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Familienbande

Familienbande

Titel: Familienbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Pockrington aus an.«
Als Mr. Bullstrode am nächsten Tag eintraf, fand er Lockhart an dem Schreibtisch im Arbeitszimmer sitzend vor, und ihm schien, als hätte der junge Mann, den er als Bastard gekannt hatte, eine nicht unerhebliche Veränderung durchgemacht.
»Damit Sie es gleich wissen, Bullstrode«, tat ihm Lockhart nach der Begrüßung kund, »ich beabsichtige nicht, irgendwelche Erbschaftssteuern zu zahlen.«
Mr. Bullstrode räusperte sich. »Möglicherweise gelingt es uns, eine hohe Veranlagung zu vermeiden«, sagte er. »Der Besitz hat immer Verluste erwirtschaftet. Ihr Großvater hatte die Angewohnheit, Geschäfte nur gegen Bargeld und ohne Rechnung abzuwickeln, und außerdem habe ich als sein Anwalt einen gewissen Einfluß auf Wieman.«
»Wie, Mann?« sagte Lockhart schroff.
»Nun, um ehrlich zu sein, weil ich seine Scheidung für ihn abgewickelt habe und bezweifle, daß er es gern sähe, wenn manche Details seiner, sagen wir, seiner sexuellen Neigungen größere Verbreitung fänden«, erklärte Mr. Bullstrode, der die Frage falsch verstanden hatte.
»Interessiert mich einen feuchten Kehricht, was der Blutsauger im Bett treibt«, sagte Lockhart; »er heißt Wieman?«
»Damit haben Sie den Nagel bereits ziemlich auf den Kopf getroffen, was seine Bettaktivitäten betrifft. Wenn Sie Blut durch einen gewissen Körperteil ersetzen und ...«
»Es geht um den Namen Wieman, Bullstrode, nicht um die mit irgendeinem Körperteil verbundene Neigung.«
»Ach ja, der Name«, sagte Mr. Bullstrode, aus dem Tagtraum zurückgeholt, in den Mr. Wieman seine Phantasie so häufig versetzte. »Mr. William Wieman heißt der Mann. Er ist der Steuereintreiber Ihrer Majestät für die Mittelmarken. Sie brauchen nicht zu befürchten, von ihm über Gebühr behelligt zu werden.«
»Er wird mich überhaupt nicht behelligen. Andersrum wird‘n Schuh draus, wenn er die Flawse-Hochebene auch nur betritt. Richten Sie ihm das aus.«
Mr. Bullstrode versprach es, wenn auch zögernd. Lockharts Veränderung erstreckte sich sogar auf seine Redeweise; aus dem bislang vom alten Mr. Flawse übernommenen gebildeten Akzent war ein Dialekt geworden, der eher an den von Mr. Dodd erinnerte. Lockharts nächste Erklärung klang sogar noch eigenartiger. Er stand auf und funkelte den Anwalt an. Sein Gesicht bekam etwas Wildes, seine Stimme nahm einen bedrohlichen Singsang an:
»Gehen Sie zurück nach Hexham und sagen Sie dem Steuerlümmel, wenn er im Bette sterben will und nicht unter freiem Himmel, soll er am besten die Flawse Hall meiden und einen Umweg finden, sonst geht mitnichten Jagen er, sondern gerät vor unsre Flinten. Ich laß‘ keinen von denen durchs Schlüsselloch spähn wie‘s ihm gefällt oder forschen nach sauer verdientem Geld. Ich zahle, was erforderlich, begleiche Steuern, wie ich‘s hab‘, aber wenn der Finanzmensch hier auftauchen sollte, wird er bluten, nicht zu knapp. Aye, schwitzen können sie und schimpfen auch und gehen vor‘s Gericht, doch ich bin mal hier und mal dort, werde nie erwischt. Drum warnt ihn, Bullstrode, merkt Euch das. Ich möchte keinen erschlagen; doch kommt er mich durchsuchen, bei Gott, dann geht‘s ihm an den Kragen.«
Das leuchtete Mr. Bullstrode voll und ganz ein. Was auch immer œ und er zweifelte nicht mehr daran, daß Lockhart kein Zeitgenosse, sondern irgendeine Erbkrankheit war œ, was auch immer vor ihm stand und Unmengen gereimte Drohungen ausstieß, dem war jede einzelne Silbe davon ernst. Und ein Mensch, der seinen eigenen Großvater aussto... Mr. Bullstrode suchte nach einem Ersatzwort und fand es: »konservieren ließ«, war aus härterem Holz geschnitzt als die Gesellschaft, in der er lebte.
Einen weiteren Beweis für diese Annahme fand er später, als er, nachdem er sich hatte überreden lassen, seine frühere Angewohnheit beizubehalten und zum Essen sowie über Nacht zu bleiben, im Bett lag. Aus der Küche drang der Klang von Mr. Dodds northumbrischem Dudelsack, der eine Singstimme begleitete. Mr. Bullstrode stieg aus dem Bett, schlich auf Zehenspitzen zum oberen Treppenabsatz und lauschte. Der Sänger war Lockhart, doch obwohl Mr. Bullstrode auf seine Kenntnisse der Grenzlandballaden stolz war, hatte er diese noch nie gehört.
    »In der alten Flawse Hall sitzt ein toter Mann,
Unter Erden sollt‘ ruh‘n seine Leiche
Und dort zwischen Mauern er sitzen kann
Bis erblüht die große Eiche.
Aye, blühen soll die Eiche so blau
Und das Moos soll funkeln rot,
Doch er wird sitzen und grübeln, im

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