Familienaufstellungen

unbewusst Sühnenden Kraft nimmt. Wie aber kann das Leben für die Familie, für jeden Einzelnen gut weitergehen? In der Familienaufstellung zeigt sich, dass dies erst wieder gelingen kann, wenn der betreffenden Person ihre Schuld zugemutet wird. Wer das Leben eines anderen Menschen zerstört, verliert mit den Worten Hellingers die Zugehörigkeit zum Familiensystem. Verlässt ein Täter bei einer Aufstellung den Raum, was bedeutet, dass er oder sie selbst die Konsequenzen für das Verbrechen übernimmt, erleben dies alle Stellvertreter als Erleichterung. Das Hinausgehen soll die Übernahme der Verantwortung symbolisieren.Beziehungsdynamisch ist die Unterscheidung zwischen der verwandtschaftlichen Beziehung und der begangenen Tat entscheidend. Die Abgrenzung von der Schuld eines Verwandten ermöglicht, dass die Nachkommen sicher und in Frieden leben können. Ein lösender Satz lautet: »Liebe/r …, ich achte dich als meinen … Ich achte deine Schuld. Ich lasse die Folgen bei dir. Bitte lass mich in Frieden.« Anstelle der Punkte ist der jeweilige Verwandte (Vater, Mutter, Onkel etc.) einzusetzen.
    Heilung durch heilende Bindungen
    Heilung ist ein Prozess, den wir nicht erzwingen können. Sie ist nicht unmittelbar machbar. In diesem mechanistischen Sinne können Familienaufstellungen Heilung nicht »leisten«. Vielmehr sind sie ein therapeutisches, im tieferen Sinne auch ein spirituelles Angebot, sich im Fluss der Zeit wahrzunehmen, in dem das Leben und die Liebe von einer Generation zur nächsten weitergegeben werden. Wenn Sie spüren, dass Sie den Segen der Eltern für Ihr Leben erhalten, wenn Sie inneren Kontakt zu Ihren Wurzeln aufnehmen und die Beziehung zu Eltern, Geschwistern, Großeltern, Onkeln und Tanten von Liebe getragen ist, stößt dies einen seelischen, vielfach auch einen körperlichen Heilungsprozess an. In diesem Sinne können Sie Heilung aktiv zulassen, durch die innere Bereitschaft, sich mit Ihrer Lebensgeschichte zu versöhnen. Familienaufstellungen wollen Ihnen hierbei eine Hilfe sein.

TEIL 4
Familientherapeutische Selbsterfahrungsseminare – die häufigsten Fragen
    Auf der Suche nach einer Seminarleiterin oder einem Seminarleiter, bei der oder bei dem Sie sich gut aufgehoben fühlen, spielen viele subjektive Kriterien eine wichtige Rolle: beispielsweise ob Sie mit ihm oder ihr eine gemeinsame Sprache finden, ob Sie ein ähnlicher Humor verbindet oder ob er oder sie genügend Sicherheit ausstrahlt. Objektive Anhaltspunkte geben Ihnen die Ausbildung, die der Kursleiter/die Kursleiterin absolviert hat. Welche Grundqualifikation und welche beruflichen Erfahrungen bringt er oder sie mit?

Welche familientherapeutische Richtung passt zu mir?
    Auf familientherapeutischen Selbsterfahrungsseminaren, in denen mit Skulptur und Aufstellung gearbeitet wird, erleben Sie darüber hinaus auch Unterschiede in der Arbeitsweise, je nach theoretischem sowie praktischem Hintergrund. Im Laufe der Lektüre dieses Buches haben Sie sicherlich erkannt, dass die Arbeitsweisen nach Virginia Satir und nach Bert Hellinger unterschiedliche Schwerpunkte setzen, obwohl beide mit Stellvertretern arbeiten, welche die Familienmitglieder repräsentieren. Beide verstehen sich als
systemische Therapieansätze
, d.h., Entwicklungen und Probleme werden stets im (familiären) Kontext betrachtet. Verschieden sind jedoch die Wege, wie Lösungen gefunden werden.
    Betrachten wir kurz den philosophischen Hintergrund: Virginia Satirs wachstumsorientierter Ansatz ist der
systemisch-konstruktivistischen
Richtung zuzurechnen. Er basiert auf der Vorstellung, dass jeder Mensch die Welt aus einem ganz spezifischen Blickwinkel erlebt. Demnach kann es – zumindest im konkreten Leben – keine objektive Wahrheit geben. Der Mensch konstruiert seine Wirklichkeit mittels seiner Wahrnehmung und speichert eigene (Familien-)Bilder. Kommen neue hinzu oder werden alte durch neue ersetzt, wirkt sich dies auch auf seine Realität aus. So ist der Mensch in der Lage, seine Wirklichkeit zu jedem Zeitpunkt im Leben zu verändern.
    Bert Hellinger ist Phänomenologe. Er nennt seine Arbeitsweise
systemisch-phänomenologisch,
da er aus den Phänomenen, d.h. den sichtbaren Wirkungen, die Dynamik des Familiensystems und daraus folgend die Lösung erkennt. Dieser Ansatz geht davon aus, dass sich während der Aufstellung eine Wahrheit auftut, die deutlich macht, wo in diesem einzigartigen Familiensystem die Verstrickung und wo die Kraft liegt. Für Bert Hellinger gibt