Fame Junkies
als würde sie gar nichts davon mitbekommen, während ihre Assistentin ihr Handgepäck verstaut und ihren Platz hergerichtet hat. Ich sage nur – eigenes Seidenkissen, Kaschmirdecke, Fiji-Mineralwasser!
Während des Flugs hat die Blackberry-Frau sie angesprochen und ihr gesagt, wie sehr sie sie bewundert. Aber auf so eine ganz schleimige Art. Rachel McEwen hat nicht viel gesagt und nur höflich gelächelt. Sie kam mir vor wie eine Königin, die Audienz gibt!
WILLKOMMEN IN HOLLYWOOD!
In L.A. wurde sie dann von zwei Bodyguards in schwarzen Anzügen mit Sonnenbrille und Headset in Empfang genommen und zu einer weißen Stretchlimousine geführt, aber bevor sie einstieg, hat sie sich noch mal umgeschaut und einen Moment gezögert. Ich glaube, sie war fast ein bisschen enttäuscht, dass niemand kam und ein Autogramm von ihr wollte :–). Auf mich hat bloß ein Honda gewartet. (Hallo? Wo bleibt MEINE Limo?) Der Typ, der mich abgeholt hat, heißt Zach und ist Willows »Mädchen für alles«. L.A. ist genau so, wie man es sich vorstellt: Sonne pur, Palmen und so viel Smog, dass die Augen tränen. Auf den großen Boulevards hängen überall riesige Filmplakate und die Gebäude sind mit den überlebensgroßen Gesichtern von allen möglichen Stars zugepflastert. Und dann Beverly Hills! Du kannst dir nicht vorstellen, was für Prunkvillen da rumstehen. Man sieht keine Leute auf der Straße, nur Gärtner und irgendwelche anderen Bediensteten. Die Häuser liegen alle hinter hohen Mauern und Palmen versteckt.
Und dann hat Zach vor einem schweren Eisentor angehalten, einen Code eingetippt – und mich direkt ins Paradies chauffiert: Willow wohnt in einem richtigen Palast: rosa Stuckfassade, tausend Zimmer, Riesengarten, mit Mosaik ausgelegter Swimmingpool. U-n-g-l-a-u-b-l-i-c-h! Als wir vor dem Haus mit der großen Freitreppe hielten, stand da ein Typ mit Glatze und aufgepumpten Muskeln, der mich anguckte, als wäre ich eine Schwerverbrecherin, und sagte doch glatt zu mir: »Können Sie sich ausweisen?« Schock! Zum Glück hatte ich meinen Schülerausweis mit. Er nickte, zeigte auf meine Tasche und fragte: »Kann ich da mal einen Blick reinwerfen?«
Nette Begrüßung, was?
Aber ansonsten kann ich mich wahrlich nicht beklagen. Ich darf im Gästehaus wohnen. Hurra!! Ich hab ein ganzes Haus nur für mich. Schlafzimmer mit Himmelbett, Wohnzimmer mit Flachbildfernseher und in der Küche ein Monster von Edelstahlkühlschrank, der von oben bis unten mit Köstlichkeiten gefüllt ist.
So mein Schatz, jetzt muss ich leider Schluss machen und mich den anderen mal vorstellen, aber ich schreib dir später noch mal. Versprochen.
Und du meldest dich auch bald bei mir, ja? Ich weiß gerade gar nicht, wie es dir geht und was du so machst. Dabei vermisse ich dich doch jetzt schon.
Tausend Küsse,
J
JAMIE
Juni, 10. Klasse – NYC
Du wirst in dein Zimmer gehen, die Tür hinter dir abschließen und Musik anmachen. Wahrscheinlich irgendetwas Ruhiges, Trauriges. Eine einzelne Singstimme, nur von Klavier oder Gitarre begleitet. Du wirst dich aufs Bett setzen, der Musik lauschen und den Karton eine ganze Weile lang erst einmal nur anschauen. Das Zimmer wird nur von der kleinen Nachttischlampe erhellt sein und sich anfühlen wie eine Höhle, ein Ort, an dem du sicher bist. Trotzdem wirst du Angst haben, den Karton zu öffnen und hineinzusehen. Angst vor dem, was du gleich über die letzten Monate im Leben deines besten Freundes erfahren wirst. Angst davor, dich mitschuldig zu fühlen.
Nachdem du eine Weile gezögert hast, wirst du vorsichtig den Deckel anheben und erleichtert sein, dass du nicht gleich als Erstes ein Foto von Avy siehst, das ihn so zeigt, wie er gegen Ende seines Lebens aussah.
Auf einem Stapel von Unterlagen wird ein Memorystick liegen, der an einer grün-gelben Kordel hängt. Wenn du ihn in dein MacBook steckst und den Ordner anklickst, wirst du feststellen, dass er nur eine einzige Datei enthält. Ein Video. Der Gedanke, es abzuspielen, wird leise Panik in dir auslösen. Deine Finger werden zittern und dein Herz wird hart gegen die Rippen hämmern. Was ist, wenn auf diesem Clip etwas zu sehen ist, was du gar nicht sehen willst?
Das Fenster mit dem Video wird sich öffnen, aber im ersten Moment wirst du nur verschwommene Farben sehen und nichts erkennen. Dann begreifst du: Da steht jemand sehr dicht vor der Kamera und bewegt sich. Als derjenige ein paar Schritte rückwärtsgeht, wirst du erkennen, dass es Avy ist. Im Hintergrund
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