Familienaufstellungen
Beziehung zu beiden Eltern von Liebe getragen wird. Ablösung bedeutet bildhaft: Meine Eltern stehen hinter mir und ich sehe nach vorn in meine Zukunft.
Stellen Sie sich dies einmal bildlich vor: Wie kann das gehen, dass Sie nach vorne, sprich in die Zukunft, schauen und eine angespannte feindliche Beziehung im Rücken wahrnehmen? Sie werden immer den Impuls verspüren, sich umdrehen zu wollen oder zu müssen.
Und was bedeutet das in der Realität? Sie setzen sich tatsächlich oder in inneren Dialogen mit den Eltern oder anderen hierarchisch Übergeordneten immer wieder aggressiv auseinander. Die Erlaubnis, Ihr Leben entsprechend den eigenen Fähigkeiten und den eigenen Wünschen zu gestalten, erhalten Sie erst dann, wenn Sie mit Ihren Eltern innerlich Frieden schließen.
Vielleicht verfluchen Sie mich, nachdem Sie die letzten Zeilen gelesen haben. Vielleicht wollen Sie entgegnen, dass kein Mensch nachvollziehen könne, wie sehr Sie unter der Kälte, unter den Schlägen oder dem, was Ihnen sonst zugestoßen ist, gelitten haben. All das, was die Beziehung zwischen Ihnen und Ihren Eltern gestört hat, soll nicht schöngeredet werden. Es gibt sehr vielfältige Arten und Weisen, wie Eltern versagen können. Wenn Sie selbst bereits Kinder haben, mussten Sie sicherlich schon manches Mal erfahren, dass auch Siesich in manchen Situationen anders verhalten, als Sie es sich wünschen. Streckenweise sind wir in uns selbst gefangen und fügen dann unseren Kindern wieder Schmerzen zu. Unsere Eltern haben ebenfalls Mangel erlebt – je nach Lebensgeschichte unterschiedlich viel. Sie waren ebenfalls gekränkt, dass sie nicht genügend oder das Falsche erhalten haben.
Wir werden nicht glücklich, wenn wir immer noch darauf hoffen, von den Eltern das zu kriegen, was wir früher einmal gebraucht hätten. Wir sind jetzt erwachsen, und wenn wir das, was wir bekommen haben – und das ist trotz allem eine ganze Menge! – wertschätzen können, dann steht uns die Zukunft offen.
Nicht selten zeigen Familienaufstellungen, dass Menschen sich mit der »falschen« Person auseinandersetzen, wenn sie sich ablösen wollen.
▶▶ Beispiel: Sebastian (30) leidet unter der erdrückenden Nähe seiner Mutter. »Sie mischt sich in mein Studium, in meine Partnerschaft, einfach in alles ein. Aber ich komme irgendwie auch nicht los von ihr«, stöhnt er. Auf seinen Vater angesprochen, meint er abweisend, der lebe seit vielen Jahren in Hamburg. Damals, als dieser wegzog, war er zwar sauer auf ihn, aber zumindest stört der Vater heute nicht seine Kreise. »Ich bin ja schließlich erwachsen«, sagt er mit einem trotzigen Unterton in der Stimme.
In der Aufstellung steht sein Stellvertreter zunächst ganz dicht bei seiner Mutter, sein Vater ist weiter entfernt platziert. Obwohl Sebastian anfangs von beiden Eltern ganz weit weg sein wollte, spürt der Stellvertreter, wie sehr es ihn zu seinem Vater zieht: Er hat Sehnsucht nach ihm.
Diesen Vater, den die Mutter als Taugenichts hingestellt und deren Meinung er übernommen hatte, lernt Sebastian in der Aufstellung neu kennen. Als er ihm gegenübersteht und seine Hände hält, spürt er heftige Sehnsucht, er weint schluchzend – und seine Liebe zum Vater kann wieder fließen.
In dieser Aufstellung entdeckt Sebastian, dass seine Ablösung von den Eltern über den Vater laufen muss. Nicht gegen die Mutter kämpfen, sondern
zum Vater hingehen, das ist seine Lösung. Dann erst kann er, den Segen seiner Eltern im Rücken, kraftvoll ins Leben starten.
Familienaufstellungen in der Gruppe ermöglichen, dass Sie die unsichtbaren Bindungen im Familiensystem mit allen Sinnen wahrnehmen. Über den Dialog, die persönliche Ansprache eines bislang wenig bekannten oder verzerrt wahrgenommenen Gegenübers wächst eine zunehmend deutlichere Unterscheidung zwischen dem eigenen Leben und dem der Eltern oder anderer Angehöriger: Ich darf sein, so wie ich bin, und kann die anderen so lassen, wie sie sind. Ich nehme mein Leben, so wie es ist, ich nehme es dankbar an.
Trauer und Frieden – Achtung der Verstorbenen
Für jemanden, der in seinem Leben nicht erfahren hat, dass Geschwister oder eigene Kinder starben – und Gott möge geben, dass Ihnen das erspart bleibt –, ist es schwer nachzuvollziehen, was dies in der Geschichte einer Familie bedeutet. Die Ehe der Eltern ist nach dieser Katastrophe verändert, ihre Beziehung zueinander als Partner und als Eltern. Schuldgefühle sowie Vorwürfe gegen sich selbst
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