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Familienbande

Familienbande

Titel: Familienbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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zurück, in dem lauter höchst beunruhigende Geräte angepriesen wurden, die ad nameam surrten, vibrierten, hüpften oder ejakulierten. Lockhart begann das Wesen der Sexualität und seine eigene Unwissenheit besser zu begreifen. Er brachte die Magazine und den Katalog auf den Dachboden, wo er sie zwecks späteren Nachschlagens versteckte. Die Wilsons von nebenan waren ein unmittelbareres Ziel seines Räumungsfeldzugs, und ihm war die Idee gekommen, daß etwas mehr als die Stimme von jenseits des Grabes ihren Auszug beschleunigen könnte. Er entschied sich für Geruch, griff sich einen Spaten und grub den verwesenden Kadaver Little Willies aus, zerstückelte ihn in der Garage und verteilte ihn portiönchenweise im Kohlenkeller der Wilsons, die in der Eckkneipe gerade ihre Erinnerung an die vergangene Nacht ertränkten. Als sie später in ein Haus zurückkehrten, wo ihnen nicht nur der Tod prophezeit worden war, sondern in dem es nun auch intensiver nach selbigem stank, als Worte es auszudrücken vermochten, zeitigte dies eine rasche Wirkung. Mrs. Wilson bekam einen hysterischen Anfall und übergab sich, und Mr. Wilson, des Fluches der Alphabettafel und des Tischerückens eingedenk, drohte, die Prophezeiung, im Haus würde es bald einen Todesfall geben, wahrzumachen und sie zu erwürgen, wenn sie nicht Ruhe gab. Doch auch ihm war der Gestank zu penetrant, und statt eine weitere Nacht in diesem Haus des Todes zu verbringen, fuhren sie lieber in ein Motel.
Sogar Jessica bemerkte den Mief und sprach mit Lockhart darüber.
»Das ist die Wilsonsche Kanalisation«, sagte er aufs Geratewohl und fragte sich sofort, ob er sich nicht der Kanalisation, insbesondere der Abwasserrohre bedienen könnte, um schädliche Substanzen in die Häuser anderer unerwünschter Mieter zu leiten. Es war eine Überlegung wert. Zwischenzeitlich hatte er alle Hände voll damit zu tun, Jessica zu trösten. Ihre Erlebnisse als Schreibkraft der Heldin ihrer Jugend, Miss Geneviève Goldring, waren für sie eine einzige schreckliche Desillusionierung gewesen.
»Sie ist einfach nur die scheußlichste Person, die mir je begegnet ist«, sagte sie schluchzend, »sie ist zynisch, widerlich und denkt nur ans Geld. Sie hat mich nicht einmal begrüßt oder mir eine Tasse Tee angeboten. Sie geht einfach bloß auf und ab und diktiert, was sie die ‹verbale Scheiße, nach der sich mein Publikum die Lefzen leckt¤, nennt. Und zu diesem Publikum gehöre ich auch, und du weißt doch, daß ich nie ...«
»Natürlich weiß ich das, Liebling«, tröstete sie Lockhart.
»Ich hätte sie umbringen können, als sie das sagte«, schluchzte Jessica, »wirklich wahr. Und sie schreibt im Jahr fünf Bücher unter verschiedenen Namen.«
»Wie meinst du das, unter verschiedenen Namen?«
»Beispielsweise heißt sie nicht mal Geneviève Goldring. Sie heißt Miss Magster, und sie trinkt. Nach dem Essen hat sie sich hingesetzt und Pfefferminzlikör getrunken, und Daddy sagte immer, Leute, die Crème de menthe trinken, seien gewöhnlich, und er hatte recht. Und dann gab‘s Probleme mit dem Kugelkopf, und sie hat mir die Schuld gegeben.«
»Kugelkopf?« sagte Lockhart. »Wo zum Teufel hatte sie denn einen Kugelkopf?«
»Das ist eine Schreibmaschine, eine Kugelkopfschreibmaschine«, erklärte Jessica. »Statt einzelner Buchstaben auf Stangen, die man aufs Papier schlägt, hat sie eben einen Kugelkopf mit dem Alphabet drauf, der rotiert, übers Papier läuft und dabei die Buchstaben aufdruckt. Das ist furchtbar modern, und wenn was schief läuft, kann ich doch nichts dafür.«
»Ganz bestimmt nicht«, sagte Lockhart, den dieser Mechanismus faszinierte, »aber welche Vorteile hat so ein Kugelkopf?«
»Na, du kannst einfach den Kugelkopf mit dem Alphabet drauf abnehmen und einen anderen draufsetzen, wenn du einen anderen Schrifttyp willst.«
»Ach ja? Interessant. Angenommen, du nähmst den Kugelkopf von ihrer Schreibmaschine mit nach Hause und bautest ihn an deine eigene Schreibmaschine, dann würde es doch genauso aussehen, ich meine die Sachen, die du damit tippen würdest?«
»Mit einer gewöhnlichen Schreibmaschine ginge das nicht«, antwortete Jessica, »aber wenn du genauso eine wie sie hättest, könnte keiner den Unterschied feststellen. Jedenfalls ist sie ekelhaft, und ich hasse sie.«
»Liebling«, sagte Lockhart, »weißt du noch, wie du für die Anwaltsfirma Gibling und Gibling gearbeitet und mir über abscheuliche Dinge erzählt hast, die in Büchern über Leute geschrieben

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