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Falsetto

Falsetto

Titel: Falsetto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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hatte.
    Tonio stand keuchend da, mit dem Rücken zur Wand wie ein in die Enge getriebenes Tier. Mißtrauisch und ungläubig starrte er das Ganze an und versuchte zu verstehen, was er da sah.

    »Wir stehen im Dienste des Kardinals Calvino«, sagte der Mann jetzt zu ihm.
    Raffaeles Männer hatten ihn nicht angegriffen. Sie standen einfach da.
    Tonio war verwirrt. Da begann ihm allmählich zu dämmern, was geschehen war: all diese Männer waren zu seiner Vertei-digung gekommen.
    Er starrte den Toten an.
    Eine Gruppe kleiner Kinder, deren Finger, mit denen sie ihre Kerzenflammen schützten, rot und durchsichtig wirkten, kam herbeigerannt, nur um mit einem Chor erschreckter Ausrufe zurückzufahren.
    »Kommen Sie, Signore, Sie müssen von hier weg!« sagte der Bravo, und Raffaeles Männer nickten. »Es sind vielleicht noch andere da, die Ihnen schaden wollen.« Als sie ihn wegführten, hatte sich gerade ein anderer Bravo über den toten Mann gebeugt und seinen Rock geöffnet.

    8

    Er saß ganz hinten im Zimmer. Kardinal Calvino war weiß vor Zorn.
    Dem Grafen Raffaele di Stefano, den er zu sich gebeten hatte, dankte er überschwenglich dafür, daß seine Männer geholfen hatten, Tonio und Christina zu beschützen, und sie dann zur Contessa geleitet hatten.
    Raffaele war nicht allzu begeistert darüber, daß es den Angrei-fern gelungen war, Tonio so nahe zu kommen.
    Wer aber waren diese Männer? Der Kardinal und Raffaele wandten sich wieder an Tonio, der nur den Kopf schüttelte, um zu sagen, daß er auch nicht mehr wußte als sie.
    Beide Angreifer waren gewöhnliche venezianische Mörder gewesen. Sie besaßen venezianische Pässe und hatten venezianisches Geld bei sich gehabt. Die Bravos des Kardinals hatten einen von ihnen niedergestochen, den anderen hatte Tonio getötet.
    »Wer im Veneto hat Interesse daran, dich umzubringen?«
    wollte Raffaele wissen und hatte dabei seine kleinen schwarzen Augen auf Tonio geheftet. Tonios leerer Gesichtsausdruck machte ihn wahnsinnig.
    Tonio schüttelte abermals den Kopf.
    Daß er es geschafft hatte, nach diesen Ereignissen noch zum Theater zu gehen, sich auf die Bühne zu stellen und zu singen, schien ihm ein Wunder. Daß es ihm darüber hinaus auch noch gelungen war, eine gute Vorstellung zu geben, war das Ergebnis von Routine und Erfahrung gewesen, was er bis zu diesem Zeitpunkt noch nie richtig zu schätzen gewußt hatte.
    Sich in diesem Zimmer aufhalten zu müssen, war für ihn jedoch eine größere Strafe, als auf der erleuchteten Bühne zu stehen, wo er seine Gedanken hatte treiben lassen können.
    Er hatte dabei Heiterkeit empfunden, dieselbe Heiterkeit, die er verspürt hatte, als er Guido vor zwei Tagen seine Seele offengelegt hatte, eine Heiterkeit, die ihn hatte kühl und hart werden lassen und die unter der Schminke und dem Kostüm wunderbar verborgen gewesen war.
    Jetzt zwang er sich dazu, ruhig zu sein, still zu sein. Dennoch konnte er sich nicht zurückhalten, die Wunde an seinem Hals zu betasten und sich dabei zu fragen, wie tief eine solche Schnur einschneiden mußte, bevor sie die Stimme auslöschte, wenn nicht sogar das Leben.
    Und ein Messer hatte man auch an seine Kehle gehalten. Ein Messer, eine Garotte.
    Er sah auf und heftete seinen Blick auf Guido, der dastand und das Ganze beobachtete, als wäre er ebenso verwirrt und entsetzt wie alle anderen.
    Er hatte einen typisch süditalienischen Gesichtsausdruck aufgesetzt, eine undurchdringliche Miene, bei der kein Außenste-hender seine Gedanken lesen konnte.
    Vier Bravos würden Marc Antonio von jetzt an schützen, sagte der Kardinal. Obwohl er immer noch zornig war, unterließ er es taktvollerweise, Raffaele danach zu fragen, warum dessen Männer überhaupt dagewesen waren. Die Bravos des Kardinals hatten sich mit seinen Leuten unterhalten, als würden sie sie kennen und als wäre deren Anwesenheit für sie in keiner Weise überraschend.
    Und was wäre gewesen, wenn niemand von ihnen in der Nähe gewesen wäre? Tonio kniff die Augen zusammen und blickte weg, als Raffaele sich hinunterbeugte, um den Ring des Kardinals zu küssen.
    Guido, der auf der anderen Seite des Zimmers stand, schien, obwohl er so ungerührt dreinblickte, völlig zerbrochen zu sein.
    Es war, als hätte er Tonio ermordet auf der Straße liegen sehen.
    Tonio betastete wieder die Wunde an seinem Hals. Raffaele verließ gerade den Raum. Die Bravos würden nun sogar in den Korridoren des Hauses Wache stehen, genauso wie sich Carlos Bravos damals

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