Familien Saga Bd. 3 - Zauber der Savanne
genommen hatte. Sie war etwas Besonderes, das er sich möglichst lange bewahren wollte.
Das Hereromädchen stand vor seinem Bett und zog sich ohne Aufforderung ihr einfaches Baumwollkleid über den Kopf. Als sie nackt vor ihm stand, sah sie ihn erwartungsvoll an. Sie wartete darauf, dass er ihr weitere Anweisungen gab.
Baltkorn spürte seine Erregung, als er ihren fast noch knabenhaften Körper mit den gerade erst sprießenden Brustknospen begutachtete, und winkte sie zu sich. Nun, für diesen Abend würde er sich eben mit diesem dunkelhäutigen Mädchen begnügen.
*
» Das gibt es doch nicht!« Fassungslos stand Jella in der Tür und betrachtete die Ansammlung von Menschen. Die in Tränen aufgelöste Sonja stand inmitten des Raumes und umarmte einen völlig aufgelösten Jungen, der sein Gesicht in ihren Rockschößen vergrub. Erst auf den zweiten Blick erkannte sie, dass es Benjamin war.
» Er lebt!«, begrüßte Sonja sie vor lauter Glück schluchzend. Neben ihr stand eine zufrieden lächelnde Nakeshi, ihr etwas verlegen wirkender Sohn Debe und eine fremde Buschmannfrau, die sie noch nie gesehen hatte. Jella hielt nun nichts mehr. Mit einem glücklichen Seufzer schritt sie auf Sonja zu und umarmte sie mitsamt ihrem Sohn. Benjamin ließ den Rock seiner Mutter los und begrüßte nun auch seine Tante. Er war groß geworden und irgendwie auch reifer. Nun spürte auch Jella, wie ihr die Tränen über das Gesicht liefen und sie die Fassung verlor. Es war, als wäre ein lange aufgestauter Damm gebrochen, dessen Wasser nun endlich wieder fruchtbares Land flutete. Nachdem sich alle wieder einigermaßen beruhigt hatten, erfuhren sie endlich Benjamins Geschichte.
*
Am Morgen des Prozesstags hatte Raffael das Gefühl, als wolle ihn der strahlend blaue Himmel über der Stadt verhöhnen. Es war einer jener selten klaren Tage, an denen die Sicht so gut war, dass man die Berge rund um Windhuk in allen Einzelheiten erkennen konnte. Raffael hatte in der Nacht nur wenig Schlaf gefunden und fühlte sich entsprechend gerädert. Am meisten nagte an ihm die Ungewissheit, ob Baltkorn nicht irgendein perfides Spiel mit ihm trieb. Konnte er sicher sein, dass sich sein größter Feind auch wirklich an die Abmachung hielt – oder wollte er noch mehr? Raffael fiel Hakoma ein, der ehemalige Landbesitz seines Schwiegervaters. Baltkorn hatte sich irgendwann einen Großteil davon unter den Nagel gerissen und ebenfalls ein Auge auf das noch ertragreichere Owitambe geworfen. Seit dem Tod seines Vaters gehörte Raffael die Hälfte der Farm. Ob Baltkorn darauf bestand, dass er sie ihm überschrieb? Er mochte gar nicht daran denken, was das für seine Familie bedeutete … Und doch hatte er keine andere Wahl, als Baltkorn alles zu geben, was er von ihm forderte. Diese Ohnmacht lähmte Raffael, ganz abgesehen davon, dass sein Ruf nach dieser heute zu erwartenden Blamage wieder einmal zerstört sein würde, weil keiner verstehen würde, weshalb er einen Prozess angestrengt hatte, in dem er keinerlei Beweise vorlegen konnte.
Ricky versuchte umsonst ihn aufzumuntern. Sie litt regelrecht mit ihm mit. » Du musst dir keine Vorwürfe machen. Alles wird gut werden!«
Schließlich überreichte sie ihm seine frisch gewaschene Gerichtsrobe und seine Perücke und bot sich nochmals an, ihn zu begleiten. Doch Raffael lehnte ab.
» Ich muss das allein durchstehen«, erklärte er ihr finster. » Und ich möchte dir wirklich Baltkorns Triumph ersparen.«
» Ich rufe Sie nun alle auf, sich zu erheben …« Mit den üblichen Worten eröffnete der Vorsitzende Richter Samuel Clark das Verfahren. » Das hohe Gericht wird heute entscheiden, ob der Klage der Ovambos von Tsumeb gegen den Minenbesitzer Jon Baltkorn wegen unrechtmäßiger Landnahme stattgegeben wird.«
Während der Richter feststellte, ob alle am Prozess Beteiligten anwesend waren, bemühte sich Raffael um eine möglichst gleichgültige Miene. Die Verhandlung war öffentlich und hatte einiges Interesse erregt. Raffael entdeckte im Publikum unter anderem Ruus Kappler und Traugott Kiesewetter. Beide nickten ihm aufmunternd zu. Aber es gab auch andere Zuschauer, die ihm weniger gewogen waren. Unter ihnen waren auch Vertreter der Ratsmitglieder, die für eine Zwangsenteignung der Schwarzen eingetreten waren. Nun, sie werden heute ihre Freude haben, dachte Raffael verdrossen. Er stand allein hinter seinem Anklagetisch, da der Häuptling der Ovambos sich geweigert hatte, vor einem Gericht der Weißen zu
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