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Familienkonferenz in der Praxis

Familienkonferenz in der Praxis

Titel: Familienkonferenz in der Praxis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gordon
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Problem gestellt hat. Wenn Ihre Beziehung zu einem Kind frei von jedem Problem ist (wenn die Beziehung sich in der problemfreien Zone des Rechtecks bewegt), möchten Sie vielleicht trotzdem eine Botschaft senden, die einem zukünftigen nicht akzeptablen Verhalten vorbeugt.
    Sie planen zum Beispiel einen Ausflug mit der Familie und sind sich darüber klar, dass Sie alle lange Zeit auf engem Raum zusammen sein werden, im Auto oder im Hotelzimmer. Sie möchten aber auch Zeit für sich und Ihren Ehepartner haben. Deshalb sollten Sie Ihren Kindern dieses Bedürfnis vor der Abfahrt mitteilen. Sie hoffen, sie dadurch zu veranlassen, auf Ihr Bedürfnis nach »Alleinsein« Rücksicht zu nehmen. Ihre Botschaft kann folgende Form annehmen:

    »Ich bin gerne ein bisschen allein. Außerdem möchten auch Mama und ich Zeit füreinander haben. Wenn wir in der nächsten Woche unsere Reise beginnen, wäre es mir wirklich sehr lieb, wenn ihr mir von Zeit zu Zeit Gelegenheit dazu geben würdet.«

    Solche Ich-Botschaften könnte man Ich-möchte- oder Ich-brauche-Botschaften nennen. Sie sollen Ihre Kinder im Vorhinein genau über das informieren, was Sie möchten, brauchen oder wünschen.

    »Ich möchte, dass von ein Uhr bis zwei Uhr Ruhe im Hause herrscht, damit ich schlafen kann.«
    »Ich möchte wissen, wo ihr seid, wenn die Schule zu Ende ist.«
    »Am nächsten Wochenende wird die Endrunde im Basketball im Fernsehen übertragen. Ich weiß, dass ihr Samstags gerne etwas mit mir unternehmt, aber ich würde gerne die Spiele sehen.«

    »Ich würde während des Abendessens gern über Dinge sprechen, die für uns alle wichtig sind.«
    »Wenn Großmutter nächste Woche kommt, würde ich mich sehr darüber freuen, wenn im Wohnzimmer keine Unordnung gemacht wird.«

    Natürlich werden Eltern nicht immer mit solchen Botschaften Erfolg haben. Es ist aber viel besser, wenn Sie Ihre Kinder im voraus wissen lassen, was Sie möchten, als dass Sie warten, bis sie sich in Unkenntnis Ihrer Bedürfnisse in nicht akzeptabler Weise verhalten. Eine Ich-möchte-Botschaft zur rechten Zeit kann Ihnen viele Konfrontationen ersparen.
    Die präventive Ich-Botschaft hat noch eine weitere, weniger offensichtliche Wirkung: Die Kinder begreifen, dass auch ihre Eltern Menschen sind, Menschen mit Bedürfnissen, Wünschen, Vorlieben und Ansprüchen wie jedermann sonst. Durch die Ich-möchte-Botschaften erhalten Kinder natürlich die Möglichkeit, sich in einer Weise zu verhalten, die ihre Eltern erfreut, ohne dass man ihnen sagt, was sie tun sollen.

    Eine Mutter, die ihre drei halbwüchsigen Söhne allein erzieht, beschrieb, wie sie ihrem Sohn Don eine Ich-möchte-Botschaft sendet, die einen Elternabend betraf:

    »Ich glaube, mein Verhältnis zu Don ist enger geworden – ich kann ihm alles sagen, was ich empfinde. Neulich ging ich zu diesem Elternabend, auf dem er Gitarre spielen und singen sollte. Er wollte, dass ich hinkam. Ich hatte aber noch nie einen Elternabend besucht. Ich hatte keine Lust, mich dort hinschleppen zu lassen, um dann allein herumzusitzen, weil ich niemanden kannte. Deshalb sagt ich: ›Don, ich bin noch nie auf einem eurer Elternabende gewesen und habe ein bisschen Angst, weißt du. Ich würde es gern sehen, wenn du dich dort um mich kümmern und mich nicht allein lassen würdest.‹ Das tat er! Er brachte mich hinein und stellte mich vielen Leuten vor, die ich nicht kannte. Dann brachte er mir eine Tasse Tee. Er hat sich wirklich um mich gekümmert!«
    Problemlösung durch Ich-Botschaften
    Wenn Ich-Botschaften nicht zu einer sofortigen Veränderung im kindlichen Verhalten führen, geben manche Eltern auf. Sie sind enttäuscht und ärgerlich. Sie vergessen, dass Ich-Botschaften manchmal nur das Vorspiel von Problemlösungs- oder Konfliktbewältigungsprozessen sind. Die Ich-Botschaft teilt dem Kind mit, warum sein Verhalten für Sie nicht akzeptabel ist. Das Kind kann aber aus Ihnen unbekannten Gründen ein starkes Bedürfnis haben, das betreffende Verhalten fortzusetzen. Wenn es also sein Verhalten nicht modifiziert, befinden Sie sich beide in einem Konflikt: Sie mögen das Verhalten des Kindes nicht, dieses schätzt es aber sehr! Selbst wenn Sie eine stärkere Ich-Botschaft folgen lassen, wird das Kind sein Verhalten unter Umständen nicht verändern.
    Deswegen brauchen Sie aber noch lange nicht aufzugeben (oder nachzugeben). Ihre Bedürfnisse werden nach wie vor nicht berücksichtigt. Sie haben noch immer ein Problem. Es ist Ihre Aufgabe,

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