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Falsches Spiel

Falsches Spiel

Titel: Falsches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariano Hamilton
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ihn an, als hätte sie ein Gemälde von Picasso vor sich, und hing förmlich an seinen Lippen. Normalerweise war ich von verliebten Pärchen immer gerührt, aber in dieser Scheißsituation wurde mir nicht einmal beim Anblick ihrer Lebensfreude ein wenig warm ums Herz.
    Espiños laute Stimme zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Selbst das Pärchen drehte sich um, denn er stellte wieder einmal seine exzellenten Umgangsformen unter Beweis und scheuchte den torkelnden Carlos und seinen Begleiter kurzerhand mit dem Besen hinaus. Dem Kerl bei Andrea war das nicht geheuer, er schob die Hand in die Tasche, als wollte er zahlen und abhauen. Andrea hielt ihn mit einem Kuss auf und machte die ganze Bar heiß, während sie mit der rechten Hand seinen Hosenstall massierte. Sie war gut, die kleine Hure, wenn sie Kohle brauchte. Als sie das Lokal verließen, war klar, dass Andrea einen Freier an Land gezogen hatte. Der Kerl legte einen Schein auf die Theke, packte sie am Arm und zog sie hinaus. Das Pärchen war wieder mit sich selbst beschäftigt.
    Espiño kehrte die Scherben auf, warf sie in den Kübel neben der Tür, stellte den Besen an die Theke und gesellte sich zu mir.
    »Jetzt ist es ruhiger. Willst du mir nun erzählen, was passiert ist?«
    Ich berichtete ihm von Tudors Anruf, von der Entführung und Ermordung des jungen Mannes direkt vor dem Regimiento de Patricios und von meinem Verdacht, dass José Luis und die beiden Mädchen noch lebten. Espiño war bestürzt, blickte auf mein Glas und trank den letzten Rest Wermut.
    »Was hast du jetzt vor?«, fragte er. Das Ganze hatte ihn mehr mitgenommen, als ich vermutet hätte.
    »Ich habe keinen blassen Schimmer«, erwiderte ich.

37
    Die Vorstellung, María beichten zu müssen, was ich erlebt hatte, zog mich noch mehr runter. Und dann musste ich ja auch noch Carla sagen, dass ihr Freund tot war. Ich war vollkommen aufgewühlt, die ganze Geschichte bereitete mir Angst. Ich trank noch einen Wermut und machte mich auf den Weg ins Büro. Ich musste mich bewegen. Der eisige Nachtwind schlug mir ins Gesicht. Ich versuchte, die Gedanken aus meinem Kopf zu vertreiben und wieder zu mir zu kommen, aber es gelang mir nicht. Grausige Bilder schossen mir durchs Hirn: Carlas Gesicht in Parque Leloir, völlig zugedröhnt, und das Lächeln des jungen Mannes, als er mit seinen Freunden vor der Fakultät für Rechtswissenschaft die Straße überquerte, die Augen des entführten Studenten im Falcon, und sein nackter Körper auf dem Marmortisch, Marcelo mit durchgeschnittener Kehle und José Luis, der um Wasser fleht. Und die grinsenden Visagen von Gutiérrez und Tudor. Die Kartenspieler mit riesigen, überdimensionalen Revolvern auf dem Tisch. Alles verschwamm. Es war ein einziger Albtraum.
    Ehe ich es mich versah, hatte ich schon das Büro erreicht. Wie in Trance fuhr ich mit dem Aufzug hinauf, doch plötzlich war ich schlagartig wach. Die Tür war nicht abgeschlossen. Ohne Licht zu machen, schlich ich hinein und zog die 38er aus dem Halfter. Ich wollte keine Nackenschläge und keine bösen Überraschungen mehr erleben. Unter meiner Schlafzimmertür sah ich einen Lichtspalt. Die Nachttischlampe brannte. Ich schlich weiter zur Tür und hielt inne. Langsam drückte ich die Klinke nieder, stieß rückwärts die Tür auf, zielte mit der 38er Richtung Bett und duckte mich. Susana Tudor, die lesend auf dem Bett lag, schrie auf, eine Zeitschrift flog durch die Luft. Auch ich schrie. Ein paar Sekunden starrten wir uns gegenseitig an, dann prusteten wir los.
    »Was machst du denn hier?«, fragte ich, um Fassung ringend.
    Sie wischte sich die Tränen ab und versuchte, den Lachkrampf unter Kontrolle zu bringen.
    »Ich wollte dich sehen.«
    »Du hast mir einen ganz schönen Schrecken eingejagt«, sagte ich ernst.
    »Und du erst, um ein Haar hätte ich einen Herzinfarkt bekommen. Du leidest wirklich unter Verfolgungswahn.«
    Ich hatte keine Lust, ihr zu erklären, warum ich derart neben der Spur war. Ich setzte mich zu ihr auf den Rand des Bettes.
    »Willst du mir etwas sagen?«
    »Ich habe ein paar Unterlagen von meinem Ex-Mann durchgesehen. Als du mir gesagt hast, er würde mit Forrester ins Bett steigen, habe ich gedacht, du spinnst, und ein paar Nachforschungen angestellt.«
    »Und was hast du herausgefunden?«
    Sie übergab mir ein paar Papiere.
    Es handelte sich um maschinengeschriebene Seiten und das Organigramm eines Anti-Terror-Kommandos, wie ich jetzt wusste.
    Am oberen Rand befand sich ein Rechteck,

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