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Familienbande

Familienbande

Titel: Familienbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Lockharts methodisch, in einem Dossier festgehaltenen Beobachtungen ergaben, daß sich das Paar besonders gern am Mittwochabend seinen Spaßen hingab und Mr. Raceme normalerweise zuerst an der Reihe war. Mit der gleichen Ritterlichkeit, die dem alten Flawse an seinen Vorfahren aufgefallen war, entschied Lockhart, eine Frau zu schlagen, wäre eines Gentlemans unwürdig. Außerdem war ihm aufgefallen, daß Mrs. Raceme mit einer gewissen Mrs. Artoux befreundet war, die ein Appartement im Zentrum von East Pursley bewohnte. Mrs. Artoux stand nicht im Telefonbuch und hatte somit wahrscheinlich kein Telefon. Also wartete Lockhart Mittwochabend mit einer Stoppuhr im Vogelschutzgebiet und gab Mrs. Raceme zehn Minuten, um ihren Gatten mit den Lederschnüren, die den beiden offenbar am meisten zusagten, ans Bett zu fesseln, bevor er in die Telefonzelle an der Ecke ging und die Nummer der Racemes wählte. Mrs. Raceme war am Apparat.
»Können Sie sofort kommen?« sagte Lockhart durch ein Taschentuch, »Mrs. Artoux hatte einen Schlaganfall und fragt nach Ihnen.«
Er verließ die Telefonzelle noch rechtzeitig, um den Saab der Racemes aus der Auffahrt rasen zu sehen, und konsultierte seine Stoppuhr. Zwei Minuten waren seit seinem Anruf vergangen, nicht genug Zeit für Mrs. Raceme, um ihren Mann loszubinden. Lockhart schlenderte die Straße hinunter zu ihrem Haus, schloß die Tür auf und ging leise hinein. Er machte im Flur Licht, stieg die Treppe hinauf und blieb auf dem Treppenabsatz stehen. Dann warf er einen Blick ins Schlafzimmer. Nackt, mit einer Kapuze über dem Kopf, gefesselt und geknebelt, gab Mr. Raceme sich dem Taumel jener dunklen masochistischen Gefühle hin, die ihm solch eigenartige Befriedigung verschafften. Er wand sich ekstatisch auf dem Bett. Eine Sekunde später wand er sich zwar immer noch, doch ohne Ekstase. Den delikaten Schmerz von Mrs. Racemes dünner Birkenrute gewöhnt, löste der machtvolle Einsatz von Lockharts patentierter Pferdepeitsche einen Reflex bei ihm aus, der drohte, seinen Körper vom Bett und das Bett vom Fußboden zu heben. Mr. Raceme spuckte den Knebel aus und versuchte, seinen Empfindungen stimmlich Ausdruck zu verleihen. Lockhart unterband den Schrei, indem er Mr. Racemes Kopf in das Kissen drückte, und setzte ausgiebigst seine Pferdepeitsche ein. Als er schließlich fertig war, hatte Mr. Raceme den Übergang vom Masochismus zum Sadismus nahtlos vollzogen.
»Ich bring‘ dich um, du verfluchte Sau«, brüllte er, als Lockhart die Schlafzimmertür schloß und nach unten ging, »so wahr mir Gott helfe, ich mach dich kalt, und wenn es das letzte ist, was ich tu.«
Lockhart verließ das Haus durch die Vordertür und ging nach hinten in den Garten. Inzwischen wurden Mr. Racemes Schreie und Drohungen von Gewimmer unterbrochen. Lockhart bezog in den Sträuchern Stellung und wartete Mrs. Racemes Rückkehr ab. Wenn ihr Mann auch nur die Hälfte seiner Drohungen wahrmachte, müßte er womöglich noch einmal eingreifen, um ihr Leben zu retten. Er dachte darüber nach, kam aber zu dem Schluß, daß Mr. Raceme sagen mochte, was er wollte, der Zustand seines Hinterteils würde ihn daran hindern, irgend etwas davon in die Praxis umzusetzen. Gerade wollte er gehen, als die Scheinwerfer des Saabs die Auffahrt beleuchteten und Mrs. Raceme die Haustür öffnete.
Die nun folgende Lärmorgie übertraf sogar alles, was am Abend des Grabbleschen Ehekrachs Sandicott Crescent belebt hatte. Mrs. Racemes Erklärung, abgegeben, noch ehe sie das Schlafzimmer betrat und Mr. Racemes Zustand bemerkte, daß Mrs. Artoux überhaupt nichts fehle und sie ganz bestimmt keinen Schlaganfall erlitten habe, wurde mit einem Wutgeheul beantwortet, das die Vorhänge zum Zittern brachte, gefolgt von einem zweiten Schrei ähnlichen Kalibers aus dem Mund Mrs. Racemes. Da sie im Gegensatz zu Lockhart nicht wußte, was er ihr anzutun gedroht hatte, sobald er frei war, beging sie den Fehler, seine Beine loszubinden. Eine Sekunde später widerlegte er Lockharts Vermutung, daß er nicht in der Lage sei, die Theorie in die Praxis umzusetzen. Mr. Raceme war auf den Beinen und konnte es offensichtlich kaum erwarten, bis es losging. Leider waren seine Hände immer noch ans Doppelbett gefesselt, und da Mrs. Raceme ihren Fehler beinahe augenblicklich erkannte, weigerte sie sich, ihm die Hände loszubinden.
»Was soll das heißen, ich hätte dir das angetan?« kreischte sie, als das eng mit Mr. Racemes Händen verbundene Doppelbett auf sie zu

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