Familien Saga Bd. 3 - Zauber der Savanne
Tanzmusik zu spielen, traf noch ein letzter Gast ein. Es handelte sich um eine Inderin von vielleicht fünfunddreißig Jahren. Ricky erkannte an ihrem Gang, dass es eine von Mukeshs Schwestern sein musste. Sie steuerte zielsicher quer durch die Halle direkt auf ihren Bruder zu, der mit dem Rücken zu ihr stand und sie erst bemerkte, als sie direkt hinter ihm stand. Überrascht wandte er sich ihr zu. Ricky, die sich mit den englischen Offizieren unterhalten hatte, verabschiedete sich und eilte ebenfalls zu ihnen.
» Sujata! Ich hatte schon gar nicht mehr mit dir gerechnet«, meinte Mukesh gerade etwas steif. Offensichtlich schien er sich über ihre Ankunft nicht besonders zu freuen. » Ist Samira etwa auch da?« Er sah sich um, konnte jedoch keine weitere Person entdecken.
» Sie lässt sich entschuldigen«, meinte Sujata knapp. Während sie sprach, sah sie nicht ihren Bruder, sondern Ricky herausfordernd an. » Willst du mich nicht vorstellen?« Ihre dunklen, wachen Augen musterten sie prüfend. Bevor er etwas sagen konnte, nahm Ricky die Vorstellung selbst in die Hand.
» Ich bin Riccarda. Es freut mich sehr, dass Sie uns heute Abend beehren!« Sie streckte Sujata ihre Hand hin, was diese jedoch geflissentlich übersah. Peinlich berührt ließ Ricky ihren Arm wieder sinken. Sujata lächelte belehrend, legte ihre Hände aneinander und begrüßte sie ihrerseits mit einem förmlichen » Namaste«. Ricky spürte, wie sie rot wurde. Sie verstand sofort, dass Sujata Wert auf indische Tradition legte. » Verzeihung«, murmelte sie rasch, » ich wollte nicht unhöflich sein.« Sie verbeugte sich nun ebenfalls zu einem » Namaste«.
Sujata quittierte es mit einem heiseren Lachen. » Deine kleine Freundin lernt schnell«, meinte sie mit einem spöttischen Zwinkern. Sie war eine überraschend moderne Frau mit kurz geschnittenen Haaren und nach westlicher Art geschminktem Gesicht. Ihr traditioneller waldgrüner Sari wirkte dagegen fast wie ein Widerspruch.
» Muss das sein?«, fragte Mukesh gereizt. » Es war nicht sehr freundlich von dir, Riccarda in aller Öffentlichkeit zu düpieren.« Er empfand offensichtlich Sujatas Verhalten als Provokation.
Ricky spürte förmlich, wie ihm die Anwesenheit seiner Schwester ein Dorn im Auge war. Er schien sie beinahe zu fürchten.
» Ich freue mich jedenfalls sehr, dass wir uns endlich kennenlernen«, versuchte sie erneut die Situation zu überspielen. Sie wollte auf keinen Fall, dass die beiden ihretwegen anfingen zu streiten. Sujata musterte sie erneut. Dann blieb ihr Blick an ihrem Collier hängen, und Ricky registrierte, wie sie Mukesh deswegen einen verächtlichen Blick zuwarf. Sie fühlte, wie sie erneut rot zu werden begann.
» Ich muss gestehen, dass ich auch sehr neugierig war«, gab Sujata schließlich unumwunden zu. » Ihre Ankunft hier hat …« Sie sah Mukesh kurz an, der ihrem Blick jedoch dieses Mal auswich. » … nun ja, für einigen Wirbel gesorgt.«
» Das tut mir leid«, meinte Ricky mit fester Stimme. Sie hatte sich in der Zwischenzeit wieder gefangen und beschlossen, Sujata die Stirn zu bieten. Sie wollte sich von ihr auf keinen Fall unterkriegen lassen. » Ich hoffe, ich kann Sie diesbezüglich etwas beruhigen.«
Sujata reagierte erneut mit einem heiseren, diesmal amüsiert klingenden Lachen. Sie war älter als Mukesh und hatte ein ernstes, aber durchaus sympathisches Gesicht, wie Ricky fand. Ihre braunen Augen erfassten intelligent und aufmerksam ihre Umgebung.
» Möchtest du, dass ich dich den anderen Gästen vorstelle?«, mischte sich nun Mukesh wieder ein. Er nahm Sujata am Arm und versuchte sie von Ricky wegzulotsen. Doch seine Schwester stieß ihn ungeduldig zurück. » Was interessieren mich die anderen?«, meinte sie herablassend. » Ich bin schließlich nur wegen Riccarda gekommen. Wollen Sie mir ein wenig Gesellschaft leisten?« Ohne ihren Bruder weiter zu beachten, hakte sie sich bei Ricky unter. Zielsicher steuerte sie auf eine Sitzgruppe etwas abseits von den anderen zu. Ricky drehte sich Hilfe suchend nach Mukesh um, doch der zuckte nur verstimmt mit den Schultern. Sobald sie sich gesetzt hatten, ließ Sujata ihre Herablassung fallen und wandte sich ihr überraschend offen zu.
» Bitte verzeihen Sie, falls ich Sie kompromittiert habe«, meinte sie. » Aber mir lag daran, dass wir uns allein unterhalten können.« Sie drückte sich in fehlerfreiem Oxfordenglisch aus. Ricky hob herausfordernd die Augenbraue. » Wollen Sie mich jetzt einem
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