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Falsches Spiel

Falsches Spiel

Titel: Falsches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariano Hamilton
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uns anzusehen, während er die Geldscheine abzählte und verteilte. »Nächste Woche werdet ihr wieder einbestellt. Ihr wisst ja gar nicht, welchen Dienst ihr dem Vaterland erweist.«
    Der Erste hatte sein Geld und verschwand, und wir alle starrten auf die Uhr an der Wand. Jetzt hieß es warten. Ich war als Dritter an der Reihe. Tudor zwinkerte mir komplizenhaft zu, als er mir mein Geld gab.
    Ich verließ das Büro und streifte die Sturmhaube ab. Ich warf sie zu den anderen, die auf der ersten Treppenstufe lagen. Doch anstatt schnurstracks die Klinik zu verlassen, begab ich mich in den vierten Stock und versteckte mich so, dass ich die Männer sehen konnte, die nach und nach aus Tudors Büro kamen.
    Nummer vier war ein Indio um die fünfundzwanzig. Er hatte den typischen Militärschnitt. Er war bestimmt Gefreiter oder Obergefreiter. Nummer fünf ein Dicker mit langem Haar. Schwer zu sagen, was er für einen Beruf hatte. Nummer sechs war dürr wie eine Bohnenstange und hatte das Gesicht voller kleiner Narben. Bestimmt ein Offizier unteren Ranges. Der siebte war ein Verschnitt von Nummer vier: Ein kleiner Gefreiter, der sich ein paar Pesos dazuverdient.

36
    Ich sah auf meine Armbanduhr: Viertel nach elf. Ich befand mich immer noch im vierten Stock der Klinik auf Beobachtungsposten. Seit über einer Stunde war alles dunkel, und nichts tat sich. Hin und wieder hörte man ein Murmeln aus Tudors Büro. Ich wartete darauf, dass er das Büro verließ oder dass Gutiérrez zu ihm kam. Bevor ich mich vom Acker machte, musste ich unbedingt noch mehr herausfinden. Ich war in den Kern der Organisation vorgedrungen und hatte an einer Ermordung und einer Entführung teilgenommen; ich steckte also bis zum Hals in der Scheiße. Nicht einmal die Tatsache, dass Gutiérrez einen entscheidenden Anteil an der Bluttat hatte, konnte meine Gewissensbisse zum Schweigen bringen. Dieser miese Fettsack wusste genau über alles Bescheid, während ich noch immer im Trüben fischte. Das schlechte Gewissen gewann mehr und mehr die Oberhand.
    Ich war gerade dabei, die Lage zu überdenken, als sich die Bürotür öffnete. Bevor das Licht ausgemacht wurde, sah ich gerade noch, dass Tudor einen Mantel trug. Er ging durch den dunklen Flur zum Dienstbotenaufzug. Bestimmt fuhr er in das zweite Untergeschoss. Ich hechtete über die Treppe hinunter, und als ich unten ankam, strebte Tudor entschlossen auf die Tür zu, hinter der Gutiérrez mit dem entführten Jungen verschwunden war. Er klopfte, und sofort wurde ihm geöffnet.
    In geduckter Haltung pirschte ich mich heran. Ich hörte Stimmen, konnte aber nicht verstehen, was sie sagten. Ich legte das Ohr an die Tür, doch als ich Schritte hörte, versteckte ich mich so schnell ich konnte zwischen einem Siam und einem Falcon. Ich rollte unter den Falcon und hielt den Atem an.
    Tudors Füße bewegten sich genau auf mich zu. Was für ein Pech, warum musste er ausgerechnet das Auto nehmen, unter dem ich lag? Er ließ den Motor an und legte den Gang ein, aber ein Ruf hielt ihn zurück, bevor meine Tarnung aufflog. Jetzt sah ich Gutiérrez’ Füße auf die Fahrerseite zueilen und nutzte die Gelegenheit, mich unter den Siam zu rollen. Der Benzingestank machte mich trunken. Ich hörte nur Gutiérrez’ Stimme.
    »Er hat geredet wie ein Wasserfall … Wir müssen ihn töten … Wir werden ihn in Ezeiza verscharren … Ja, ich weiß, du brauchst mir nichts zu sagen … Du weißt besser als ich, dass er sich zu weit aus dem Fenster gelehnt hat … Keine Sorge, ich kümmere mich darum … In Ordnung … Nein, niemand wird ihn finden … Bis morgen.«
    Tudor fuhr los, und Gutiérrez sah ihm lächelnd nach.
    Dann ging er zu einem Falcon, der dem Tudors genau gegenüber parkte, ließ ihn an und raste davon.
    Ich kroch unter dem Siam hervor, schlich zu der Tür und horchte: nichts. Sie ließ sich problemlos öffnen. Zum Glück waren die Angeln gut geölt. Ich huschte hinein, lehnte mich an die Wand und holte die 38er hervor. Eine Männerstimme ließ mich erstarren.
    »Erhöhe auf zwei.«
    »Erhöhe auf drei«, sagte eine andere Stimme.
    Ein dritter Mann lachte. Jetzt wusste ich zumindest, dass vier Männer dort waren.
    »Akzeptiert«, sagte der, der gerade gelacht hatte.
    Vorsichtig beugte ich mich vor, und da sah ich sie. Es waren fünf Männer. Einer stand und schaute bei der Partie zu. Sie befanden sich in einem kleinen Raum, der von einer Lampe erleuchtet wurde, wie man sie aus den Dick-Tracy-Comics kennt. Das Licht war

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