Familienkonferenz in der Praxis
sein, positive Gefühle mitzuteilen – Anerkennung, Freude, Zufriedenheit, Erleichterung, Dankbarkeit, Glück?«
Fast ausnahmslos kommt eine Du-Botschaft zustande, wenn Eltern ihre Kinder loben:
»Du bist ein guter Junge!«
»Das hast du fein gemacht!«
»Du hast dich sehr gut im Restaurant benommen!«
»Du bist in der Schule viel besser geworden!«
In unserem Diagramm des Kommunikationsprozesses können wir einen Elternteil, der ein positives Gefühl empfindet, so darstellen ( Abb. 22 ):
Abbildung 22
Die angemessene Kodierung eines solchen Gefühls wäre ohne Zweifel eine Ich-Botschaft und keine Du-Botschaft ( Abb. 23 ).
Abbildung 23
Eine vollständige dreiteilige Ich-Botschaft müsste einschließen:
(1) Das Verhalten des Kindes, (2) das Gefühl des Elternteils und (3) den greifbaren Effekt für den Elternteil. Nehmen wir an, das Kind überrascht seine Eltern damit, dass es die Küche aufräumt, nachdem
es sich nachmittags, als es aus der Schule kam, etwas zu essen gemacht hat. Die Botschaft der Eltern könnte wie folgt lauten: »Als ich die Küche heute Abend bei der Vorbereitung des Abendessens sauber vorfand, habe ich das sehr zu schätzen gewusst, weil ich sie nicht selbst aufzuräumen brauchte.«
Es folgen noch einige Beispiele für positive Ich-Botschaften:
Ihre achtjährige Tochter ruft Sie nach der Schule an, um Ihnen mitzuteilen, dass sie noch mit zu einer Freundin gegangen ist.
»Wenn du mir mitteilst, wo du bist, bin ich erleichtert, weil ich mir dann keine Sorgen mache.«
Ihr zwölfjähriger Sohn wäscht sich seit neuestem seine Haare täglich.
»Wenn dein Haar stets sauber ist, ist es ein Vergnügen, dich anzusehen.«
Ihr sechsjähriger Sohn hat sich schwer ins Zeug gelegt und Ihnen geholfen, den Tisch zu decken, als Sie in Eile waren.
»Ich war heute Abend über deine Hilfe sehr glücklich, denn ohne dich hätte ich mich mit dem Abendessen verspätet und die Fernsehsendung versäumt, die ich sehen wollte.«
Eine Mutter berichtet von zwei Gelegenheiten, in denen sie anerkennende Ich-Botschaften sandte:
»Als sich Caroline am Morgen selbst anzog, meinte ich zu ihr: ›Oh, es ist herrlich, wenn du dich selbst anziehst, weil wir dann mehr Zeit haben, um miteinander zu reden und zu spielen.‹ Da ging ein strahlendes Lächeln über ihr Gesicht.«
»Wir hatten heute eine Osterparty bei Freunden. Bevor wir uns auf den
Weg machten, ging Caroline von sich aus herum und sammelte alle Osterkörbe und Geschenke in eine Tüte und brachte sie mir. Ich war völlig hin und sagte: ›Weißt du, du hast mir sehr viel Arbeit erspart. Ich dachte, ich müsste selbst herumgehen und das alles zusammensuchen. Ich bin sehr erfreut – du bist mir wirklich eine große Hilfe gewesen!‹ Sie war überglücklich!«
Beachten wir, dass die Botschaften dieser Mutter ich- orientiert waren. Sie enthielten keine Urteile oder Wertungen über Caroline. Werden sie nun noch immer von Caroline als Versuche zur Manipulation und Kontrolle verstanden – als die Absicht, ihr »gutes« Verhalten »zu verstärken«? Ich glaube nicht. Allerdings sind zwei Bedingungen zu beachten:
Der Elternteil darf nicht bewusst versuchen, das Kind durch die Botschaften dazu zu bewegen, das erwünschte Verhalten zu wiederholen (also das zukünftige Verhalten des Kindes zu modifizieren).
Die Botschaft soll lediglich das Kommunikationsmittel eines spontanen augenblicklichen Gefühls sein – das heißt, das Gefühl soll wirklich sein und in dem Moment mitgeteilt werden, in dem es empfunden wird.
Durch den Einbau dieses neuen Konzeptes in das Modell der ›Familienkonferenz‹ können Eltern jetzt auch ihre positiven Gefühle mitteilen. Sie dürfen ihre spontan empfundene Anerkennung äußern, ohne die Gefahren fürchten zu müssen, die dem Lob innewohnen. Mir war früher ganz und gar nicht wohl dabei, dass ich Eltern so nachdrücklich davor warnte, ihre Kinder zu loben. Mir war klar, dass ich sie damit verwirrte und frustrierte. Welche konstruktive Möglichkeit blieb dann noch, die positiven Gefühle zu übermitteln, die die meisten Eltern empfinden? Jetzt verfügen sie über eine effektive Methode, ihren Kindern mitzuteilen, was sie empfinden.
Die präventive Ich-Botschaft
Vor kurzem bin ich auf eine weitere wichtige Lücke im Modell der ›Familienkonferenz‹ gestoßen. Die elterliche Selbstbehauptung braucht sich nicht darauf zu beschränken, entsprechende Ich-Botschaften erst zu senden, wenn das Kind die Eltern bereits vor ein
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