Fame Junkies
den Hals hängen hatte, kam zu uns rübergeschlendert und machte schnell eine Serie von Aufnahmen von Davy und mir.
Davy schaute entgeistert. »Was soll das denn?«
»Hast du etwa nicht den Artikel in der New York Weekly gesehen?« Lynn zeigte auf mich. »Die Kleine ist berühmt. Sie ist New Yorks jüngste Paparazza. Vielleicht kann ich die Aufnahmen noch mal zu Geld machen.«
Sie ging davon und stellte sich wieder zu den anderen, die auf dem Gehsteig darauf warteten, dass Naomi sich zeigte. Es war ein seltsam befriedigendes Gefühl, auf der anderen Seite der Kamera zu stehen und selbst fotografiert zu werden – ein Beweis dafür, dass meine fünfzehn Minuten noch nicht vorbei waren.
»Na, wie fühlt man sich so, wenn man berühmt ist?«, fragte Davy mit einem Zwinkern. Natürlich wusste ich, dass er mich auf den Arm nehmen wollte, aber ich konnte nicht verhindern, dass die Vorstellung, ich könnte tatsächlich berühmt sein, ein angenehmes Kribbeln in mir auslöste. So als hätte ich mich, ohne es zu wissen, ein Leben lang danach gesehnt. »Jedenfalls besser, als wenn man nicht berühmt ist«, antwortete ich.
»Okay. Und wie geht’s jetzt weiter?«
Die Frage erwischte mich völlig unvorbereitet. »Wie bitte?«
»Dein nächster Schritt«, sagte Davy. »Ich meine, du wirst den Ball doch wohl nicht so schnell wieder abgeben, oder? Die Leute kennen dich jetzt. Da ist was ins Rollen gekommen, aber du musst deine Chance auch nutzen und was daraus machen. Viel Zeit bleibt dir nicht. In ein, zwei Monaten werden sie dich nämlich wieder vergessen haben und dann tauchst du wieder in die Bedeutungslosigkeit ab.«
Davy hatte etwas angesprochen, worüber ich mir bis zu diesem Zeitpunkt keine Gedanken gemacht hatte. Die Vorstellung, berühmt zu sein, war noch zu neu, um jetzt schon darüber nachzudenken, dass es damit irgendwann zwangsläufig auch wieder vorbei sein würde. »Sobald ich es weiß, geb ich dir Bescheid.«
»Hier, guck mal.« Davy zog die aktuelle Ausgabe von Teen Scene aus der Tasche – eine Art Billig- Cosmopolitan für Zwölfjährige – und zeigte mir das Foto eines bildschönen Mädchens mit glatten, weißblonden Haaren. »Das ist die Zukunft.«
Ich las die Überschrift. »Alicia Howard?«
»Meine elfjährige Nichte hat ihr ganzes Zimmer mit Postern von ihr tapeziert«, erzählte Davy. »Sie ist die nächste Willow Twine.«
»Lass das bloß nicht Willow hören«, witzelte ich.
Davy schüttelte den Kopf. »Glaub mir, Willow ist auf dem absteigenden Ast. Wenn eine wie sie anfängt, mit jemandem wie diesem Dobro abzuhängen, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sie weg vom Fenster ist.«
»Woher willst du das so genau wissen? Vielleicht läuft es bei ihr anders.«
Davy sah mich mitleidig an. »Sorry, Kleine, aber in dem Business kenne ich mich besser aus. Sie verlieren ihre mädchenhafte Unschuld und das war’s. Der gläserne Schuh passt nicht mehr.«
Plötzlich ertönte das Klicken von Auslösern und wir fuhren hastig herum. Marco kam uns entgegen. Er trug eine enge schwarze Lederhose und hatte sich die Haare wie üblich zum Pferdeschwanz gebunden. Durch seine Größe und seine weit ausholenden Schritte fiel es den Paparazzi schwer, auf seiner Höhe zu bleiben und gleichzeitig Fotos zu schießen.
»Hey, Marco!«
»Guck mal hierher, Marco! Nur ein Foto!«
»Ist Naomi schwanger?«
»Wann ist es so weit?«
»Das ging aber ein bisschen schnell, was?«
»Wird es ein Junge oder ein Mädchen, Marco?«
Der Starfriseur ging einfach weiter, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Das war einerseits das Klügste, was er tun konnte, andererseits stachelte er die aggressiveren Paparazzi damit noch mehr an.
»Freust du dich, bald Vater zu werden?«
»Werdet ihr heiraten?«
»Oder schießt du sie ab, sobald sie fett wird?«
»Hey, Marco, bist du sicher, dass es überhaupt deins ist?«
Autsch, das saß!
In diesem Moment machte Marco gleich zwei der schlimmsten Fehler, die man machen kann, wenn man von Paparazzi verfolgt wird.
1.) Er blieb stehen – und 2.) er reagierte.
Wenn man erst einmal stehen bleibt, wird man sofort umzingelt. Die Paparazzi stehen Schulter an Schulter und bilden eine undurchdringliche Mauer, an der man unmöglich vorbeikommt. Und warum es ein unverzeihlicher Fehler ist zu reagieren, muss ich euch wohl nicht sagen. Werft mal einen Blick in ein Promimagazin, dann wisst ihr, was ich meine.
Marco fing an, die Paparazzi auf Englisch und auf Italienisch zu beschimpfen und das
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