Familien Saga Bd. 3 - Zauber der Savanne
inmitten der Blumen eine kleine perlmuttfarbene Schachtel, die einen Ring mit einem großen blauen Saphir enthielt, der von zwölf strahlenden Diamanten eingefasst wurde. Ricky hielt die Luft an. Der Ring musste ein Vermögen wert sein. Wieder war keine Karte bei den Blumen, aber in die Innenseite des Goldringes waren vier Buchstaben eingraviert: R. H. & B. S. Was sollte das bedeuten? Für gewöhnlich waren es nur Verlobungsringe, die man in dieser Weise gravieren ließ. Die ersten beiden Buchstaben bezogen sich mit größter Wahrscheinlichkeit auf ihre Initialen, Riccarda van Houten. Die anderen beiden wiesen auf den Auftraggeber hin. Trotz intensivem Nachdenken fiel ihr beim besten Willen kein Mann mit diesen Anfangsbuchstaben ein. Befremdet steckte sie den Ring zurück in die Schachtel. Was war das nur für ein Spiel? Sie beschloss, Valentin davon zu erzählen, aber dann fiel ihr ein, dass er ja für ein paar Tage nach Dresden gereist war, um dort als Ersatzdirigent für einen erkrankten Kollegen einzuspringen.
Am darauffolgenden Abend begab sie sich lange vor ihrem Auftritt hinter die Bühne und betrachtete vom Vorhang aus neugierig das Publikum. Sie zweifelte keinen Augenblick daran, dass ihr Verehrer irgendwo dort unten saß. Durch die Beleuchtung auf der Bühne war die Sicht aufs Publikum allerdings schlecht. Dennoch suchte sie Reihe für Reihe mit einem Opernglas ab. Die meisten Herren waren in Damenbegleitung und schieden von vornherein aus. Aber auch von den anderen machte keiner den Eindruck eines schwärmerischen Verehrers. An diesem Abend kamen keine Blumen. Und auch nach den folgenden Auftritten blieben sie aus. Ricky war einerseits erleichtert, aber andererseits auch etwas enttäuscht. Das Spiel, das der unbekannte Verehrer mit ihr getrieben hatte, hatte sie neugierig gemacht. Und jetzt sollte es einfach so vorbei sein? Sie betrachtete die Blumen in ihrer Garderobe mit leichtem Bedauern, als sie allmählich verblühten. Den Ring nahm sie mit nach Hause. Ursprünglich wollte sie ihn Valentin zeigen, aber dann ließ sie es doch sein. Er war immer so vernünftig und würde ihr nur raten, ihn im Pfandhaus zu Geld zu machen. Aber das brachte sie nun doch nicht übers Herz.
*
Nach zwei Wochen hatte sie die Blumenepisode fast völlig vergessen, zumal die erste Vorstellung mit der neuen Nummer anstand. Sie war mächtig aufgeregt, denn ihr war von Anfang an klar gewesen, dass sie sich mit solch einer politischen Satire nicht nur Freunde machen würden. Doch Claire, die eine der Proben gesehen hatte, war begeistert von der Nummer und sprach ihr Mut zu.
Schon während sie das Couplet vortrug, spürte sie die geteilte Spannung im Publikum. Es gab herzliches Gelächter, aber auch vereinzelte Buhrufe. Sie war darauf vorbereitet gewesen und ließ sich nicht verunsichern. Als ein Statist, verkleidet als Mitglied der Sturmabteilung, sie schließlich an dem Drehschlüssel auf ihrem Rücken aufzog und sie mit stapfenden Schritten sinnlos im Kreis marschierte, lachten viele im Publikum und klatschten Applaus, aber es gab auch einige, die unter Protesten und lauten Buhrufen das Theater verließen. Am nächsten Tag hatte sie zum ersten Mal eine Schlagzeile in einer der Boulevardzeitungen.
Neuer Wind im Folies-Caprice!
Ein erfrischend frecher Stern strahlt am Berliner Kabarett-Himmel. Die Kabarettistin und Künstlerin Ricky Ticky nimmt selbst in politischen Dingen kein Blatt vor den Mund. Gnadenlos und bissig führte sie in ihrer gestrigen Vorstellung ihrem Publikum die Lächerlichkeit militärischer Aufmärsche vor Augen. Die Anspielung auf die inzwischen verbotene, aber durchaus immer noch präsente Sturmabteilung der Nationalsozialisten war kaum verkennbar. Als fremdgesteuerte Aufziehpuppen mussten sie in einer Puddingschüssel marschieren. Die junge Künstlerin versteht es auf ebenso freche wie charmante Weise, der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten. Nicht zur Freude aller, wie man gestern sehen konnte!
Der Artikel löste eine Flut von Reaktionen aus, die Ricky völlig überrumpelten, wie ein Lichtschalter, der plötzlich angeknipst worden war. Mit einem Mal stand sie im Mittelpunkt des Berliner Theatergeschehens. Jeder wollte die freche Ricky Ticky sehen und sich über ihre Soldatenparodie amüsieren oder auch aufregen. Der Große Weltkrieg war allen noch in schrecklicher Erinnerung. Allerdings gab es über seinen Ausgang ebenso wie über Rickys Parodie geteilte Meinungen. Die einen waren froh, den Krieg
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