Familienkonferenz in der Praxis
ist nicht ungewöhnlich, besonders bei kleineren Kindern nicht. Sie vergessen eben schnell.
Ein neues Bewusstsein für Du-Botschaften
Wenn Eltern Ich-Botschaften erlernt haben, werden sie sich des Gebrauchs von Du-Botschaften in viel höherem Maße bewusst. Von diesem verstärkten Ich-Bewusstsein wussten zahlreiche Eltern zu berichten:
Interviewer : Wie fielen ihre ersten Versuche mit Ich-Botschaften aus?
Elternteil : Nun, das waren eher Ich-Du-Botschaften wie zum Beispiel: »Ich habe keine Lust, das Büfett abzuwischen, also mach du es.«
Der gleiche Elternteil beschrieb folgenden Vorfall:
»Mein Sohn lernt fahren. Wir fuhren zu unserem Wochenendhaus, und er fuhr sehr schnell. So sagte ich: ›Du fährst zu schnell, du fährst zu schnell.‹ Natürlich bezog er eine Abwehrposition und sagte: ›Nein, das tue ich nicht.‹ Da fiel mir ein: ›Oh, oh, das war falsch!‹ Als wir in gleichem Tempo weiterfuhren, sagte ich deshalb: ›Ich werde sehr nervös, wenn wir so schnell fahren. Ich habe Angst, dass wir einen Unfall bauen oder von einem anderen Auto angefahren werden.‹ Da verlangsamte er das Tempo. Er begriff, warum ich nervös wurde.«
Ein Vater wurde viel empfänglicher für die negativen Gefühle, die Du-Botschaften hervorrufen, als seine Tochter sie ihm sendete:
»Ich hatte mich gerade einer Prüfung unterzogen und sah mir das Ergebnis an. Ich war nicht sehr glücklich darüber. Ich zeigte es meiner Tochter Janette. Sie sah es sich an und sagte: ›Nummer 2 hättest du nicht falsch machen müssen, und Nummer 6 hättest du nicht falsch machen müssen.‹ Jedes Mal, wenn sie ›du‹ sagte, war es, als erhielte ich einen Schlag in den Magen. Ich hatte das Gefühl, unter die Räder zu kommen. Ich war verletzt. Dem folgte eine zweite Gefühlsregung: Ärger. Ich fühlte mich versucht zu sagen: ›Verdammt noch mal!‹, wollte mit der Faust auf den Tisch schlagen und das Zimmer verlassen. Stattdessen sagte ich aber: ›Irgendetwas läuft hier falsch, Kleine. Jedes Mal, wenn du etwas sagst, habe ich das Gefühl, einen Faustschlag versetzt zu bekommen. Meine Frau war sehr überrascht. Sie sah auf und sagte: ›Wirklich?‹ Dann analysierten wir die Situation und entdeckten etwas, was wir eigentlich schon vorher gewusst hatten: dass Du-Botschaften sehr stark als Urteil empfunden werden. Mir war, als tadelte sie mich von oben herab.«
Später berichtete dieser Vater, wie ihm bewusst wurde, dass seine Ich-Botschaften Angst in seiner elfjährigen Tochter Margie hervorriefen:
»Margie hat nie Zeit für ihr Frühstück, wenn sie noch den Schulbus bekommen will. So stand ich eines Tages früh am Morgen auf und fuhr sie an: ›Tu dies, tu das, du musst dieses und du musst jenes tun. Ich gebe dir fünf Minuten.‹ Ich schubste das kleine Mädchen so lange umher, machte sie so ängstlich und so verwirrt, dass sie schließlich den Bus versäumte. Da sagte ich zu mir selbst: ›So geht das nicht weiter – ich bringe mich selbst auf die Palme und dränge sie völlig an die Wand.‹ Ich beschloss, das zu ändern … Früher habe ich mit meinem Sohn am Tisch gesessen und Du-Botschaften wie die folgende gesendet: ›Du wirst deine Milch umstoßen, wenn du nicht aufpasst.‹ Er hat sie umgestoßen aus lauter Angst, es zu vermeiden. Gerade durch mein Reden habe ich das Fehlverhalten herbeigeführt.«
In der ›Familienkonferenz‹ lernen Eltern also nicht nur eine neue Technik, die Ich-Botschaft, sondern merken auch viel eher, wenn sie wieder in den Fehler der Du-Botschaften verfallen. Zum Erlernen der neuen Kommunikationsweise gehört offensichtlich auch, dass alte Gewohnheiten in gewissem Umfang verlernt werden.
»Kinder möchten wirklich helfen«
Viele Eltern sind daran gewöhnt, dass Kinder sich ihren Befehlen, Drohungen und anderen Versuchen zur Einflussnahme widersetzen oder diese nicht zur Kenntnis nehmen. So sind sie überrascht festzustellen, wie ganz anders Kinder auf geeignete Ich-Botschaften reagieren. Da erleben Eltern, dass ihre Kinder reagieren, als sei ihnen wirklich an den Bedürfnissen und Gefühlen der Eltern gelegen. Ein Vater und eine Mutter berichteten über diesen Wandel bei ihrem kleinen Sohn Jack:
V : Gestern Abend sprach ich am Telefon mit einem Freund. Jack trommelte im anderen Zimmer auf einer Dose herum. Ich konnte nichts verstehen, rein gar nichts. Es gab auch keine Tür, die ich hätte schließen können. So bat ich meinen Freund, sich einen Moment zu gedulden, ging hinüber und
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