Familienaufstellungen
Dynamik oder stellen die bisher verdrehte Ordnung wieder her. So sagt beispielsweise der Sohn, der mit dem ersten Mann seiner Mutter identifiziert ist, zu seinem leiblichen Vater: »Du bist mein Vater und ich bin dein Sohn. Nur du bist der Richtige für mich. Mit dem anderen habe ich nichts zu tun.« Oder das Kind, das elterliche Funktionen übernommen hat, sagt zu seiner Mutter bzw. zu seinem Vater: »Liebe Mama, du bist die Große und ich bin die Kleine« bzw.: »Lieber Papa, du bist der Große und ich bin die Kleine.« Abschließend stellt der Therapeut ein Idealbild für diese Familie, bei dem gewöhnlich die Eltern nebeneinander, die Kinder in der Reihenfolge des Alters den Eltern gegenüberstehen. Leben die Eltern getrennt, dann stehen sie weit entfernt voneinander, beide mit Blick auf die Kinder. Bert Hellinger ist überzeugt davon, dass der im System verstrickte Mensch selbst nicht in der Lage ist, die Verstrickung und damit auch einen Ausweg zu erkennen. Deshalb gibt der Therapeut dem Klienten die Lösung vor, und dieser muss sich entscheiden, ob er sie annimmt oder nicht. Verbeugt sich z.B. ein Sohn nicht vor dem Vater, weil er diesen verachtet, so konfrontiert der Therapeut den Sohn mit der Erkenntnis, dass es für ihn leichter sei zu leiden, als sich vor dem Vater zu verneigen. Damit übernimmt der Therapeut ein hohes Maß an Verantwortung für die Lösungsfindung. Für konstruktivistisch und wachstumsorientiert arbeitende Therapeuten wären solch apodiktische Sätze undenkbar. Ihrem Postulat, dass Therapie die Wahlmöglichkeiten des Klienten erhöhen soll, wird hier klar widersprochen.
→ C . Alle Stellvertreter suchen sich ihren guten Platz
Eine verwandte Lösungsweise haben Sie bereits kennengelernt: die Simultan-Skulptur. Hier folgen nun alle Stellvertreter in der Aufstellung ihren Bewegungsimpulsen. Sie gehen zu einer Person, zu dersie sich besonders hingezogen fühlen, oder entfernen sich aus einer zu engen Beziehung. Manche Stellvertreter verspüren auch den Wunsch, sich hinzusetzen oder hinzulegen.
Diese Variante der dynamischen Aufstellung hat Bert Hellinger in den vergangenen Jahren vermehrt angewendet. Auch das mittlerweile von ihm praktizierte »Geistige Familienstellen« hat diese dynamische Komponente. Sie lässt die Wirkungen im System, die jeder Stellvertreter spürt, für alle offensichtlich werden. Die Beziehungsdynamik wird deutlich erkennbar und im offenen Zusammenspiel zwischen Therapeut und Stellvertretern auf eine Lösung hin entwickelt. Der Therapeut nimmt die Rückmeldungen der Stellvertreter so lange auf, bis er den Grundkonflikt genau erkennen kann. Er muss allerdings darauf achten, dass nicht zu viele Prozesse in Gang kommen, die vom ursprünglichen Anliegen des Aufstellenden ablenken. Auch bei dieser Variante nimmt der Aufstellende wieder mit der für seinen Beziehungskonflikt wichtigen Person Kontakt auf.
Die Dynamisierung der Aufstellung bewährt sich insbesondere dann, wenn Symptome wie Angst oder ein körperliches Leiden von einem Stellvertreter in einer Aufstellung repräsentiert werden. Der Symptom-Stellvertreter stellt sich zunächst neben das Double des Aufstellenden, geht zeitgleich mit den anderen Stellvertretern seinem eigenen Impuls nach und sucht sich einen Platz im Raum. Verblüffenderweise findet das Symptom den Platz, an dem es ursprünglich ausgelöst wurde.
Diese Variante lernte ich 1999 bei Professor Franz Ruppert in München kennen. Seine Erfahrungen zeigten beispielsweise, dass Ängste ganz unterschiedliche Funktionen in einem Beziehungssystem ausüben. Sie können auf ein traumatisierendes Ereignis in der Vergangenheit hinweisen oder aber auch Schutz bieten. Die dynamische Lösungssuche finden Sie auch bei vielen wachstumsorientiert arbeitenden Familientherapeuten.
3.5 Was wollen Familienaufstellungen leisten?
Erlaubnis und Freiheit – Ablösung aktiv vollziehen
Wenn erwachsene Frauen und Männer immer wieder dieselben Beziehungsmuster suchen oder im Beruf kämpfen wie die Löwen, dann liegt die Vermutung nahe, dass alte Bindungen noch wirken, dass eine innere Ablösung von den Eltern noch aussteht. Fragt man nach der Beziehung zu den Eltern, dann schwingen in der Antwort regelmäßig mehr oder weniger offen Hass und Verachtung mit. Doch Hass bindet und Verachtung macht unfrei. Diese Lebensweisheit können Sie in Familienaufstellungen plastisch erleben. Es zeigt sich immer wieder, dass eine innere Ablösung erst dann möglich ist, wenn die
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