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Falsches Spiel

Falsches Spiel

Titel: Falsches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariano Hamilton
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Gewehrgriff ins Gesicht. Einer meiner Kollegen bückte sich, um die Sachen des jungen Mannes zu durchsuchen. Er fand ein paar kopierte Zettel und zeigte sie Gutiérrez. Ich hielt mich im Hintergrund, als wäre ich Teil eines schlechten Films.
    »Er ist es«, sagte Gutiérrez.
    Dann sah er die anderen Studenten an, packte einen weiteren am Haar und drückte ihn auf den Boden.
    »Haut ab!«, rief er den übrigen zu.
    Die beiden anderen Kerle und die fünf Frauen erhoben sich taumelnd und rannten so schnell davon, dass man ihre Beine nicht mehr sah. Der Hüne war seit dem Schlag bewusstlos. Gutiérrez zerrte ihn an den Haaren in Wagen eins. Der andere wurde von zwei Leuten festgehalten und in Wagen zwei geschleppt, wo man ihm eine Kapuze überzog und Handschellen anlegte. Er zitterte wie Espenlaub. Mir schoss durch den Kopf, dem Fahrer einen Schlag mit meiner Waffe zu versetzen und so dem jungen Mann die Chance zu geben, in dem Durcheinander zu türmen. Aber das wäre glatter Selbstmord gewesen.
    Es ging zurück über die Sarmiento zur Santa Fe. Vor dem Regimentsgebäude des Regimiento de Patricios hielten wir erneut an. Ein wachhabender Offizier ging auf Gutiérrez’ Auto zu. Mir fiel auf, dass er sich gar nicht über dessen Sturmhaube wunderte. Die beiden wechselten ein paar Sätze, dann verschwand der Offizier Richtung Wachhäuschen, sagte etwas zu den Soldaten, die sich daraufhin hinter eine Mauer verzogen. In dem Moment begann der schlimmste Albtraum meines Lebens. Die Kofferraumtür von Wagen Nummer eins öffnete sich, und der Hüne mit dem langen Haar kullerte über den Bürgersteig. Er versuchte, sich aufzurichten, was ihm auch unter Mühen gelang. Etwas Schwarzes wurde aus dem Auto nach ihm geworfen. Benommen starrte der junge Mann vor seine Füße. Er wirkte wehrlos, wie gelähmt. Seine Arme hingen neben dem Körper, sein Blick war immer noch auf das schwarze Teil gerichtet. Es war nicht richtig zu erkennen, aber ich vermutete, dass es sich um eine Waffe handelte.
    Plötzlich kam wieder Kraft in seinen Körper, und er nahm den Gegenstand an sich. Geschickt rollte er sich über den Boden; es waren einstudierte, genau kalkulierte Bewegungen. Es handelte sich tatsächlich um einen Revolver, und der junge Mann, der offenkundig damit umzugehen verstand, zielte auf Wagen eins. Er konnte noch ein paar Schüsse abgeben, dann wurde er von einer Garbe aus der Itaka niedergemäht. Sein Körper zuckte heftig.
    Ich warf einen Blick auf den Rücksitz. Der Gesichtsausdruck des Jungen in unserem Wagen war wie versteinert. Man hatte ihm extra die Kapuze abgenommen, damit er zuschauen konnte. Unsere Blicke trafen sich kurz, doch da stülpten sie ihm auch schon wieder die Sturmhaube über.
    Die Tür von Wagen eins schloss sich. Der Wagen rollte los. Wir folgten. Wir fuhren langsam, sehr vorsichtig. Es sollte ja nicht aussehen, als wären wir auf der Flucht. Ich schaute in den Rückspiegel. Die Soldaten scharten sich um den toten Jungen, der in einer Blutlache lag.
    Wir fuhren die Santa Fe hinunter bis zum Paseo Colón und weiter bis zur Klinik. In aller Ruhe, so als wären wir gerade mit der Familie Eis essen gewesen. Mir hatte sich der Magen umgedreht. Wir fuhren in die Tiefgarage und verließen die Wagen. Ich konnte mich kaum auf den Beinen halten, weil ich mich in einer Art Trance befand. Mühsam riss ich mich zusammen. Der Junge blieb mit Handschellen im Auto. Wortlos legten wir einer nach dem anderen unsere Waffen in die Kiste zurück. Gutiérrez übernahm wieder die Befehlsgewalt.
    »Geht jetzt hoch zum Doktor. Nächste Woche melden wir uns.«
    Er ging zum Auto, beugte sich hinein, zerrte den Jungen in Handschellen heraus und stieß ihn zu einer Seitentür. Er klopfte zwei Mal, dann wurde ihm geöffnet.
    Die sieben Männer und ich begaben uns zum Aufzug und fuhren in den dritten Stock. Immer noch mit den Sturmhauben vermummt, betraten wir Tudors Büro. Keiner von uns wollte erkannt werden.
    Geldscheine lagen auf dem Tisch.
    »Alles klar?«, fragte er lächelnd.
    Der Fahrer von Wagen eins nickte.
    »Prima«, sagte Tudor. »Viele von euch kennen den Ablauf ja schon, aber ich wiederhole es noch mal, weil neue Leute dabei sind. Ich zahle euch die vereinbarte Summe, und ihr verlasst einer nach dem anderen im Abstand von drei Minuten das Büro. Die Sturmhauben könnt ihr einfach auf der Treppe neben dem Aufzug liegen lassen. Ich empfehle euch, die Treppe zu nehmen, damit der Aufzugführer euch nicht sieht«, erklärte er, ohne

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