Falsches Spiel
von der Affäre der beiden Männer erzählt.
»Ich weiß, wo Carla ist«, sagte ich, damit sie mich endlich ins Haus ließ, denn je länger ich vor der Tür stand, desto größer war die Gefahr, dass Antelo mich dort aufspürte. Sandra überlegte, entfernte die Kette und ließ mich eintreten. Ich ging ins Wohnzimmer, legte den Mantel auf den gewohnten Sessel und setzte mich auf die Couch. Sie nahm neben mir Platz und fasste begierig meine Hände.
»Wo ist sie?«
»Sie wird in einem Haus in Castelar gefangen gehalten.«
»Geht es ihr gut?«
»Soweit ich weiß, hat man ihr nur ein paar Drogen verabreicht.«
»Warum haben Sie sie noch nicht da rausgeholt?«
»Das mache ich heute Abend.«
»Warum erst heute Abend?«
Ich fühlte mich unwohl. Ich wollte sie nicht belügen, aber ich musste es tun, um herauszufinden, ob sie etwas mit der Sache zu tun hatte.
»Sie wurde entführt, falls Sie sich nicht mehr daran erinnern, und man hält sie gegen ihren Willen in diesem Haus gefangen. Ich muss vorsichtig sein, damit ihr nichts geschieht. Gestern habe ich das Terrain sondiert und mir einen Plan zurechtgelegt, und heute Nacht werde ich zur Tat schreiten.«
Sandra fing an zu weinen. Tröstend legte ich den Arm um sie.
»Ich muss Sie etwas fragen, das Sie vielleicht schockiert«, flüsterte ich ihr ins Ohr.
Sie löste sich aus der Umarmung und wischte sich mit dem Handrücken die Tränen ab. Die Wimperntusche war verlaufen.
»Geht es um Carla?«, fragte sie.
Ich überlegte kurz, wie ich es ihr am besten beibringen konnte, aber mir fiel nichts Vernünftiges ein.
»Kann es sein, dass Ihr Mann mit Männern schläft?«, fragte ich unverblümt.
Sie sah mich irritiert an.
»Ich verstehe nicht.«
»Na, dass ihm Männer gefallen. Dass er homosexuell ist.«
Sie riss die Augen auf und schlug die Hände vors Gesicht. Sie schien wirklich betroffen zu sein.
»Ich fasse es nicht«, sagte sie, stand auf und strebte auf die Bar zu, um sich Trost zu holen.
Ich wollte etwas sagen, aber ich hielt mich zurück. Sandra goss sich einen großzügigen Cognac ein und stürzte ihn mit einem Zug hinunter.
»Jetzt wird mir alles klar«, murmelte sie, mit dem Rücken zu mir.
»Was wird Ihnen klar, Sandra?« Das war natürlich nur so eine Floskel, aber ich wollte verhindern, dass sie austickte.
Sie erschrak und fuhr herum. Für ein paar Sekunden hatte sie meine Anwesenheit völlig vergessen. In ihr lief ein ganz anderer Film ab.
»Schwein!«, stieß sie aus und sah mich dabei an.
Einen Moment lang wusste ich nicht, ob sie mich oder ihren Mann meinte.
»Dieses Schwein!«, wiederholte sie.
Aha, es galt also ihrem Mann oder angesichts der Umstände wohl schon zukünftigen Ex-Mann.
Im Handumdrehen hatte sie sich wieder gefasst; ob es am Cognac lag oder an ihrer inneren Stärke, vermochte ich nicht zu sagen.
»Würden Sie jetzt bitte gehen. Ich wäre gern allein.«
Ich stand auf und begab mich wieder hinaus in die Kälte.
33
Am frühen Nachmittag kehrte ich in Espiños Bar zurück. Carla war inzwischen aufgewacht und hatte eine Kleinigkeit gegessen.
»Sie ist noch schwach auf den Beinen, aber sie kann reden«, sagte María. »Aber bitte, setz sie nicht allzu sehr unter Druck, sonst bricht sie zusammen, sie ist noch sehr dünnhäutig.«
Ich ging zu ihr ins Zimmer. Carla hatte den Kopf zur Seite gedreht und starrte die Wand an. Als sie mich hereinkommen hörte, fuhr sie erschrocken herum und riss die grünen Augen auf. Ihre Schönheit hatte etwas Jungfräuliches; man hätte fast sagen können, Carla erleuchtete mit ihrer Anwesenheit den ganzen Raum.
Ich schob einen Stuhl ans Bett und setzte mich.
»Erinnern Sie sich an mich?«, fragte ich betont sanft.
»Nein. Aber ich vermute mal, Sie sind derjenige, der mich aus dem Haus geholt hat. María hat mir erzählt, Sie seien Privatdetektiv und meine Eltern hätten Sie engagiert, um mich zu befreien.«
»Wissen Sie, warum man Sie entführt hat?«
»Ja«, antwortete sie bestimmt.
Ich sah sie an und wartete; ich wollte sie nicht drängen.
»Das hat alles mein Vater organisiert«, sagte sie harsch.
»Das deckt sich mit meinen Vermutungen.«
»Derselbe, der Sie angeheuert hat, um mich zu retten.« Ihre Augen glänzten voller Hass. »Das hat er nur getan, damit Mama endlich Ruhe gibt. Wenn sie will, kann sie sehr überzeugend sein. Kennen Sie meine Mutter?«
»Ja«, erwiderte ich. »Warum, glauben Sie, hat Ihr Vater Sie gefangen gehalten?«
»Weil ich Dinge erfahren habe, die ihm
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