Familien Saga Bd. 3 - Zauber der Savanne
Medikament zu bringen.
Früh am folgenden Morgen machte sie sich deshalb auf den Weg, die Sippe zu suchen. Sie nahm den Bakkie und holperte an Epongo vorbei durch die Savanne in Richtung des Mankettibaums, unter dem Nakeshis Sippe sich so gerne aufhielt. Jella genoss die Fahrt durch die Wildnis. Nirgendwo sonst fühlte sie sich so frei und kraftvoll. Der frische Fahrtwind strich ihr angenehm durch das Gesicht, und sie freute sich darauf, ihre Freundin nach so langer Zeit einmal wiederzusehen. Hier draußen in der Natur empfand Jella eine Ruhe, die ihr im hektischen Alltagsleben auf der Farm oft fehlte. Das Leben auf Owitambe begann sich immer schneller zu ändern. Obwohl die Farm recht einsam lag, zog auch dort der Fortschritt ein. Sie hatten Traktoren und Pumpen angeschafft, die zwar vieles einfacher machten, aber auch mehr Arbeit brachten, weil sie gewartet werden mussten und die Arbeit an sich verdoppelten. Fritz war nun sogar dabei, eine Telefonleitung zu der Farm verlegen zu lassen. Was für ein Fortschritt! Schwärmerisch hatte er ihr berichtet, dass in nicht allzu ferner Zukunft Telefongespräche in alle Welt möglich sein würden. Bei aller Wehmut, die sie befiel, wenn sie an Rickys Zukunft dachte, würden sie immerhin eines Tages vielleicht die Möglichkeit haben, mit ihr im fernen Deutschland zu telefonieren. So konnte sie wenigstens hören, wie es ihr ging! Auch wenn Fritz sich noch widerspenstig zeigte, war Jella überzeugt davon, dass er über kurz oder lang doch klein beigeben und ihre gemeinsame Tochter ziehen lassen würde. Sie jedenfalls war für sich längst zu dem schmerzhaften Entschluss gekommen, dass es für Ricky womöglich das Beste war. Ließ sie sie nicht ziehen, so würde sie immer den Vorwurf zu hören bekommen, sie hätte sie daran gehindert, ihr eigenes Leben zu leben. Jella war nur froh, dass dieser Valentin Reuter ein ganz anständiger junger Mann zu sein schien. Sonja versicherte, dass er einen durchaus sympathischen Eindruck gemacht hatte. Hatte Ricky ihr nicht versichert, dass er sich ihr gegenüber wie ein Bruder verhielt? Umso besser, dann musste sie schon mal nicht um die Ehre ihrer Tochter fürchten.
So in Gedanken versunken übersah Jella einen größeren Ast auf dem holprigen Pad. Sie riss das Lenkrad erst im letzten Augenblick herum und geriet für einen kurzen Augenblick ins Schleudern, bevor sie den Wagen wieder in den Griff bekam. Jella stoppte den Bakkie abrupt. Ein lautes » Autsch« von der Ladefläche ließ sie aufmerken, und sie drehte sich rasch um. Unter der Abdeckplane, wo sie ihr Kochgeschirr, den Schlafsack und einige Vorräte verstaut hatte, regte sich etwas. Ein rotblonder Wuschelkopf tauchte aus dem Gewirr auf und rieb sich mit einem fast beleidigt wirkenden Ausdruck seine Stirn.
» Was machst du denn hier?«, fragte Jella überrascht. » Du solltest auf Owitambe sein. Deine Mama und dein Papa werden sich schreckliche Sorgen machen.«
Sie spürte, wie sie ärgerlich wurde. Das eigenmächtige Handeln ihres ungezogenen Neffen würde neue Scherereien bringen.
Doch Benjamin strahlte seine Tante mit seinen leuchtend blauen Augen an. » Ich wollte aber mit zu den Buschmännern!«, meinte er selbstbewusst. » Du hast mir schon lange einmal versprochen, mich dorthin mitzunehmen. Außerdem werden Mama und Papa mich gar nicht vermissen. Sie schlafen ja dauernd und haben überhaupt keine Zeit für mich!«
Jella zog wider Willen amüsiert eine Augenbraue hoch.
» So?« Ihr war auch schon aufgefallen, dass Benjamins Eltern unziemlich viel Zeit in ihrem kleinen Häuschen verbrachten. Allerdings hatte sie, im Gegensatz zu ihrem Neffen, eine eindeutige Erklärung dafür. Die beiden holten nur das nach, was sie in den letzten Jahren hatten entbehren müssen. Jella würde es nicht wundern, wenn Benni bald noch ein Geschwisterchen bekäme.
» Du nimmst mich doch jetzt mit zu den Buschmännern«, fragte Benjamin besorgt.
» Was glaubst du, was dann deine Eltern sagen würden?«, tadelte ihn Jella streng. » Du kannst doch nicht einfach davonlaufen! Sie werden sich schrecklich sorgen, wenn du plötzlich nicht mehr zu Hause bist. Alle Welt wird dich suchen.«
» Oh«, meinte er zerknirscht. Daran hatte er natürlich nicht gedacht. » Heißt das, dass wir jetzt wieder zurück zur Farm fahren?«
Jella dachte nach. Wenn sie noch einmal zurück nach Owitambe fuhr, würde sie erst am nächsten Morgen wieder aufbrechen können und hätte einen ganzen Tag verloren. Aber wenn
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