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Familienbande

Familienbande

Titel: Familienbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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jedes mehr als viersilbige Wort richtig oder wenigstens immer gleich zu schreiben, noch anstrengender werden ließ. So machte Saudi-Arabien ein halbes Dutzend Wandlungen durch, angefangen bei Saudyrabeen bis hin zu Sourday Ayrabbien. Das einzige Wort, das der Mann richtig buchstabieren konnte, war »Langeweile«, und das war kein Zufall. Wohin auch immer er ging, Grosvenor
K. Boscombe war ein Langweiler, wie er im Buche stand, und abgesehen davon, daß er die Erde als ein riesiges Nadelkissen betrachtete, in das er aus beruflichen Gründen unglaublich lange hohle Nadeln piekte, kam der einzige Augenblick, in dem er auch nur annähernd so etwas wie Leidenschaft empfand, als er und die Jungs œ wer auch immer das sein mochte œ irgendeinen unterirdischen Druckpunkt anstachen, und »dann blatzte sie lohs«. Die Formulierung tauchte seltener auf als Sonnenuntergänge, und trockene Löcher überwogen, aber sie blatzte dennoch recht oft lohs, und dank seines Glückstreffers in Dry Bones, Arizona, gehörte Mr. Boscombe, um seine eigenen Worte zu gebrauchen, »nun zu den Glügglichen, die mehr Moos hahben, als mann braucht, um den Mohnt zu tabbeziren«. In Lockharts Interpretation bedeutete dies, daß sein potentieller Vater reich und phantasielos war. Lockhart wußte genau, was er mit seinem Geld vorhatte, und den Mond tapezieren tauchte auf seiner Prioritätenliste nicht auf. Er wollte seinen Vater finden und Mrs. Flawse das gesamte Erbe entreißen, und wenn Boscombe sein Vater war, würde er ihn gemäß der Klausel im Testament seines Großvaters bis auf einen Zoll an sein Leben peitschen.
Nachdem er alle Briefe gelesen hatte, durfte Jessica sie ebenfalls lesen.
»Er scheint kein sehr interessantes Leben geführt zu haben«, sagte sie. »Dauernd nur Wüsten, Sonnenuntergänge und Hunde.«
»Hunde?« wiederholte Lockhart. »Ist mir entgangen.«
»Das steht am Ende jedes Briefes. ‹Maine besten Grühse andein Vata und die Hunde war eine gans beß ondre Ähre eure Begantschaffd zu machn. Auf imer dain, Gros.¤ Und hier steht noch, daß er Hunde haiß un innich liebt.«
»Daß er Hunde liebt, ist beruhigend zu wissen«, sagte Lockhart. »Will sagen, falls er mein Vater ist, haben wir wenigstens etwas gemeinsam. Für Sonnenuntergänge hab‘ ich nie die Zeit gehabt. Mit Hunden ist das etwas anderes.«
Auf dem Teppich vor dem Kaminfeuer hielt Oberst FinchPotters ehemaliger Bullterrier ein zufriedenes Nickerchen. Nach seiner Adoption durch Lockhart hatte er sich, anders als sein Herrchen, von den Folgen seiner leidenschaftlichen Nacht erholt, und während der Oberst juristische Schlachten ausfocht und seinem Abgeordneten schrieb, um aus der Nervenklinik entlassen zu werden, in die man ihn gesteckt hatte, machte es sich sein Haustier im neuen Heim bequem. Lockhart empfand ihm gegenüber Dankbarkeit. Dem Bullterrier war es zu einem beträchtlichen Teil zu verdanken, daß Sandicott Crescent von unerwünschten Mietern geräumt worden war, und dementsprechend hatte Lockhart ihn in Rowdy umbenannt.
»Ich schätze, wir könnten diesen Boscombe jederzeit rüberlocken, wenn wir ihm irgendeinen ganz besonderen Rassehund versprechen«, überlegte er laut.
»Warum willst du ihn denn rüberlocken?« fragte Jessica. »Bei dem vielen Geld, das wir haben, können wir uns doch leisten, nach Amerika zu fliegen und ihn zu besuchen.«
»Auch mit dem vielen Geld kann ich mir keine Geburtsurkunde kaufen, und ohne die bekomme ich keinen Paß«, sagte Lockhart, der sein Erlebnis als Nichtexistenz im Büro der Sozialversicherung nie vergessen haue; außerdem wollte er seine Benachteiligung in anderer Hinsicht zu seinem Vorteil nutzen. War der Staat nicht willens, etwas zu seinem Wohl beizutragen, wenn er es brauchte, sah er keinen Grund, ihm auch nur einen Penny Steuern zukommen zu lassen. Es hatte auch Vorteile, wenn man nicht existierte.
Und während der Winter ins Land zog, kam auch das Geld herein. Die Versicherungsgesellschaft der Firma Shortstead überwies eine Million Pfund auf Lockharts Bankkonto in London, auf Jessicas Konto in East Pursley traf Geld ein, die »Zu verkaufen«-Schilder verschwanden, und neue Bewohner zogen ein. Lockhart hatte seinen Räumungsfeldzug mit finanzieller Präzision geplant. Die Grundstückspreise waren gestiegen, und keins der Häuser wechselte für unter fünfzigtausend Pfund den Besitzer. Weihnachten lagen 478000 Pfund auf Jessicas Konto, und ihr Ansehen bei dem Bankdirektor war sogar noch höher gestiegen. Er

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