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Familienkonferenz in der Praxis

Familienkonferenz in der Praxis

Titel: Familienkonferenz in der Praxis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gordon
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etwas. Wissen Sie, zwei Menschen gehen nicht einfach zum Geistlichen, lassen sich trauen und gehen dann aus der Kirche hinaus, um auf ewig glücklich zu leben. So leicht ist es nicht. Das stellten wir fest. Dann nahmen June und ich am Kurs teil, und plötzlich sprang uns ins Auge, was uns bislang geplagt hatte. Aber das hieß nicht, dass nun alles ein für alle Mal in Ordnung war. Vielmehr ist damit gemeint, dass etwas vor sich geht. Wir müssen es immer wieder überprüfen.«

    Diese Eltern stehen für eine offensichtlich wachsende Zahl von Menschen, die den Kurs zur ›Familienkonferenz‹ als eine neue Gelegenheit begrüßen, sich als Person zu entfalten und ihre zwischenmenschlichen Beziehungen zu bereichern.
    »Ich werde nicht die Fehler wiederholen, die meine Eltern an mir begangen haben«
    »Ich fühlte mich als Mutter sehr unzugänglich, da ich mit 18 schwanger wurde und geheiratet habe. Mir gefielen die Erziehungsmethoden meiner Eltern nicht besonders. Ich wollte sie auf keinen Fall anwenden, aber ich hatte auch keine Alternativen«.

    Eine geschiedene Frau von 31 Jahren, Mutter zweier Kinder im Alter von zwölf und zehn, hatte neun Jahre zuvor an unserem Kurs teilgenommen. Damals hatte sie das Gefühl gehabt, wenig auf ihre Elternrolle vorbereitet zu sein und in dieser Hinsicht Hilfe und Anleitung zu brauchen:

    »Ich erinnere mich, dass ich, als meine Kinder klein waren, fürchtete, sie würden mich hassen, wenn sie heranwüchsen, so wie ich meine eigene Mutter gehasst habe.«

    Die Eltern von heute sind die Kinder von gestern. Häufig haben sie die Methoden ihrer eigenen Eltern nur allzu lebhaft im Gedächtnis. Sie haben den Schmerz und den Groll, den sie als Kinder empfanden, nicht vergessen. Viele sind entschlossen, ihre eigenen Kinder mit diesen unzulänglichen Methoden zu verschonen. So auch die Mutter im folgenden Interview:

    Mutter : Ich hatte einen sehr autoritären Vater und eine Mutter, die mich dadurch zu kontrollieren versuchte, dass sie mich emotional erpresste. Sie hatte da so bestimmte, Schuldgefühle erzeugende Redewendungen. Ich hasste das, und ich hasste sie dafür, dass sie so redete. Ich wollte es mit meinen Kindern ganz anders machen.
    Interviewer : Und sind Sie dann doch in diese Methoden verfallen?
    Mutter : Aber ja doch. Ich war der Prototyp der autoritären oder der nachgiebigen Mutter – eher nachgiebig, bis ich meine Kinder nicht
mehr ausstehen konnte. Da wurde ich autoritär, und schließlich konnte ich mich selber nicht mehr ausstehen.«

    Ganz ähnlich äußerte sich eine andere Mutter. Sie ist 32 Jahre alt und hat zwei Kinder im Alter von drei und einem Jahr. Auch sie berichtete, dass sie unglücklich über die Art und Weise gewesen sei, in der ihre Eltern sie behandelt hätten:

    Interviewer : Sie haben an der ›Familienkonferenz‹ teilgenommen, weil ihre Eltern ein sehr schlechtes Beispiel waren, ist das richtig?
    Mutter : Ja. Ich beschloss, an der ›Familienkonferenz‹ teilzunehmen, weil ich keine gute Beziehung zu ihnen hatte … Ich hatte sehr häufig das Gefühl, manipuliert zu werden. So tat ich dann meist, was sie wünschten, weil ich glaubte, dass sie mich nur dann lieben würden. So wollte ich es wirklich nicht mit meinen eigenen Kindern machen.
    Interviewer : Sie erinnerten sich, wie Sie als Kind dabei empfanden?
    Mutter : Ja. Niemals das Gefühl haben, mitreden zu können, und immer unter der Verpflichtung leiden, jemand zu sein, der man eigentlich gar nicht war … Da blieben mir nicht viele Wahlmöglichkeiten. Ich hatte eben panische Angst, sodass ich immer wieder umkehrte und ihnen folgte. Das machte mich nicht glücklich, weil dabei viele meiner Begabungen und Möglichkeiten brachlagen. Das wollte ich nicht an meinen eigenen Kindern wiederholen.
    Interviewer : Aha.
    Mutter : Oh, noch etwas. Weil ich der Meinung war, sie seien autoritär gewesen, wurde ich schließlich zu einer liberalen (nachgiebigen) Mutter. Ich fiel ins andere Extrem. Aber mir gefiel diese liberale Haltung nicht, die ich da gewählt hatte … Mir wäre es viel lieber gewesen, meine Kinder hätten viele der Dinge, die ich ihnen durchgehen ließ, nicht getan, aber ich hatte Angst vor dem anderen Extrem – zu streng zu sein …«

    Diese Eltern wollen den Teufelskreis durchbrechen – sie wollen anders erziehen, als sie erzogen wurden. Ihre Kinder sollen es besser haben als
sie. Doch die Motivation birgt eine Gefahr: Allzu leicht gehen sie in die andere Richtung! Sharon, die Mutter in

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