Familienkonferenz in der Praxis
den Problemlösungsprozess in Gang zu setzen. Wie Sie sich sicherlich erinnern, heißt dies: den Konflikt definieren (wie Ihre Bedürfnisse aussehen, welche Bedürfnisse das Kind hat); mögliche Lösungen entwickeln; jede Lösung bewerten und schließlich Übereinstimmung erzielen, die sich in einer Lösung zeigt, die für Sie und das Kind akzeptabel ist.
Wie dies funktioniert, wurde von einer Mutter berichtet, die auch als Kursleiterin tätig ist:
»Wir hatten wirklich einen schönen Spielplatz auf unserem Hof eingerichtet. Deshalb kamen alle Kinder aus der Nachbarschaft zu uns, um dort zu spielen. Mein Problem bestand darin, dass es mir nicht passte, wenn sie am Sonntagmorgen kamen. Ich wollte nicht auch dann noch auf die Kinder aufpassen müssen, sondern in Ruhe meinen Kaffee trinken und meine Zeitung lesen können. Deshalb sagte ich: ›Mir wäre es sehr lieb, wenn ihr nicht vor Mittag kommen würdet, weil ich allein sein, meinen Kaffee trinken und die Zeitung lesen möchte!‹ Damit hatte ich
keinen Erfolg. Alle 15 Minuten kamen sie und klingelten, um zu fragen, ob es schon Mittag sei. Meine Ich-Botschaft blieb also ohne Wirkung. Deshalb beschloss ich, das Problem gemeinsam mit ihnen zu lösen. Wir mussten einfach nach einem gemeinsamen Weg suchen. Ich mochte diese Kinder wirklich gern und wollte, dass sie sich bei uns wohlfühlten, aber ich brauchte auch die Zeit für mich selbst. Schließlich verfielen wir auf die Lösung, dass ich zu Mittag eine Fahne vor dem Haus aufstecken würde. Wir hatten nämlich einen Fahnenmast auf unserer Veranda. Wenn sie die Fahne sahen, war das das Signal, dass sie auf den Hof kommen konnten. Solange die Fahne aber nicht aufgesteckt war, sollten sie auch nicht an die Tür kommen. Am ersten Sonntag, als wir das durchführten, ging ich nach draußen, um die Fahne aufzuziehen. Da standen all diese Kinder auf dem Bürgersteig vor dem Haus aufgereiht und ließen kein Auge von seiner Vorderfront, um nicht zu versäumen, wenn die Fahne hochgezogen wurde … Ich weiß nicht einmal mehr, wer dies vorgeschlagen hat … Es ergab sich einfach und funktionierte. Das Problem war gelöst.«
In den folgenden Kapiteln werden wir uns noch genauer mit der Problemlösungsmethode beschäftigen. Hier geht es mir um Folgendes: Wenn Ich-Botschaften ohne Wirkung bleiben, sollten sich Eltern zusammen mit den Kindern um eine Lösung bemühen, die ihren Bedürfnissen ebenso wie denen der Kinder gerecht wird.
9. Eltern-Kind-Konflikte: Wer siegt, wer unterliegt?
K onfrontiert man ein Kind mit einer Ich-Botschaft, selbst mit einer geeigneten – wird man natürlich nicht immer eine Verhaltensveränderung bewirken. Unter Umständen ist das Bedürfnis des Kindes, an diesem Verhalten festzuhalten, so stark, dass es selbst durch das Bewusstsein, dass es ein Elternteil dadurch vor ein Problem stellt, nicht zu einer solchen Veränderung bewegt wird. In unserer Terminologie heißt diese Situation »Konflikt«: Eltern und Kind befinden sich in einem Konflikt. Die Beziehung besitzt das Problem, weil die Bedürfnisse von Elternteil und Kind einander entgegenstehen.
Verhaltensweisen, die zum Konflikt führen, haben wir in unserem Rechteck nach unten verlegt. Dabei müssen wir allerdings beachten, dass einige der nicht akzeptablen Verhaltensweisen des Kindes bereits durch Ich-Botschaften ausgeräumt wurden. Jene, die übrigbleiben, weil Ich-Botschaften nicht immer die erwünschte Wirkung haben, rufen den Konflikt in der Beziehung hervor ( Abb. 24 ).
Abbildung 24
Wie verhalten Sie sich nun angesichts eines Konfliktes in Ihrer Beziehung zu Ihrem Kind, wie bewältigen Sie ihn? Wir sind jetzt auf die Methoden der Konfliktbewältigung angewiesen. In der ›Familienkonferenz‹ vermitteln wir Eltern jene Methode, die wir die »niederlagelose« nennen. Eine eingehende Beschreibung dieser äußerst wichtigen Technik findet sich im Buch Familienkonferenz .
Hier möchte ich mich noch einmal mit ihren einzelnen Elementen befassen. Sie sollen den beiden anderen Verfahren der Konfliktbewältigung gegenübergestellt werden, die von fast allen Eltern benutzt wurden, bevor sie am Kurs teilnahmen. Außerdem sollen die Gründe betrachtet werden, die Eltern die Anwendung der neuen Methode erschweren. Schließlich möchte ich neue Erkenntnisse und Einsichten darlegen, die Eltern helfen können, die niederlagelose Methode rascher zu verstehen und zu akzeptieren.
Vorbehalte gegenüber der niederlagelosen Konfliktbewältigung
Die
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