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Familienalbum

Familienalbum

Titel: Familienalbum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Lively
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normalerweise nicht liest). Er würde gern glauben, er sei über solche Schwächen erhaben, aber schließlich ist er auch nur ein Mensch, und ihm ist bewusst, dass er vor einigen Jahren einen kurzen Aussetzer hatte, der nie vergessen werden wird.
    So streift er die Küstenpfade entlang und wechselt höfliche Grüße mit anderen Spaziergängern; einmal stößt er auf ein Teenager-Pärchen, das hinter einem Ginsterbusch herummacht, und geht rasch vorbei. Der Hinterkopf des Mädchens löst eine vage emotionale Reaktion in ihm aus, aber er verliert sich rasch wieder in seinem eigenen Unbehagen.
    *
    Jan fährt ab. Als er fort ist, fordert Katie von Roger: »Frag Ingrid, ob sie Jan heiraten wird.« – »Frag sie doch selber«, sagt Roger. – »Sie wird’s mir nicht sagen«, erwidert Katie. »Dir wird sie es wahrscheinlich eher sagen, weil sie weiß, dass es dich nicht besonders interessiert.« – »Na schön.« Roger zuckt mit den Achseln: Und in einem passenden Moment, als er am Strand allein auf die sich sonnende Ingrid trifft, lässt er die Frage beiläufig fallen. Ingrid lacht. »Jan ist kein Mann zum Heiraten«, sagt sie. Roger bohrt nicht weiter und bekommt dafür später von Katie einen Rüffel.
    *
    Jan ist kein Mann zum Heiraten, weil er zufällig schon mit einer anderen verheiratet ist. Das passt Ingrid sehr gut in den Kram und Jan vermutlich auch. Keiner der beiden möchte etwas an seinen Lebensumständen ändern – aber es ist einfach schön für Ingrid, einen Freund in London zu haben, und auch schön für Jan, neben seinen Studien ein bisschen Zuwendung zu bekommen. Da werden niemandem irgendwelche Erklärungen geschuldet.
    *
    Sandras Typ wird ein wenig besitzergreifend. Er will die Sache nach den Ferien fortsetzen und ist voller Pläne, wie sie sich weiter treffen können. Sandra reagiert ausweichend. Sie hat den Dreh beim Sex jetzt raus, und das war alles, was sie wollte. Wenn sie Ende der Woche pünktlich ihre Periode bekommt, wird sie wohl, natürlich sehr lieb und nett, auf die Bremse treten. Das Ganze ist ein bisschen riskant, und sie will nicht ewig auf den Kalender schielen müssen. Sie hat ihn gern, aber nicht so gern, um alles für ihn aufs Spiel zu setzen. Sie wird ihm sagen müssen, dass es eine Ferienromanze war, weiter nichts, dass es fantastisch war, also nichts für ungut, ja?
    *
    Zufällig geht Roger ans Telefon, als die Polizei aus Bude anruft. Alle – außer Paul – lümmeln an diesem feuchten Abend vor dem Fernseher herum, auch Charles, der einen Dokumentarfilm ins Auge gefasst hat, den er nach der gerade laufenden Sendung gern sehen würde; er hat vor, auf seine Rechte zu pochen. Roger ist draußen bei seinen Eimern vor der Hintertür, hört deshalb als Einziger das Telefon in der Diele klingeln und hebt ab. Ganz in seine Forschungen vertieft, erfasst er nicht die Tragweite dessen, was da zu ihm durch die Leitung dringt, und so streckt er einfach den Kopf ins Wohnzimmer und verkündet: »Die Polizei aus Bude ist dran, die wollen Mum oder Dad sprechen.«
    Alison zieht scharf die Luft ein. Ein angstvolles Keuchen, ein Aufschrei fast. Charles steht auf und geht zum Telefon hinaus. Jemand schaltet den Fernseher aus. Sie hören Charles sagen: »Ja … Ja … Nein … Ja.« Dann kommt er zurück und sieht Alison an. »Wir müssen nach Bude«, sagt er.
    Alison hat es die Sprache verschlagen. Sie ist aufgestanden, steht einfach da und starrt Charles an. Schließlich würgt sie hervor: »Ist ihm was passiert ?«
    »Paul ist nichts passiert«, erwidert Charles knapp. »Er ist auf dem Polizeirevier.«
    Es setzt eine hektische Suche nach den Autoschlüsseln, nach Alisons Jacke ein. Charles ist stumm, Alison fahrig. Die anderen sehen zu, wie sie ins Auto steigen, Charles setzt sich ans Steuer. Sie sehen zu, wie der VW-Bus aus der Auffahrt biegt und den Hügel hinauffährt.
    »Ach du liebe Zeit«, sagt Sandra.
    *
    Paul ist erwischt worden. Drogenbesitz. Das musste ja irgendwann so kommen, denkt Gina. Vielleicht ein Denkzettel für ihn. Alison weint; Charles wirkt eher resigniert als wütend. Paul selbst ist mürrisch, zeigt aber keine sonderliche Reue. »Schließlich muss ich nicht ins Gefängnis «, sagt er zu Gina. »Es ist nur eine Verwarnung , weiter nichts. Kann jedem passieren. Tut’s auch.«
    Gina legt ihm nahe, in Zukunft ja aufzupassen. Wird er auch, klar, sagt Paul fröhlich. Aber irgendwas musste er hier schließlich machen, oder? Er konnte doch nicht den ganzen Tag in diesem

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