Falsches Spiel: Roman (German Edition)
Sohn beigebracht. Zwei Minuten, dann hast du es.«
»Mach fünfzig Euro. Du bekommst sie später wieder.«
»Kein Problem.«
»Tschüss, Rosa. Und vielen Dank.«
»Schon gut. Du erklärst es mir später.«
Ich lege auf und warte. Etwas anderes kann ich jetzt sowieso nicht tun.
In der Zwischenzeit denke ich darüber nach, wer den verletzten Mittelfeldspieler ersetzen könnte. Giallonardo zeichnet sich durch eine gute Spielübersicht aus und schießt auch über große Distanzen noch sehr präzise. Besonders schnell ist er nicht, aber im Strafraum ist er verlässlich.
Ich nehme den Zettel mit der Aufstellung.
In der Hoffnung auf eine Eingebung lasse ich den Blick über die Liste der Ersatzspieler schweifen. Ich frage mich, was Di Risio an meiner Stelle getan hätte. Dann besinne ich mich anders und beschließe, dass ich nicht seine Entscheidung erraten, sondern zu einer eigenen Entscheidung kommen sollte.
Und entscheide mich fürs Risiko.
In diesem Moment bestätigt eine Vibration in meiner Tasche, dass die Karte aufgeladen ist.
Das deute ich als Zeichen des Schicksals. Hoffentlich ist meines nicht das einer Person, die heute einen Tritt in den Hintern bekommt und viele tausend Fans mit in den Abgrund reißt. Ich klappe das Handy auf und schreibe eine SMS .
Schick Zinetti rein. Neben ihm soll Ventura spielen. Und lass Augusto auf die Außenbahn wechseln.
Ich bin mir sicher, dass Gentile der Schlag trifft, wenn er meine Nachricht liest. Und den Präsidenten und alle anderen auch. Roberto wird auf der Bank sitzen und darüber nachgrübeln, was schiefläuft. Auf dem Spielfeld wird ein Aufstand ausbrechen, wenn sie sehen, dass statt des Raubeins ein sehr junger und nicht sehr erfahrener Spieler reinkommt. Zinetti ist allerdings ein überragendes Talent, das nur auf die Gelegenheit wartet, um zu explodieren.
Ich weiß das. Und heute wird sich herausstellen, ob er das auch weiß.
Zur Sicherheit schicke ich meinem Co-Trainer eine zweite Nachricht hinterher. Als ich auf Senden drücke, muss ich lächeln. Innerlich habe ich Gentile tatsächlich meinen Co-Trainer genannt. Vielleicht steigt mir die Sache allmählich zu Kopf, vielleicht habe ich ihn aber auch längst verloren. Vielleicht ist das alles nur ein Traum, und ich wache demnächst in einem Heim wieder auf, im fortgeschrittenen Stadium von Alzheimer.
Die Nachricht ist unterwegs. Schon komisch, dass sie erst Hin- und Rückweg zu einem viele Kilometer entfernten Satelliten bewältigen muss, um in Wirklichkeit nur wenige Meter zurückzulegen.
Mach, was ich sage!!!
Ich denke, drei Ausrufezeichen müssten genügen, um zu unterstreichen, dass es sich nicht um einen Rat, sondern um einen Befehl handelt. Ich stecke das Handy wieder in die Tasche. Als ich zum Tunnel gehe, um wieder aufs Spielfeld zurückzukehren, taucht Mino Carrara am Haupteingang auf. Er ist Sportjournalist und schreibt für eine überregionale Tageszeitung, arbeitet aber auch für lokale Blätter. Im Prinzip dürfte er gar nicht hier sein. Journalisten ist der Zutritt zu den Kabinen vor oder während des Spiels nicht gestattet, es sei denn, sie wurden ausdrücklich eingeladen. Ansonsten haben sie ihren eigenen Bereich für die Interviews am Ende des Spiels. Wenn Carrara sich die Mühe macht, hier aufzukreuzen, verheißt das nichts Gutes.
Er ist der Typ Journalist, der gerne für Wirbel sorgt, indem er manches ausschmückt, manches aber auch einfach erfindet. Alle fragen sich, warum er überhaupt für Sport und nicht für die Klatschspalten zuständig ist. Zu Beginn der Saison hatte der Mister mal beschlossen, Roberto und Zinetti nach dem Training noch zwanzig Minuten dazubehalten, um dem Jungen ein paar Lektionen in Sachen Taktik zu erteilen. Sie sprachen über Eckbälle und darüber, aus welcher Position man jeweils den vorderen oder den hinteren Pfosten anvisiert. Natürlich kamen die beiden später als die anderen Spieler heraus. Carrara, dem das nicht entgangen war, erkundigte sich nach dem Grund. Den hat man ihm nicht verraten, weil Zinettis Unerfahrenheit nicht an die große Glocke gehängt werden sollte und man ihm das Gefühl geben wollte, dass die Mannschaft ein geschützter Raum war.
Tags darauf erschien auf der vollständig uns gewidmeten Seite für die Zweite Liga ein Artikel von Carrara. Unter einer miesen Schlagzeile beschuldigte er Di Risio, meinen Sohn und den Jungen für zusätzliche Arbeitseinsätze zu missbrauchen.
Als Mensch gefällt er mir gar nicht, und ebenso wenig
Weitere Kostenlose Bücher