Familienkonferenz in der Praxis
sagte: »Ich bin sehr aufgebracht und ärgerlich, weil
ich mich wirklich mit Dick unterhalten möchte. Gerade jetzt trommelst du auf der Büchse herum, und ich kann ihn nicht verstehen.« Er hörte auf. Wissen Sie, er sagte: »In Ordnung.« … Nach der Unterhaltung mit meinem Freund ging ich wieder hinüber und sagte ihm, dass das Telefongespräch nun vorbei sei und dass er wieder trommeln könne.
I : Was empfanden Sie dabei?
V : Ich fühlte mich großartig!
M : Und es hat den Anschein, als lägen wir ihm wirklich am Herzen … Er hört damit auf, und das macht mich froh. Ich merke dann, dass er mich liebt und achtet.
Eine andere Mutter erinnert sich, dass sie ihrer zwölfjährigen Tochter Cathy eine geeignete Ich-Botschaft sandte. Die Mutter, eine Lehrerin, hatte das Bedürfnis, dass das Haus aufgeräumt war, wenn sie abends vom Unterricht nach Hause kam:
»Nach meiner Ich-Botschaft folgte eine lange Pause. Sie sagte nichts. Das war recht ungewöhnlich für sie. Schließlich meinte sie: ›Ich habe nicht gewusst, wie viel dir daran liegt, dass ich es tue.‹«
Selten erfahren Kinder wie Cathy hier, was ihre Eltern brauchen. Stattdessen sagt man ihnen, was sie tun müssen oder besser täten. Die Kraft der Ich-Botschaften liegt darin, dass eine geeignete dreiteilige Ich-Botschaft das Eingeständnis des Senders enthält, er habe ein Problem, und die implizite Bitte, ihm bei dem Problem zu helfen. In zwischenmenschlichen Beziehungen kommt dieser Form der Botschaft große Bedeutung zu. Die meisten Menschen sind in der Regel bereit zuzuhören, wenn ein Freund ihnen mitteilt, dass er ein Problem hat. Wenn der Freund aber vorwurfsvolle Botschaften sendet und »muss«, »sollst« oder »bist verpflichtet« hinzufügt, fühlen sich die meisten Menschen in die Defensive gedrängt und kommen der Aufforderung nicht nach. Niemand hat es gern, wenn ihm vorgeschrieben wird, was er tun soll. Das gilt auch für Kinder aller Altersstufen. Unter diesem Gesichtspunkt
sollten wir im folgenden Beispiel der Antwort des Siebenjährigen auf die Ich-Botschaft des Vaters besondere Aufmerksamkeit schenken:
»Mein Sohn war damals sieben Jahre alt. Er hatte sich angewöhnt, die mit einem Läufer belegte Treppe hinabzurutschen. Ich hatte es schon mit Machtbotschaften versucht – mit allem. In meinem Drang, ihm die Unart auszutreiben, hatte ich alles vergessen, was ich jemals über Ich-Botschaften gelernt hatte. Eines Tages aber, als er wieder einmal die Stufen hinabschlitterte, kam mir die ›Familienkonferenz‹ in Erinnerung. Ich sagte: ›Mark, wenn du die Treppe auf deinem Hinterteil hinabrutschst, stört mich das sehr, weil ich Angst habe, der Läufer könnte sich von den Stufen losreißen. Das Treppenhaus würde dann schön aussehen.‹ Alles, was Mark darauf erwiderte, war: ›Ich wusste nicht, dass dir so zumute ist.‹ Von diesem Tage an ist er die Stufen nie wieder hinabgerutscht.«
Heute ist mir klar, dass wir die Gefälligkeit und Bereitwilligkeit von Kindern erheblich unterschätzt haben. Sie möchten ihren Eltern wirklich helfen. Sie möchten dazu beitragen, dass das Leben ihrer Eltern angenehmer wird. Wenn es ihnen gelingt, sind sie froh. Eltern unterschätzen die Hilfsbereitschaft ihrer Kinder. Eltern teilen nämlich in ihren Botschaften selten mit, dass sie Hilfe brauchen. Diese Botschaften stellen es den Kindern meist nicht frei, wie sie sich verhalten sollen, um zu helfen.
Der Einfallsreichtum kindlicher Lösungen
Geeignete Ich-Botschaften von Eltern sollten keine Lösungen enthalten wie zum Beispiel: Du musst dieses tun, solltest jenes machen. Warum versuchst du nicht das hier. Geeignete Ich-Botschaften gestatten es den Kindern, sich eigene Lösungen einfallen zu lassen, um den Eltern bei deren Problemen zu helfen. Solche Lösungen sind häufig überraschend
kreativ und einfallsreich. Nicht selten wären die Eltern von sich aus niemals darauf gekommen. Selbst zwei- und dreijährige Kinder sind in der Lage, ungewöhnliche Lösungen zu entwickeln. Betrachten wir das folgende Beispiel des dreijährigen Mark, dessen vielfältige Ängste ihn am Einschlafen hinderten. Häufig kam er in das Schlafzimmer seiner Eltern und weckte sie:
»Er sagte, dass ihm verschiedene Gegenstände in seinem Zimmer Angst einjagten. Am Tage liebte er die Monster, nachts erschreckten sie ihn. Das galt sogar für die Zeichnungen von Monstern oder Papierskeletten, die wir um Allerheiligen hatten. Er pflegte ins Schlafzimmer zu kommen und
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