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Falsches Spiel

Falsches Spiel

Titel: Falsches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariano Hamilton
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versuche ich Sie zu erreichen. Sie müssen um halb acht in die Klinik kommen.«
    »Ich weiß nicht, ob das geht«, sagte ich.
    »Keine Drückebergerei.«
    »Um die Zeit sitze ich vielleicht schon im Gefängnis.«
    »Ah … richtig. Ich erinnere mich, die Gegenüberstellung.«
    Ich war überrascht, dass er davon wusste.
    »Keine Sorge. Das ist geklärt. Bis morgen früh wird Sie niemand behelligen.«
    »Das verstehe ich nicht …«, stammelte ich.
    »Wer viel fragt, der viel irrt«, sagte er lachend. »Ich sehe Sie also um halb acht in meinem Büro.«
    »Warten Sie …«
    »Sie wollten Arbeit? Schön, ich habe Ihnen eine besorgt«, sagte er und legte auf, ohne dass ich noch etwas erwidern konnte.
    Ich sah auf die Uhr an der Wand. Es war Viertel vor sieben. Ich hatte eine Viertelstunde, um die 38er zu ölen und Espiño anzurufen. Er sollte über meine Schritte Bescheid wissen. Der Teufel ist ein Eichhörnchen.
    Um sieben verließ ich das Haus. In der Pueyrredón nahm ich ein Taxi. Ständig fasste ich an mein Halfter, es war wie ein Reflex. Es war stockfinster. Um fünf vor halb acht hatte ich die Azopardo erreicht. Ich betrat die Klinik und ging direkt zum Aufzug. Als ich im dritten Stock ausstieg, wurde mir wieder mulmig. Der Flur war dunkel, und man hätte mich spielend töten können. Im Schein des Lichts, das von der Straße durchs Fenster drang, gab ich ein perfektes Ziel ab. Ich redete mir also gut zu: In einer Klinik erschießt dich keiner. Zumindest nicht sofort.
    Ich klopfte zweimal an Tudors Bürotür und stieß sie auf. Er erwartete mich bereits.
    »Hier«, sagte er und warf mir eine schwarze Sturmhaube zu, die ich aus der Luft fing.
    »Gehen Sie zum Personalaufzug am Ende des Flures und setzen Sie sie auf, sobald Sie drin sind. Fahren Sie ins zweite Untergeschoss. Dort werden Sie erwartet.«
    »Was muss ich tun?«
    »Das erfahren Sie unten.«
    Im Aufzug setzte ich wie befohlen die Sturmhaube auf und warf einen Blick in den Spiegel: Man sah nur meine Augen. Das Atmen fiel mir ein wenig schwer, trotzdem war es gut, dass mein Gesicht verhüllt war. Die Anonymität gab mir Vertrauen.
    Als ich ausstieg, fand ich sieben Männer vor, alle mit Sturmhauben. Keiner sagte ein Wort. Zwei Ford Falcons standen mit offenen Türen bereit, einer grün, der andere cremefarben. Die Männer hatten Gewehre. Sie schenkten mir keine besondere Beachtung, nur der Anführer kam auf mich zu.
    »Sind Sie bewaffnet?«, fragte er.
    Mein Unterkiefer wurde starr. Es war die Stimme von Gutiérrez. Wenn ich den Mund aufmachte, war ich ein toter Mann, oder zumindest musste ich davon ausgehen. Ich öffnete meine Jacke und deutete dezent auf die 38er.
    »Nettes Spielzeug. Aber für das, was wir vorhaben, wird Ihnen das nicht viel nützen.«
    Er drehte sich um und ging zu dem Ford Falcon. Er nahm einen Schlüsselbund aus der Tasche und schloss den Kofferraum auf. Eine funkelnagelneue Itaka flog mir entgegen.
    »Können Sie damit umgehen?«
    Ich nickte.
    »Sie fahren als Beifahrer in Wagen zwei mit. Ich bin in Wagen eins. Hat man Sie über unser Vorhaben unterrichtet?«
    Ich schüttelte den Kopf. Zögern war jetzt nicht angesagt.
    »Gut. Sie werden es schon mitbekommen.« Er sah zur Gruppe und deutete auf die Autos. »Auf geht’s!«, rief er.

35
    Wir fuhren über den Paseo Colón Richtung Retiro. Keiner sagte ein Wort. Niemand wollte wissen, wen er neben sich hatte. Es war acht Uhr. Durch die verdunkelten Scheiben konnte man nicht sehen, dass wir vermummt waren. Wagen eins fuhr gemütlich mit 50 km/h durch die Stadt, und wir folgten ihm mit zwanzig Metern Abstand.
    Wir fuhren die Avenida Libertador Richtung Norden und hielten an der Treppe zur Fakultät für Rechtswissenschaft. Mehr als eine halbe Stunde warteten wir schweigend. Ich versuchte mir ein Bild von meinen anonymen Teamkollegen zu machen. Als eine Gruppe von Studenten die Avenida Libertador überquerte, waren plötzlich alle angespannt. Vier junge Männer und fünf junge Frauen. Sie lachten und schubsten sich. Ein Junge hob sich von den anderen ab. Er war groß, kräftig und durchtrainiert. Ein rauer Bursche, das sah man ihm an. Höchstens zwanzig.
    Als die jungen Leute auf der Höhe der Autos waren, öffneten sich die Türen von Wagen eins. Drei Männer sprangen schreiend mit vorgehaltenen Waffen auf die Straße. Wir taten es ihnen gleich. Die jungen Leute kreischten und warfen sich auf den Boden. Gutiérrez packte den Hünen an den Haaren und verpasste ihm einen Schlag mit dem

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