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Familienkonferenz in der Praxis

Familienkonferenz in der Praxis

Titel: Familienkonferenz in der Praxis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gordon
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dem zuletzt angeführten Dialog, war sich der Falle bewusst, in die sie da gegangen war. Mit ihrer Nachgiebigkeit hatte sie überkompensiert. Das Ergebnis? Ich habe es nur zu oft gesehen. Die Eltern beginnen ihren Kindern zu grollen – und hören manchmal sogar auf, sie überhaupt zu mögen.
    »Die Elternrolle ist eine schwere Aufgabe«
    Manche Eltern versprachen sich von der ›Familienkonferenz‹ eine bessere Vorbereitung auf die schwere Aufgabe der Elternrolle. »Ich glaube, ich brauchte alle Hilfe, die ich bekommen konnte«, bekannte ein Elternteil. »Ich hatte Angst vor dem, was ich da zu bewältigen hatte.«
    Penny und John, ein Ehepaar Ende 20, sahen ihren Wunsch nach einem Kind in Erfüllung gehen, nachdem sie fünfeinhalb Jahre kinderlos geblieben waren. Sie hatten aber das Bedürfnis nach Anleitung in diesem neuen Lebensabschnitt. Sie wollten nicht auf die ihnen kostbare gemeinsame Zeit verzichten. Sie wollten ihre Ehebeziehung nicht zugunsten der Beziehung zu ihrem Kind aufgeben. Penny äußerte sich dazu:

    »Der Grund dafür, dass ich an der›Familienkonferenz‹ teilnahm, lag darin, dass die Elternrolle für mich eine neue Erfahrung war. Ich erinnerte mich nicht mehr, was meine Eltern getan hatten. Es war so lange her. Ich war der Meinung, ich könne jeden Rat gebrauchen, den ich bekommen konnte. Das schien ein guter Plan zu sein. Wenn ich ihn nun aber schon verwirklichen wollte, wollte ich es auch sofort tun.«

    Sich so früh wie möglich in die Elternrolle einzuüben, das war auch der Hauptanlass für eine andere Mutter, die wir interviewt haben. Sally ist Grundschullehrerin und bereitet sich auf ihre Magisterprüfung vor. Sie teilt die Erziehung ihrer beiden Jungen (dreieinhalb Jahre und sieben Monate) mit ihrem Mann, der ebenfalls Lehrer ist.

    Als die Kinder wie geplant nach Abschluss der Berufsausbildung und Verwirklichung der persönlichen Ziele kamen, suchten die Eltern in der ›Familienkonferenz‹ Beistand für ihre Elternrolle:

    »Ich weiß aus meiner eigenen Familie, dass sich Jungen häufig auflehnen, fortgehen und nicht zurückkommen. Meinem Mann und mir war wirklich daran gelegen, eine offene Beziehung zu unseren beiden Jungen zu schaffen – und wissen Sie, das sollte von Dauer sein. Auch wenn sie einmal erwachsen sind, wollen wir noch auf gutem Fuß mit ihnen stehen. Ich dachte mir, es sei eigentlich das Beste, sofort damit zu beginnen.«

    Alice, die Mutter zweier halbwüchsiger Mädchen, ruft sich die Gründe ins Gedächtnis zurück, die sie vier Jahre zuvor veranlassten, an unserem Kurs teilzunehmen. Sie hatte einen besonderen Grund, die Verantwortung der Elternrolle zu scheuen: Sie musste die Aufgabe allein auf sich nehmen. Ihr Mann war vor kurzem gestorben.

    Interviewer : Gab es irgendeinen besonderen Anlass, dass Sie Ihre Erziehungsmethoden ändern wollten?
    Mutter : Ja, mein Mann war gerade gestorben. Ich hatte zwei halbwüchsige Kinder im Alter von 12 und 14 Jahren. Ich war nicht daran gewöhnt, alle Entscheidungen selbst zu treffen – die ganze Verantwortung zu tragen. Wir hatten wirklich sehr vieles gemeinsam gemacht. Wissen Sie, wenn Sie einen Gesprächspartner haben, ist das ganz anders. Als mein Mann ertrank, waren meine Kinder mit ihm auf dem Meer. Ich wusste nicht, wie sich das auf sie auswirken würde. Deshalb war ich der Meinung, ich könnte jede Hilfe gebrauchen, um mit dem fertigzuwerden, was da möglicherweise noch auf mich zukommen würde.«

    Auch der Wunsch, auf die »Flegeljahre«, die Unruhe und den Stress der »gefährlichen« Adoleszenz vorbereitet zu sein, bewegte viele Eltern dazu, sich früh dem Elterntraining zu unterziehen. Karen, Mutter dreier
Kinder (13, 10, 2), hatte schon an zahlreichen Trainingsprogrammen und Kursen teilgenommen. Sie sagte:

    »Ich hatte eine recht gute Beziehung zu den Kindern. Ich nahm am Kurs teil, weil ich wusste, dass er mir nützen würde. Ich hatte viele Freunde mit halbwüchsigen Kindern. Ich sah die Probleme, die da auftauchten, ich erlebte, wie die Kommunikation mit den Jugendlichen zusammenbrach. Und ich dachte, dass es sehr schön wäre, wenn das mir mit meinen eigenen Kindern nie passieren würde.«

    Überraschenderweise berichten nur sehr wenige Eltern aus unserer Stichprobe, dass dieser Gesichtspunkt der Vorbeugung sie zu dem Schritt bewegt habe – das heißt zum »Training für den Ernstfall« oder zur Vorbereitung auf Probleme, die in der nahen Zukunft erwartet wurden. Offensichtlich fällt es den Menschen

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