Familie Zombie
zahlreichen Stimmen zu bestehen, die in meine Ohren wisperten und mir erklärten, dass ich in der Heimat willkommen sei, obwohl ich meine Heimat in London wusste.
Aber meine Eltern waren Schotten gewesen, und der Name Sinclair selbst stammte aus Frankreich, wo es heute noch die St. Clairs gab. In früheren Jahrhunderten waren sie ausgewandert oder auch geflohen und hatten in Schottland einen Clan gegründet. So findet man noch heute hoch im Norden und an der Ostküste das Sinclair Castle. Ebenso eine Ruine wie dieses Haus, und wenn ich an das Sinclair Castle dachte, verband ich dabei nicht eben angenehme Erinnerungen.
Nachdem ich die Runde gedreht hatte, setzte ich mich wieder in meinen Leihwagen und fuhr langsam die Straße hinab. Ich hatte mir noch ein zweites Ziel vorgenommen. Das war der Friedhof, auf dem meine Eltern lagen.
Sie hatten jetzt ihre Ruhe gefunden, aber das war leider nicht immer so gewesen.
Alles lag in Lauder nah beisammen. Ich hatte auch den Weg rasch hinter mich gebracht, hielt vor dem Friedhof an und versuchte, den Erinnerungen zu entgehen, die mich zwangsläufig überfallen hatten.
Den Weg zum Doppelgrab fand ich schnell. Es kam mir vor, als wäre es erst gestern gewesen, als meine Eltern beerdigt worden waren. Je näher ich dem Grab kam, umso schleppender wurden meine Schritte. Die Lippen hielt ich fest zusammengepresst. Es war hier auf dem Friedhof nicht so windig. Die Mauer hielt einiges ab. Gegen sie war auch mein Vater kurz vor seinem Tod gefahren.
Auf einem anderen Weg ging eine ältere Grabbesucherin, die einen Blumenstrauß bei sich hatte. Zwischen den hohen Grabsteinen war sie sehr bald aus meinem Blickfeld verschwunden.
Dann stand ich vor dem Grab!
Ja, es sah gut aus. Der von mir engagierte Gärtner hatte sehr gut für die Grabpflege gesorgt. Auf dem Grab lagen Tannenzweige, um die Kälte nicht zu stark in den Boden dringen zu lassen.
Jemand hatte sogar einen Blumenstrauß in die Vase in der Mitte gesteckt. Ich sah auch ein kleines viereckiges Gehäuse, in dem eine Kerze brannte.
Horace F. Sinclair und Mary Sinclair!
Ich las die beiden Namen und flüsterte sie sogar vor mich hin. Verdammt sie hätten nicht zu sterben brauchen. Sie waren noch viel zu jung gewesen, um eine Beute des Sensenmanns zu werden.
Ich faltete meine Hände und stand wie eine Statue vor dem Grab. Fremde Geräusche hörte ich nicht, und an die Musik des Windes in meinen Ohren hatte ich mich gewöhnt.
Was war nach dem Tod mit ihnen geschehen? Was geschah überhaupt mit einem Menschen, der starb?
Ich wusste es nicht. Die Experten wussten es nicht, denn aus dem richtigen Jenseits war noch niemand zurückgekehrt. Natürlich gab es zahlreiche Zwischenwelten, die auch mir nicht fremd waren. Ich kannte die Dimensionen, in denen die Engel lebten, aber auch welche, deren Bewohner zu den verfluchten Dämonen zählten.
Viel war mir nicht mehr fremd. Mir kam in den Sinn, dass ich bisher überlebt hatte, und fragte mich, ob ich das wirklich einem gütigen Schicksal verdankte.
Von außerhalb des Friedhofs hörte ich den Klang einer Autohupe. Das Geräusch erschien mir so fremd, denn es passte nicht in diese friedliche Stille hinein.
Aber es riss mich aus meinen Gedanken.
Tief atmete ich durch.
»Okay denn«, flüsterte ich über das Grab meiner Eltern hinweg. »Ich glaube daran, dass ihr wirklich die ewige Ruhe gefunden habt. Entschuldigt, dass ich nicht öfter kommen konnte. Vater wird das verstehen, aber ich kenne dich ja, Mutter...«
Mein Lächeln wirkte verloren. Ich musste mir die Kehle freiräuspern, dann sprach ich weiter. »Aber ich habe nicht vergessen, an euch zu denken. Ich glaube auch, dass Zeiten kommen werden, in denen ich nicht so ausgelastet bin, aber mit der Rückkehr des Schwarzen Tods hat sich wieder vieles verändert. Bis zum nächsten Mal dann. Vor meiner Heimreise komme ich noch mal vorbei.«
Ich hob die Hand zum Gruß, atmete tief durch und wollte mich von den Gedanken der Vergangenheit befreien.
In diesem Moment erreichte mich der schrille Angstschrei einer Frau!
Sofort schrillten in meinem Kopf die Alarmsirenen. Ich dachte an die ältere Frau, die ich gesehen hatte, und auch daran, dass auf den Friedhöfen gerade ältere Menschen immer wieder überfallen wurden. Ich bezweifelte, dass Lauder hier eine große Ausnahme machte, auch hier wohnten nicht nur menschliche Engel.
Ich stellte mir noch mal vor, wo ich die Frau hergehen gesehen hatte. Praktisch an der Rückseite des Grabs
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