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Familienalbum

Familienalbum

Titel: Familienalbum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Lively
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in die Waschmaschine. Philip ist hinter ihr hergeschlendert und bietet ihr ein Glas Wein an.
    »Wann fahren wir hin? Damit ich mir den Terminkalender freischaufeln kann.«
    Gina seufzt.
    »Du bist voreingenommen, das ist das Problem«, sagt er. »Für mich hat die ganze Szenerie eine gewisse Faszination. Und das Essen ist unglaublich.«
    »Das ist meine Familie«, erwidert Gina kalt, »keine Szenerie.«
    Er legt den Arm um sie. »Tut mir leid. Entschuldige. Es gibt noch mehr Neuigkeiten. Dein Vater hat eine fürchterliche Erkältung gehabt. Der Hund hat Ingrids Spargelbeet umgewühlt, und Ingrid war sehr ungehalten.«
    Gina schaltet die Waschmaschine ein und greift nach dem Glas. »Apropos Essen: Wir haben nichts da. Gehen wir zu unserem Türken?«
    »Du musst schon verstehen«, sagt Philip, »dass Leute, die in einer stinklangweiligen Familie aufgewachsen sind, die deine exotisch finden müssen. Sechs Kinder. Dieses Haus. Wo ich herkomme, hat jeder zwei Komma fünf Kinder und wohnt in einer Doppelhaushälfte. Niemand hat je von so etwas wie einem Au-pair-Mädchen gehört, schon gar nicht von einem, das vierzig Jahre bleibt und Spargel anbaut. Vierzig Jahre?«
    »So ungefähr.«
    »Hast du sie gemocht?«
    »Gemocht?« Gina sieht ihn an. »Keine Ahnung. Sie war einfach da, und fertig. Gehörte zum Mobiliar.«
    Genau. Sodass es auffiel, wenn sie nicht da war. Jenes eine Mal.
    *
    »Wann kommt Ingrid wieder?«, wurde ab und zu gefragt. Statt Ingrid kamen fröhliche Postkarten in leuchtendem Blau und Grün – Meer und Himmel und skandinavische Wälder –, die an »Alle in Allersmead« gerichtet waren oder auch an Einzelne: wettergegerbte Fischer mit Fischkörben für Paul, Mädchen in Volkstracht für Katie, Kätzchen im Korb für Clare. Gina war elf und mit sich selbst beschäftigt, aber sie merkte, dass etwas nicht stimmte. Die Lücke war spürbar und Mum furchtbar nervös.
    »Bald«, antwortete sie immer. »In ein, zwei Wochen, denke ich.« Und als Sandra eines Tages fragte: »Kommt Ingrid denn überhaupt zurück?«, geriet sie in Rage.
    »Hört jetzt endlich auf damit! Natürlich kommt Ingrid wieder. Sie musste sich um Familienangelegenheiten kümmern, das ist alles.«
    *
    »Hast du’s gewusst?«, fragt Philip später an diesem Abend beim Türken.
    »Nicht in aller Klarheit. Erst später habe ich zwei und zwei zusammengezählt.«
    *
    Alison erinnert sich sehr deutlich an diese Zeit. Das heißt, sie erinnert sich an einschneidende Momente. Sie erinnert sich, wie sie mit Ingrid im Garten, wo niemand sie hören konnte, gestritten hatte. Gestritten? Sie ist die Bittstellerin. Ingrid bleibt knallhart, ungerührt. »Ich bin nicht sicher«, sagt sie, »ob ich zurückkomme. Vielleicht.«
    »Du musst zurückkommen«, fleht Alison. »Die Kinder wären am Boden zerstört, das weißt du genau, vor allem die Jüngsten. Clare ist noch so klein. Es gibt für sie kein Allersmead ohne dich.«
    Ingrid zuckt mit den Achseln. »Vielleicht nehme ich …«
    » Nein!« , schleudert Alison ihr entgegen.
    Sie starren einander an.
    »Das ist eine Familie «, heult Alison. »Das weißt du ganz genau.«
    *
    » Red mit ihr«, sagt sie zu Charles.
    Charles blickt aus dem Fenster. »Sie ist ein freier Mensch, Alison.«
    »Nur damit sie begreift, dass wirklich alle die Gewissheit haben wollen, dass sie wiederkommt.«
    Charles schweigt. Nach einer Weile sagt er: »Ich wage zu behaupten, dass sich die Dinge schon regeln werden.«
    Alison fährt wild auf. »Das hast du … damals auch gesagt.«
    »Und das ist wohl auch geschehen, wenn du es objektiv betrachtest. Deshalb führen wir dieses Gespräch überhaupt.«
    *
    Wie lang? Es waren eher Monate als Wochen. Einer Postkarte ist zu entnehmen, dass Ingrid mit ein paar Cousinen Urlaub an diesem hübschen Fjord macht, einer anderen, dass sie eine Weile in einem Restaurant arbeitet und genau solche Schokoladenbrownies gebacken hat wie die von Alison! Dank dieser regelmäßigen Meldungen kann keiner vergessen, dass Ingrid nicht mehr da ist; sie geben Anlass zu Fragen, auf die Alison keine Antwort hat. Der Status quo ist angeschlagen; Allersmead ist nicht, wie es sein sollte. Natürlich ist Alison nicht nur nervös, sondern auch überarbeitet, sie hat zu viel zu tun, kochen kann sie nur noch auf die Schnelle, die Mahlzeiten kommen zu spät auf den Tisch und sind unter Niveau, Alison vergisst zu waschen, und es gibt keine sauberen Socken, der Hund hat Flöhe, weil keiner außer Ingrid daran dachte, ihm das

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