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Familienkonferenz in der Praxis

Familienkonferenz in der Praxis

Titel: Familienkonferenz in der Praxis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gordon
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Auftreten, sondern auch Ehrlichkeit lehrt. So berichtet eine Mutter:

    »Mir scheint, vor dem Kurs fühlte ich mich gezwungen, bestimmte Rollen zu spielen. Das ist, glaube ich, nicht mehr der Fall. Ich kann ich selbst sein. Ich bin es und hoffe, dass man mich auch dann liebt und akzeptiert. Wenn nicht, ist es auch gut … Dadurch kann auch mein Mann offener sein. Er spricht bereitwilliger über viele Dinge und behält seine Gefühle
nicht für sich … Man muss nur eine ehrliche Ich-Botschaft über die eigenen Gefühle senden … Ich bin heute in der Lage zu sagen: ›Ich habe keine Zeit dafür, oder ich kann es im Moment nicht tun.‹«

    Oder hören wir, was ein Vater über eine entsprechende Veränderung zu berichten weiß:

    »Es ist jetzt viel besser, weil wir uns wohl beide abgewöhnt haben, Versprechungen zu machen, die wir nicht halten können. Das ist wirklich eine Erleichterung … Wenn es nicht geht, sagen wir den Kindern: ›Nein, vielleicht morgen, aber im Moment habe ich etwas zu tun, was ich nicht aufschieben kann.‹«

    Eine Mutter erzählte, dass sie und ihr Mann dazu erzogen worden seien, ihre wirklichen Gefühle zu verdrängen:

    »Darin lag eine unserer größten Schwierigkeiten. Wir konnten keine negativen Gefühle akzeptieren. Wir haben das in unseren Familien nicht gelernt. Wissen Sie, man erwartete von uns, stets glücklich und an allem interessiert zu sein, uns ständig mit irgendetwas zu beschäftigen. Langeweile oder Depressionen durften nicht sein. Ich glaube, der Kurs hat mir gutgetan. Ich weiß heute, dass es durchaus in Ordnung ist, solche Gefühle zu hegen.«

    Ein anderer Elternteil fühlte sich durch das Konzept der Ich-Botschaft »befreit«:

    »Ich empfinde es als sehr befreiend, in der Lage zu sein auszudrücken, wie ich mich fühle, ohne mir deshalb vorzuwerfen, egozentrisch oder irgendetwas dergleichen zu sein. Ich glaube, es ist eine große Hilfe, dass ich mich imstande fühle, meinen Kindern solche Botschaften zu übermitteln. Ich pflegte vorher nie zu sagen: ›Wisst ihr, ich fühle mich so und so.‹«

    Ich-Botschaften können auch befreiend wirken. Die Menschen äußern ihre Gefühle, statt sie aufzustauen. Ein Elternteil schildert dies so:

    »Wenn man eine Ich-Botschaft benutzt, stauen sich die Gefühle nicht mehr. Man hat zum Ausdruck gebracht, was man empfindet. Man weiß, dass jemand anders einen verstanden hat. Ob dieser nun dem eigenen Wunsch entsprechen kann oder nicht, die Dinge haben an Bedeutung verloren.«

    Wenn Eltern diese Alternative zu Du-Botschaften, die gewöhnlich vorwurfsvoll oder herabsetzend sind, gefunden haben, finden sie es viel leichter, sich anderen gegenüber ehrlich zu verhalten. Dies liegt am vorwurfs- und straffreien Charakter von Ich-Botschaften. Bei ihnen ist die Wahrscheinlichkeit viel geringer, dass der andere verletzt oder die Beziehung beeinträchtigt wird. Fraglos darf man unbedenklicher sagen: »Ich bin zu müde, um das Wohnzimmer noch einmal aufzuräumen«, als »Du bist gedankenlos und rücksichtslos«. Dies kommt auch im folgenden Auszug aus dem Interview mit einer Mutter zum Ausdruck:

    »Zwar äußerte ich meine Gefühle, doch tarnte ich sie, um mich zu schützen … Immer machte ich mir Sorgen über die Gefühle anderer Menschen – ob ich sie vielleicht kränken könnte. Ich glaube, heute nehme ich mehr Rücksicht auf mich selbst … Ich hatte durch meine Verschlossenheit viele Vorbehalte gegen mich geschaffen. Mit dem Rezept der Ich-Botschaft kann ich heute ein negatives Gefühl positiv zum Ausdruck bringen, ohne den anderen zu verletzen.«

    Wir wissen also von den Absolventen unseres Kurses, dass Ich-Botschaften Kinder nicht nur dazu veranlassen, ihr Verhalten zu modifizieren, sondern auch von tief greifender Wirkung auf die Eltern sind. Diese beginnen ihre Gefühle zu akzeptieren – auch die negativen. Es fällt ihnen leichter, sie ehrlich mitzuteilen. Sie haben weniger Schwierigkeiten, in Beziehungen zu anderen sie selbst zu sein. Nach Auffassung der
meisten Therapeuten sind solche Ergebnisse nur durch intensive Psychotherapie zu erwarten. Bei einem 24-stündigen Erziehungskurs für Eltern wären sie nicht darauf gefasst gewesen.
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