ein dickes Fragezeichen. Am stärksten unter Druck stand Fiorelli, der sich verzweifelt fragte, wie die Journalisten von Presse und Fernsehen reagieren würden, wenn der Trainer nicht auf der Bank saß.
Sein Problem.
Ich war zu sehr damit beschäftigt, mein eigenes Problem zu lösen. Nach einem Abstecher in die Kabine ging ich hinaus zum Spielfeld, wo ich neben dem Ausgang des Spielertunnels Position bezog. Dort harrte ich aus und beobachtete die Spieler, während Sonne und Wolken Optimismus und Pessimismus auf den Boden zu meinen Füßen malten. Besonders Bernini und Roberto behielt ich im Blick, um zu sehen, ob ihrem Verhalten vielleicht ein Hinweis auf ihre Komplizen zu entnehmen war. Es war nicht klar, ob Roberto die anderen darüber informiert hatte, dass ich von ihrem Spielchen wusste. Ich jedenfalls war noch genauso schlau wie vorher.
Jetzt muss ich allerdings eine Entscheidung treffen. Für den Moment und in Erwartung der weiteren Entwicklungen werde ich mich mit einer Notlösung begnügen müssen. Die Aufwärmphase ist beendet, und das Stadion platzt aus allen Nähten. Ich entferne mich ein Stück von dem Tunnel, um nicht noch einmal dem Blick meines Sohnes zu begegnen. Während die Spieler der beiden Mannschaften in ihre Kabine zurückkehren, gehe ich ein Stück nach links zu einer Stelle, wo ich weder von der Bank noch von der Tribüne aus gesehen werden kann. Ich ziehe den Zettel mit der Aufstellung des Mister aus der Tasche und studiere ihn eine Weile. Selbst wenn
Weitere Kostenlose Bücher