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Familienkonferenz in der Praxis

Familienkonferenz in der Praxis

Titel: Familienkonferenz in der Praxis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gordon
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können … Es kostet nur so viel Zeit, eine gute Mutter zu sein. Die ›Familienkonferenz‹ kann einem da sehr viel Zeit ersparen, weil alles sehr viel effektiver wird.

    Glücklicherweise betrachteten diese Eltern das Gefühl der Hilflosigkeit und des Ärgers als ernstes Anzeichen. Sie handelten, als sie bemerkten, dass ihnen die Dinge aus der Hand zu gleiten drohten. Sie nahmen sich
ihre Überzeugung zu Herzen, dass Familien auch ohne solche ständigen Streitereien auskommen können. Viele andere Eltern versäumten es, etwas zu unternehmen, als sich frühe Warnzeichen bemerkbar machten. Sie steckten den Kopf in den Sand und hofften, die Situation würde sich von allein bessern. Hilflosigkeit wird zu Hoffnungslosigkeit; Enttäuschung verwandelt sich in Desillusionierung; die Elternrolle wird zur Last, statt eine Freude zu sein.
    Wenn Verzweiflung aufkommt
    Bei einigen Eltern in unserer Stichprobe spitzten sich die Dinge zu. Kleinere Probleme wurden zu schwer wiegenden, Konflikte wuchsen sich zum Krieg aus, die Gemüter erhitzten sich, die Eltern hatten das Gefühl, überrannt zu werden. Kinder fühlten sich unterdrückt, immer häufiger kam es zu Machtkämpfen, die Kommunikation riss ab, die Kinder lehnten sich auf oder zogen sich zurück. Darauf brachten die Eltern ihre Kinder häufig zu Psychologen, Psychiatern oder Familienberatern und hofften, diese würden sie wieder auf Vordermann bringen. Leider richten zu viele dieser Therapeuten ihre Anstrengungen auf die Kinder und bemühen sich nicht genug, den Eltern zu helfen, geeignete Verhaltensveränderungen vorzunehmen. In manchen Fällen erkennt ein Therapeut die Bedeutung der Eltern und versucht, seinen Einfluss dahingehend geltend zu machen, dass auch die Eltern ihr Verhalten gegenüber dem Kind modifizieren. Dies war der Fall bei Ruth, die große Schwierigkeiten mit ihrem 14-jährigen Sohn hatte:

    »Unser Psychiater ließ uns vor allen Dingen sehr viele Dinge lesen. Wir sollten dann sehen, ob sie uns nützten. Dabei stolperte ich, wie ich schon sagte, über die ›Familienkonferenz‹ … Sie erklärte alles.«

    Manche Eltern warten viel zu lange, bevor sie sich nach Hilfe umsehen. Manche wehren sich gegen den Gedanken, zu einem Therapeuten zu
gehen. Viele sind der Meinung, dass sie sich die hohen Kosten einer Einzelbehandlung nicht leisten können. Deshalb versuchen die Eltern im Allgemeinen, mit ihren Problemen allein fertigzuwerden. Meist verlassen sie sich dabei auf Versuch und Irrtum. Nur wissen sie zu wenig über die Dynamik, die der gestörten Beziehung zugrunde liegt. Zu häufig ändert sich nichts an dem Problem. Dann macht sich Hilflosigkeit breit.
    Laura und Daniel berichteten von ihrer Erfahrung mit der 15-jährigen Tochter Janice. Sie haben noch zwei kleinere Kinder und leben in einem großen Haus. Sie kommen aus England. Dort sind ihnen Sauberkeit und sehr feste Vorstellungen über das, was richtig und was falsch ist, in Fleisch und Blut übergegangen. Daniel sagte:

    »Meine Erziehung hat mir einige fixe Ideen vermittelt. Ich versuchte nach bestimmten Regeln zu leben, die mein Vater sicherlich von seinem und dieser wieder von seinem übernommen hat. Zu diesen Regeln gehörte auch, dass man ein Kind zwar sehen, aber nicht hören darf.«

    I : Warum haben Sie am ›Familienkonferenz‹-Kurs teilgenommen?
    M : Nun, im Wesentlichen ging es um unsere ältere Tochter, die 15 ist und zu der uns rasch der Kontakt verlorenging. Wir hatten einen schrecklichen Sommer hinter uns – wissen Sie, die ganze Zeit hat sie geweint und schlechte Laune gehabt, es war scheußlich. Stets war irgendetwas … Wir redeten nicht mehr miteinander. Es war sehr frustrierend, wissen Sie.
    V : Ich glaube das, was dich aufregte, war der Umstand, dass zwischen ihr und mir keine Kommunikation mehr möglich war – kaum sprachen wir noch miteinander. Aber du dachtest, du könntest immer mit ihr reden. Dann kam aber der Zeitpunkt, wo auch meine Frau nicht mehr mit ihr sprechen konnte … Wir sahen, wie sie sich von uns abwandte.
    I : Was meinen Sie mit abwenden? Zog sie sich zurück?
    V : Ja, sie zog sich zurück.
    M : Ja, sie kam nach Hause und schloss sich die ganze Nacht in ihrem Zimmer ein. Niemals sagte sie von sich aus etwas, wenn man sie nicht ansprach. Ihrem Vater gegenüber äußerte sie sich überhaupt nur mit
einem Grunzen oder etwas dergleichen. Es ging mir wirklich auf die Nerven. Das ging uns beiden so. Dann hörte ich von der ›Familienkonferenz‹. Das hörte

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