Fame Junkies
abermals unter Beweis gestellt, dass sie zu den ganz Großen ihrer Zunft gehört! Eine Aufnahme des fünfzehnjährigen Wunderkinds, das gerade vor drei Wochen in einem mehrseitigen Artikel in der New York Weekly porträtiert worden war, hat es diese Woche sogar auf das Cover der People geschafft. Jamie Gordon gelang es als einziger Bildreporterin in ganz New York ein Foto zu schießen, das ohne jeden Zweifel belegt, dass die Schauspielerin Naomi Fine (bekannt aus der erfolgreichen TV-Serie »Single and Loose«) bald Mutter wird.
»Erst das Foto von Tatiana Frazee, wie sie ihrem Sohn eine Ohrfeige gibt«, staunt der Redakteur eines bekannten Boulevardmagazins, »und jetzt dieser Sensationsschuss von Naomi Fine. Unglaublich. Hier haben wir es ganz offensichtlich mit einem echten Profi zu tun.«
Es gibt allerdings auch skeptische Stimmen, die wohl nicht ganz frei von Neid sind. »Ich bin nicht beeindruckt«, sagt zum Beispiel ein älterer Paparazzo. »Es gibt ja Leute, die sagen, diesmal hätte Jamie bewiesen, dass sie ihr Handwerk wirklich beherrscht. Aber mir muss dieses Küken erst noch beweisen, dass sie es wirklich draufhat und nicht bloß zweimal unverschämtes Glück hatte.«
Neben dem Artikel war ein Foto des People- Covers abgedruckt und eines der Bilder, die Lyn an dem Tag von mir gemacht hatte, als Marco vor Naomi Fines Haus so ausgerastet war.
Avy behielt Recht: Das war erst der Anfang. Die Story wurde von der Presse aufgegriffen, und ein paar Wochen später wusste ich, was »noch berühmter« bedeutete. Ich wurde fotografiert, interviewt und von Fernsehteams begleitet, die mich in der Schule und bei der Arbeit filmten. Einmal – wir lagen gerade vor einem Restaurant auf der Lauer – kam Seth Rogen heraus und machte sich einen Spaß daraus, auf mich zuzugehen und mich um ein Autogramm zu bitten!
Mein Vater flog mit mir nach L.A., wo ich Gast in der »Tonight Show« war. Und obwohl ich auf dem Rückflug wegen der Zeitverschiebung kaum geschlafen hatte, ließ ich mich am nächsten Morgen von Dad direkt vom Flughafen in die Schule fahren. In meinen Adern pulsierte so viel Adrenalin, dass ich hellwach war. Außerdem wollte ich meiner Mutter keinen Grund geben, sich aufzuregen, indem ich noch mehr Unterricht verpasste – und natürlich war ich auch sehr gespannt auf die Reaktionen meiner Mitschüler.
Immerhin war ich, dank der Fernsehauftritte und der vielen Artikel, wahrscheinlich gerade die bekannteste Fünfzehnjährige New Yorks.
Vielleicht ganz Amerikas.
Wenn nicht sogar der Welt.
Im Laufe des Schultags machte sich die Erschöpfung dann allerdings doch bemerkbar und ich konnte mich kaum noch auf den Beinen halten, als ich mich nach dem Unterricht mit meinem schweren Rollkoffer auf den Heimweg machte. Zu Hause angekommen, ließ ich den Koffer einfach in der Diele stehen und ging in die Küche. Mom saß am Küchentisch, starrte in einen dampfenden Becher Tee, den sie mit beiden Händen umfasst hielt, und sah schrecklich blass aus.
»Was ist passiert?«, fragte ich erschrocken.
Sie sah mit rot geränderten Augen zu mir auf. »Alex hatte einen Anfall, als Elena mit ihm spazieren war. Zum Glück waren die beiden nicht weit vom St Vincent Hospital entfernt.«
»Und jetzt? Wie geht es ihm?«
»Besser. Es war Gott sei Dank nicht so schlimm, wie ich zuerst gedacht hatte. Wir sind vor einer halben Stunde nach Hause gekommen. Er liegt jetzt im Bett und schläft hoffentlich. War ganz schön viel für ihn. Ich hatte solche Angst, als der Anruf kam. Ich musste meine ganzen Nachmittagstermine streichen und bin sofort ins Krankenhaus gefahren. Zum Glück wissen meine Patienten von Alex’ Zustand und die meisten hatten Verständnis. Trotzdem gibt es immer auch ein paar, die sich nicht auf einen neuen Termin vertrösten lassen, und ich verliere jedes Mal Patienten, wenn so etwas passiert. Manchma l …« Ihre Stimme brach. »Manchmal weiß ich einfach nicht mehr, wie ich das alles schaffen soll.«
Sie stützte den Kopf in die Hände und begann leise zu schluchzen. Ihre Schultern bebten. Sie weinte nicht nur, weil sie erschöpft war und Angst hatte, sie weinte, weil alles so ungerecht war.
»Könnte Dad dich nicht ein bisschen mehr entlasten?«, fragte ich hilflos. »Vielleicht kann Alex ja ein paar Tage pro Woche bei ihm wohnen?«
»Ach, Jamie.« Mom wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. »Wie soll das denn gehen? Alex braucht eine behindertengerechte Umgebung. Die Krankenversicherung zahlt uns
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